“Wir wollen die Leute so kennen lernen, wie sie sind”
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Der schwedische Investor Creandum schielt mit seinem aktuellen Fonds, in dem 180 Millionen Euro sind, auch nach Deutschland. Hierzulande investierte der Spotify- und Klarna-Geldgeber zuletzt in Comtravo, eine Buchungsplattform für Geschäftsreisen, und in Distribusion, ein Distributionssystem für den Fernbusmarkt. Im VC-Interview mit deutsche-startups.de spricht Simon Schmincke, seit Februar 2016 Principal bei Creandum, über Grenzen, das passende Timing und Profitabilität.
Reden wir über Geld. Was genau reizt Dich daran, Geld in Unternehmen zu investieren?
Der Investitionsteil unseres Jobs ist im Bezug auf die Zeit, die wir mit unseren Portfoliofirmen und neuen Ideen verbringen, relativ kurz und für mich nicht ausschlaggebend. Was mich an meinem Job reizt ist die Möglichkeit, mit wahnsinnig motivierten Gründern zu arbeiten, die an der technischen, regulatorischen und oft wissenschaftlichen Grenze unterwegs sind. Und das mit mehreren gleichzeitig. Wenn du täglich Gründer triffst, die für ihre Idee brennen und die Grenze des Machbaren ein wenig weiter schieben – das ist ziemlich reizvoll.
Wie wird man eigentlich Venture-Capital-Geber – wie bist Du Venture-Capital-Geber geworden?
Ich habe als VC bei Earlybird angefangen. Drei Monate vor meinem Einstieg wusste ich nicht, was ein VC genau macht. Ich habe damals HelloFresh in den USA als MD aufgebaut und Rainer Merkle bei Holtzbrinck für HelloFresh verantwortlich – hat mich in New York besucht, um nach dem Rechten zu schauen. Die drei Stunden bei Burger und Bier habe ich genutzt, um zu verstehen, wie sein Alltag aussieht. Das klang spannend – Rainer kann aber auch gut erzählen. Nachdem ich bei Rocket raus war bin ich stolz nach München geflogen, mit der Bitte nach einem Job – nur, um mir direkt eine Absage abzuholen. That’s life. Ich hab dann durch gemeinsame Kontakte Ciaran O’Leary – damals Partner bei Earlybird, heute BlueYard – kennen gelernt. Bei meinem ersten Interview mit ihm haben wir uns einen Falafel-Teller im Yarok auf der Torstrasse geteilt. 10 Gespräche mit dem gesamten Team später hatte ich ein Offer. Nach einer guten Zeit bei Earlybird, bin ich jetzt ein paar Jahre später für das DACH-Geschäft bei Creandum verantwortlich. Die wenigsten meiner Kollegen bei anderen Funds haben einen geplanten Einstieg in die Industrie hinter sich. Meistens lernt man sich irgendwie kennen, ist sich sympathisch, das Timing passt und man bekommt ein Angebot. Ich weiß, keine motivierende Antwort.
In der VC-Welt wird oftmals mit Millionenbeträgen hantiert, wird Dir da nicht manchmal mulmig zumute – bei diesen Summen?
Nein. Habe ich vor jedem Investment Respekt? Absolut. Wir investieren nur zu einem kleinen Teil unser eigenes Geld. Zum Großteil vertrauen uns Institutionen das Geld, welches sie wiederum für Andere verwalten, an. Das ist eine Verantwortung, der wir uns absolut bewusst sind. Vor jedem Investment stelle ich für mich sicher, dass ich jedem einzelnen unserer LPs in die Augen schauen und erklären kann, welche Risiken ich bei diesem Investment eingegangen bin und warum ich glaube, dass die Gründer mit diesen gut umgehen können. Damit kann ich leben.
Was sollte jeder Gründer über Euch – als VC – wissen – wie etwa grenzt Ihr Euch von anderen Investoren ab?
Creandum finanziert Seed-, A- und B-Runden mit Tickets von 0,5 bis 10 Millionen Euro in Europa und den USA – und unterstützt Gründer, die große Firmen aufbauen wollen. Wir wissen, das dauert Zeit und sind bereit auch diese zu investieren. Unsere Investoren glauben, dass wir seit 15 Jahren einen guten Job darin machen. Fair, ehrlich, schnell und direkt mit unseren Portfoliofirmen sowie den vielen Gründern, in die wir leider nicht investieren können.
Wie entscheidet Ihr, ob Ihr in ein Start-up investiert: Bauchgefühl, Daten, Beides oder was ganz anderes?
Viele VC-Panels und Blog-Artikel sind mit “VC – Art or Science” tituliert. Ich glaube verallgemeinern kann man das nicht. Je früher wir investieren, desto weniger Daten vom Startup gibt es. Aber natürlich schauen wir uns Markt, Kunden, Industrie, Problematik, Margen, Multiples etc. früher oder später im Investment Prozess quantitativ an. Je mehr Zeit wir mit den Gründern vor der Investmententscheidung verbringen können, desto besser. Am Ende des Tages investieren wir nicht, wenn wir nicht von der Teamdynamik, den Gründern, dem Setup oder anderen Dingen überzeugt sind. Mehr Daten zum business hin oder her. Je mehr positive Daten vorliegen, insbesondere solche die sich durch das Startup beeinflusst im Zeitverlauf positiv entwickelt haben, desto leichter fällt es uns die richtige Diskussion zu führen.
