Von Alexander
Montag, 28. August 2017

Verpasste Chancen: “Wir haben zwei Unicorns abgesagt”

Mehrere Kapitalgeber gewähren uns einen Einblick in ihr Anti-Portfolio. "Ein kleiner Einblick: Dreamlines – da war Holtzbrink schneller als wir. Catawiki, da war Accel aggressiver als wir. Klarna, da waren wir noch zu jung – und Sequioa geschickter als wir", sagt Christoph Neuhaus von Endeit Capital.

Nicht immer haben Investoren den richtigen Riecher. Nicht umsonst heißt das investierte Geld Risikokapital. Heute geht es aber mal nicht um schlechte Investments, bei denen die Start-ups den Bach runtergegangen sind. Es geht um Start-ups, die Geldgeber quasi auf dem Tisch hatten, sie aber nicht investiert haben. Wir haben mehrere Investoren nach ihrem Anti-Portfolio gefragt: Bei welchen, jetzt erfolgreichen, Firmen seid Ihr leider nicht eingestiegen? Hier die äußerst spannenden Antworten.

Gebt Ihr uns einen Einblick in Euer Anti-Portfolio – bei welchen, jetzt erfolgreichen, Firmen seid Ihr leider nicht eingestiegen?

Da gibt es sicherlich einige. Ich möchte zwei darstellen. Das eine ist relayr. Josef Brunner kam bei der ersten Finanzierungsrunde zu mir. Ich hatte Josefs letztes Start-up JouleX finanziert und vom Anfang bis zum Verkauf an Cisco unterstützt. Bei relayr fand ich den Markt für IoT-Management-Plattformen zu fragmentiert. Heute ärgere ich mich darüber. Mein Bauch sagte mir, dass ich einfach an Josef glauben sollte, aber ich hatte eine starke Meinung zum Markt. Aus diesem Grund habe ich damals nicht investiert. Josef und ich sind weiterhin gute Freunden und durch JouleX werden wir immer eine Verbindung behalten. Soundcloud habe ich damals als einer der ersten VCs gesehen. Weil wir das Team wirklich sehr gut fanden, sind wir gleich mit zwei Partnern und einem Associate an die Arbeit gegangen. Fazit: Wir fanden das damalige Geschäftsmodell nicht so richtig zwingend und überzeugend. Stefan Tirtey – damals bei Doughty Hanson – hat investiert und dann gemeinsam mit den Gründern das Modell gedreht – Respekt! Salesforce.com hat im Jahr 2000 meinem Partner Christian Siegele – damals bei 3i – präsentiert. Christian hätte das Investment gern gemacht, konnte aber seine Kollegen nicht komplett davon überzeugen.
Olaf Jacobi, Capnamic Ventures

Die Liste ist viel zu lang. Ich habe Lieferheld bei 18 Millionen Euro pre-money abgesagt. Höchstwahrscheinlich ist das eine dumme Entscheidung von mir gewesen – zum Glück kenne ich ganz viele, die es auch abgelehnt haben.
Samuli Sirén, Redstone Digital

Ein kleiner Einblick: Dreamlines – da war Holtzbrink schneller als wir. Catawiki, da war Accel aggressiver als wir. Klarna, da waren wir noch zu jung – und Sequioa geschickter als wir. Alle drei haben zwar noch keinen großen Exit gemacht, scheinen sich aber – ohne uns – sehr gut zu entwickeln.
Christoph Neuhaus, Endeit Capital

Wir haben zwei deutsche B2C-Unicorns abgesagt. Ich kann zwar nicht beurteilen, ob es letztlich zu einem Investment gekommen wäre, da ja auch die Gründer-Teams sich für uns hätten entscheiden müssen. Der Hintergrund war jeweils, dass es nicht so gut zu unserem Investment-Fokus gepasst hat und wir dann auch nicht viel unterstützen können außer dem reinen Kapital. Auf jeden Fall freuen wir uns für die Gründer und für das Deutsche Ecosystem, dass die beiden Cases extrem gut funktionieren! Chapeau!
Markus Grundmann, senovo

Der Ärger über vertane Chancen ist ja immer eine sehr persönliche Angelegenheit. Und da ich bei Project A erst seit 2016 am Start bin, ist es mir noch nicht möglich entsprechend zurückzuschauen. Während meiner Zeit bei Axel Springer in den USA hätte ich nachträglich gern in Giphy investiert, der heute sehr erfolgreichen Suchmaschine für animierte GIFs, die ich damals in einer frühen Phase kennengelernt hatte.
Anton Waitz, Project A Ventures

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Foto (oben): Shutterstock