Gastbeitrag von Wolfgang Sölch
5 Tipps für gelungene Mitarbeiterbefragungen
Im Arbeitsalltag kreisen Unternehmen und Organisationen häufig um dringend zu lösende Probleme aus dem operativen Geschäft. Darüber geraten andere, weniger dringende, aber häufig wichtigere Themen ins Hintertreffen – etwa die Frage nach dem persönlichen Umgang der Mitarbeiter miteinander oder dem Vertrauensverhältnis zwischen Führungspersonen und Mitarbeitern. Auch die Zufriedenheit der Einzelnen mit der Unternehmenskultur oder ihre Identifikation mit den Unternehmenszielen kommen oft zu kurz.
Diese Fragen aber sind entscheidend für das Betriebsklima und das Wohlergehen der Mitarbeiter und somit für die Geschicke des Unternehmens. Ein geeignetes Instrument, um über den Tellerrand des Alltagsgeschäfts auf den Grund des Unternehmensgeschehens zu blicken und tieferliegende Probleme zu erkennen, sind Mitarbeiterbefragungen. Eine besonders perspektivreiche Sicht ermöglichen wiederum so genannte 360-Grad-Befragungen, bei denen einzelne Mitarbeiter nicht nur selbst befragt werden, sondern auch aus unterschiedlichen Perspektiven, wie zum Beispiel aus dem Blickwinkel von Kollegen, Team-Mitarbeitern, Vorgesetzten oder Kunden evaluiert werden. 360-Grad-Befragungen eignen sich besonders zur Bewertung der Leistung und der Entwicklung einzelner Mitarbeiter sowie zur Bewertung von Führungspersonen und ihrer Führungskompetenz. Sie können helfen, Hinweise darauf zu finden, was Mitarbeiter motiviert, wie man ihre Fähigkeiten weiterentwickeln kann und wo Diskrepanzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung bestehen. Die gewonnenen Erkenntnisse können eingesetzt werden, um Führungskompetenzen weiterzuentwickeln und Konflikten vorzubeugen
Bei der Konzeption von 360-Grad-Befragungen gilt es, folgende Punkte zu beachten:
1. Eine Feedback-Kultur entwickeln
360-Grad-Mitarbeiterbefragungen sind sensible Projekte, die gut durchdacht und strategisch geplant werden sollten. Wichtig für Erfolg und Rücklaufquote von Mitarbeiterbefragungen ist, die richtigen und wichtigen Personen im Unternehmen mit ins Boot zu holen und auch die oberste Führungsetage von Anfang an einzubinden. Mit 360-Grad-Befragungen werden mitunter sehr sensible Daten erhoben. Nicht nur sollte im Unternehmen sehr vertrauensvoll mit diesen Daten umgegangen werden. Auch müssen die Mitarbeiter gut auf die Befragungen vorbereitet werden und darauf, wie sie mit den Ergebnissen umgehen können. Sie sollten um den Wert der Befragungen für die eigene Entwicklung und für die Entwicklung des Unternehmens wissen und bereit sein, sich darauf einzulassen. 360-Grad-Befragungen sollten nicht als einzelne Maßnahmen in einem sonst Feedback-freien Unternehmen geplant und durchgeführt werden. Gibt es im Unternehmen noch keine Feedback-Kultur, müssen Zeit und Ressourcen investieren werden, um eine solche zu etablieren, die verfolgten Ziele zu kommunizieren und Vertrauen zu schaffen.