Welche Unterstützung bietet Ihr – neben Geld?
Wir arbeiten immer zu Zweit mit einem Startup, um bestmöglichen Zugang zum Creandum Netzwerk zu bieten. Natürlich haben auch wir einen Slack-Channel für alle unsere Gründer und helfen wöchentlich im Hiring wenn Leute aus unserem Netzwerk neue Positionen suchen. Ich selbst spreche jeden C-Level Kandidaten meiner Portfoliounternehmen, bin viel im Produktfeedback dabei – das sind aber alles Dinge die heutzutage fast jeder gute VC macht. Darüber hinaus organisieren wir einmal im Jahr unseren CEO Summit und bringen unsere eigenen CEOs und nochmal die gleiche Menge externe CEOs im Valley oder in Stockholm zusammen. Wir glauben stark daran, dass alle gewinnen, wenn wir unser Netzwerk nicht nur auf unser Portfolio beschränken. Wir laden auch während unseres jährlichen LP Meetings fremde Investoren und nicht-Portfoliofirmen ein. Wir leben eine starke Creandum-Family-Kultur. Das hat sich bisher ausgezahlt. Und macht ehrlich gesagt auch mehr Spaß.
Wie spricht man als Gründer am besten einen Investor an?
Noch unbekannte Stakeholder von seinen Plänen zu überzeugen, ist eine der maßgeblichen Fähigkeiten, die zum Erfolg eines Startups beitragen: Den Valley CTO nach Berlin bringen, den viel zu großen Enterprise Kunden schon heute vom MVP überzeugen oder eben jemanden von einem Investment überzeugen. Dies ist einer der Gründe, warum VCs Wert auf einen überzeugenden Pitch legen. Die meisten VCs haben ein sehr öffentliches Profil: Medium, Twitter, LinkedIn, Panels, Meetups. Falls man partout keine Intro bekommt, würde ich mir immer die Person im Fund raussuchen, die sich mit mit meinem Thema am ehesten auskennt und anschreiben.
Was sollten Gründer vor Investoren niemals sagen oder machen?
Es gibt im Umgang mit Investoren nichts zu unterlassen, was man mit anderen Menschen nicht auch besser lässt. Wir wollen die Leute so kennen lernen, wie sie sind.
Nicht jedes Start-up läuft rund, nicht jedes wird ein Erfolg. Was macht Ihr, wenn eine Eurer Beteiligungen in Schieflage gerät?
Uns ist es ganz wichtig, dass unsere Gründer in der Lage sind ihre Firmen selbstständig zu führen. Wir sind kein VC, der seine Gründer micromanaged. Niemand führt in Krisenzeiten seine Firma besser als die Gründer. Zu glauben, dass wir als VCs wenn es schlecht geht die besseren Manager wären, ist schlicht falsch. Im Gegenteil, gerade wenn es hart auf hart kommt braucht es die Gründer. Aber natürlich rücken wir in schwierigen Zeiten enger an unsere Portfoliofirmen und versuchen Hilfestellung zu leisten. Wir legen den Finger in die Wunde, um Probleme schneller für alle offen zu legen und auch mal harte Entscheidungen früher zu treffen. Wir helfen mit teilweise täglichem Sparring die strategisch wichtigen Fragen zu klären und in Corporate Governance-Fragen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Operativ führen aber unsere Gründer unsere Startups.
Und woran merkt Ihr, dass Ihr bei einem Start-up die endgültige Reißleine ziehen müsst?
Wir ziehen keine Reißleinen. Die harte Realität ist aber, dass fast kein VC in der Lage ist, sein gesamtes Portfolio komplett selbstständig bis zur Profitabilität finanzieren. Jeder VC – und die Gründer – ist darauf angewiesen früher oder später andere Geldgeber zu finden. Wir helfen unseren Gründern sehr aktiv alle relevanten VCs zu treffen. Der Markt gibt meist sehr ehrliches und direktes Feedback. Sollte dies nicht der Fall sein, finanzieren viele VCs übergangsweise für eine gewisse Zeit den Betrieb mit Bridge-Loans weiter, bis gewisse Dinge erreicht sind. Wenn sich eine Idee aber nicht durchsetzt, das Produkt nicht funktioniert, das Team auseinander bricht, hilft mehr Geld eben auch nicht immer weiter. Dann sind wir relativ gut darin, Teams in die Creandum-Family oder andere Startups zu integrieren.
Gebt Ihr uns einen Einblick in Euer Anti-Portfolio – bei welchen, jetzt erfolgreichen, Firmen seid Ihr leider nicht eingestiegen?
Die Seed und A Runde bei Truecaller und Supercell tun weh. Wir hätten als Fund auch die Seed von Skype und King machen können. Schade, aber da lernt man draus.
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