Gastbeitrag von Sabine Kahl
So helfen Fördermittel ein Produkt nach vorne zu bringen
Die Gründer des Berliner Start-ups Parlamind haben eine Vision: Sie wollen eine Künstliche Intelligenz (KI) auf den Markt bringen, die den Kundensupport in kleineren und mittleren Unternehmen revolutioniert. Eine erste Version gibt es bereits, bis zur vollständigen Verwirklichung ihrer Vision – einer Software, die sehr menschenähnlich Kundenanfragen beantworten kann – sind sie noch einige Schritte zu gehen. Dafür ist weitere Forschung notwendig und die muss finanziert werden. Da Investoren oft lieber in marktnahe und bereits skalierende Produkte als in riskante Forschung investieren, setzt Parlamind für die Weiterentwicklung ihrer Vision auf öffentliche Förderung.
Die Zukunft des Kundenservice
Schon als Parlamind 2015 entstand, waren sich die Gründer einig, dass sie eine ganz besondere Software schaffen wollen, wie Christian Wolf, Co-Founder und CEO von Parlamind, erklärt: „Unternehmen sollen mithilfe unserer KI den Freiraum bekommen, ihre Kunden ohne Kostendruck intensiv zu beraten und zu betreuen. Die KI beantwortet die einfachen Anfragen und hält so dem Serviceteam den Rücken frei, um die komplizierten Fälle zu bearbeiten und jedem Kunden individuell eine großartige Experience zu verschaffen.“
Andere Technologien zu diesem Zweck existieren zwar bereits – aufgrund der Komplexität sind die meisten Programme allerdings erst ab 6- oder 7-stelligen Budgets zu haben. Oder sie leisten am Ende nicht das, was von ihnen erwartet wird. Gerade kleine und mittlere Unternehmen mit 10 bis 500 Mitarbeitern können diese Anfangsinvestitionen und dieses Risiko nicht tragen. Parlamind will eine Künstliche Intelligenz schaffen, die sofort einsetzbar ist, vom ersten Tag an Ergebnisse liefert und sich jederzeit ausbauen lässt.
Wie eine KI laufen lernt
Das Besondere an einer KI ist, dass sie immer besser wird, je mehr Daten ihr als Grundlage zur Verfügung stehen. KI-basierte Software ist ein Paradebeispiel für „learning by doing“. Daher hat Parlamind von Anfang an intensiv mit Pilotkunden wie zum Beispiel Modomoto oder Jimdo zusammengearbeitet: Unternehmen, die viele Anfragen im Kundenservice und daher einen großen Datenschatz haben. Diese Daten analysiert die KI und lernt so, wie typische Kundenanfragen und die entsprechenden Antworten aussehen. Mit dem Beta-Status des Produkts wurden nach und nach weitere Kunden angeworben. Insgesamt haben 79 Pilotnutzer ihre Daten geliefert und das System gründlich geprüft. Daraus ist eine erste Version der KI entstanden, die kurz vor der allgemeinen Markteinführung steht. Im Labor hat sie bereits zahlreiche automatische Konversationen geführt, aktuell folgt die Auslieferung an ausgewählte Kunden.
Zurzeit können die Nutzer die KI einsetzen, um ihre Kundenanfragen analysieren zu lassen. Ebenso kann die KI auf einfache Fragen bereits antworten, jedoch noch nicht auf komplexe Zusammenhänge eingehen. Zwischen dem Stand jetzt und der Vision der Gründer liegt also noch ein gutes Stück Weg in Forschung und Entwicklung.
Wie finanziert man eine Vision?
Mit vorherigen Investitionen von insgesamt 1,5 Millionen Euro war Parlamind an diesem Punkt des Werdegangs eigentlich bereits gut finanziert. Das Geld stammt von Business Angels, kleineren VC-Firmen und einer vorherigen Förderung aus dem EXIST-Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Doch es war nicht genug, um die letzten, entscheidenden Schritte gehen zu können. „Investoren vergeben größere Beträge oft lieber an schnell ausrollbare Produkte als an komplexe Technologiethemen im Frühstadium, egal wie viel Potenzial sie bieten. Damit wir unser Ziel erreichen können, benötigen wir aber größeren finanziellen Handlungsspielraum“, so Wolf. Für den Unternehmer stand daher von Anfang an fest, dass öffentliche Fördermittel ein wichtiger Finanzierungsbaustein sein sollten, um das Produkt auf ein neues Level zu heben.
Auch wenn das junge Unternehmen mittlerweile auf 20 Mitarbeiter angewachsen war, stellte der Förderantrag jedoch eine Herausforderung dar, die das Kerngeschäft behindert hätte. „Damals wie heute haben wir so viel um die Ohren, dass uns schlicht die zeitlichen und personellen Ressourcen zur Bearbeitung des Antrags fehlen“, erklärt Wolf die Notwendigkeit einer Unterstützung. Bereits bei einer früheren Gründung hatte er erfolgreich auf die Akquise von Fördermitteln gesetzt und in diesem Zusammenhang mit der Berliner Fördermittelberatung Förderbar zusammengearbeitet. Daher lag es nahe, wieder auf diese Expertise zurückzugreifen. „Die Mitarbeiter haben uns vorstrukturiert und dann zielgerichtet die Inhalte von uns abgerufen, die für die Antragsstellung notwendig waren“, so Wolf. Sie empfahlen, das Programm Pro FIT der Investitionsbank Berlin zu nutzen: Es fördert innovative kleine und mittelständische Unternehmen bei der industriellen Forschung, der experimentellen Entwicklung und der Markteinführung mit Zuschüssen und zinsverbilligten Darlehen.
Fördermittel-Erfolg als Basis für die weitere Entwicklung
Zwischen dem ersten Workshop und dem fertigen Projektantrag lagen sieben Wochen intensiver Zusammenarbeit von Parlamind und Förderbar: Gemeinsam entwickelten sie die technischen Arbeitspakete, definierten Ziele, Arbeitsbeschreibungen und Budgets. Für das junge Unternehmen hat sich dieser Aufwand gelohnt: Insgesamt erhält das Unternehmen eine Förderung in Höhe von fast einer Million Euro, um die Forschung an der KI weiterzutreiben und die Markteinführung des Produkts zu unterstützen.
Wolf bilanziert: „Mein Ziel war es, mehr unternehmerische Freiheit zu gewinnen – damit wir uns ganz auf die Arbeit an unserem Projekt konzentrieren können und am Ende ein wirklich innovatives Produkt auf den Markt kommt. Genau diese Freiheit ermöglicht uns die Förderung.“ Der Vision eines smarten, automatisierten Kundensupports ist Parlamind somit einen entscheidenden Schritt nähergekommen.
Kennen Sie schon unseren #StartupTicker? Der #StartupTicker berichtet tagtäglich blitzschnell über die deutsche Start-up-Szene. Schneller geht nicht!