2. Die passende Form der 360-Grad-Befragung auswählen
Eine 360-Grad-Leistungsbefragung wird als strategisches Instrument von der Geschäftsführung eingesetzt und schließt meist alle Mitarbeiter auf allen Unternehmensebenen ein. Diejenigen, die bewerten, bleiben anonym und beantworten zum Beispiel Fragen nach der Teamfähigkeit des oder der Bewerteten. Konkret könnte das so aussehen, dass die Bewertenden auf einer Skala von 1-5 angeben sollen, ob jemand ihrer Meinung nach effektiv im Team arbeiten kann, konstruktives und hilfreiches Feedback gibt, andere mit Respekt behandelt oder wertschätzt. Abschließend können sie dem Bewerteten eine Empfehlung aussprechen, wie dieser seine Teamfähigkeit steigern könnte. Bei Entwicklungsbefragungen empfiehlt es sich, dem Mitarbeiter freizustellen, wann er diese vornehmen und auf wessen Rat er dabei hören möchte. Der Mitarbeiter nutzt einen standardisierten, durch das Unternehmen bereitgehaltenen Fragebogen. Er wählt einzelne Kollegen und Vorgesetzte aus, an der Befragung teilzunehmen und ihm dabei zu helfen, seine persönliche Entwicklung im Unternehmen zu beurteilen und konkrete Maßnahmen abzuleiten, diese voranzutreiben. Die Ergebnisse und Daten aus der Befragung erhält der Mitarbeiter, der sie initiiert hat, selbst. Ratsam ist auch, ihm Hilfe anzubieten, um aus den Ergebnissen konkrete Handlungspläne abzuleiten und natürlich auch, dem Mitarbeiter auf Wunsch zu ermöglichen, diesen Prozess zusammen mit dem Vorgesetzten anzugehen. Eine 360-Grad-Bewertung von Führungspersonen ermöglicht eine differenzierte Sicht auf die Führungskompetenz eines Mitarbeiters vergleicht vor allem auch seine eigene Einschätzung mit der anderer. Führungskompetenz soll generell dazu beitragen, die Ziele eines Unternehmens oder einer Organisation umzusetzen. Da sie somit eine Summe der Erwartungen eines Unternehmens an seine Führungskraft oder -kräfte ist, sollte jedes Unternehmen seine eigene Definition von Führungskompetenz und den entsprechenden Teilkompetenzen entwickeln. Befürchten Führungskräfte im Rahmen einer 360-Grad-Führungsbefragung negative Bewertungen, sollte im Vorfeld darüber nachgedacht werden, wie man die Ergebnisse kommuniziert und welche konstruktiven Maßnahmen sich der Befragung anschließen können.
3. Ziele der Befragung definieren
360-Grad-Befragungen sind keine Rundum-Wohlfühl-Befragungen. Jede Befragung sollte ein konkretes Ziel verfolgen, das bei der Konzeption von Anfang an bedacht werden muss. An diesem Ziel, das sich in mehrere Unterziele aufgliedern kann, orientiert sich die Auswahl der für den jeweiligen Fragebogen geeigneten Fragen, und, wie der Befragungs-, Auswertungs- und Follow-up-Prozess aufgesetzt wird. Eine Leistungsbefragung kann sich zum Beispiel entweder auf ein einzelnes Projekt beziehen oder auf die Arbeitsleistung generell. Unterziele einer generellen Bewertung der Arbeitsleistung eines Mitarbeiters wären zum Beispiel seine Fachkompetenz, seine Kommunikations- und seine Teamfähigkeit, seine Zielorientiertheit und seine Selbstwahrnehmung.
4. Klar und transparent kommunizieren – vom Ziel bis zur Maßnahme
Stehen eine Befragung und ihr Ziel fest, sollte beides an alle beteiligten Mitarbeitern klar und deutlich kommuniziert werden. So kann dem Flurfunk zuvorgekommen und Unsicherheiten vermieden werden. Auch sollte von Anfang an definiert und kommuniziert werden, wer die erhobenen Daten und die Ergebnisse einsehen darf, wann und wie die Befragung ausgewertet wird, und welche möglichen Maßnahmen sich ihr anschließen. So können zum einen unbegründeten Befürchtungen Einhalt geboten werden, zum anderen vermieden werden, dass eine Befragung hohe Erwartungen weckt, die sie später nicht erfüllen kann.
5. Auf Basis der Daten Unternehmens-Indizes erstellen
Haben sich Mitarbeiterbefragungen im Unternehmen etabliert und wurden über einen längeren Zeitraum hinweg valide und zuverlässige Daten gesammelt, bietet es sich an, auf Basis dieser Daten Unternehmens-Indizes zu erstellen. Bei Indizes handelt es sich um aggregierte oder gewichtete Befragungsergebnisse, die Entwicklungen über den Zeitverlauf hinweg veranschaulichen oder Werte aus verschiedenen Unternehmensbereichen vergleichen. So kann zum Beispiel ein Index für die Mitarbeiterzufriedenheit erstellt werden, einer für die Führungsleistung der Vorgesetzten oder für die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Grafisch ansprechend aufbereitet, stellen Unternehmens-Indizes Entwicklungen gut dar und erhöhen die Akzeptanz weiterer Befragungen.
Zum Autor
Wolfgang Sölch ist ein erfahrener Vertriebs- und IT-Spezialist auf Enterprise-Ebene. Aktuell verantwortet er die strategische Ausrichtung sowie das Wachstum von Qualtrics in Zentraleuropa. Der studierte Diplom-Informatiker blickt auf mehr als 15 Jahre Erfahrung in der IT-Branche zurück: Vor seiner Tätigkeit bei Qualtrics war Sölch unter anderem als Vice President Sales EMEA für BrandMaker tätig; als Sales Manager Data Solutions für Microsoft sowie als Sales Director Strategic Accounts für VMware.
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