Von Team
Donnerstag, 20. Juli 2017

Stolperstein Mindestlohn – Was Startups beachten sollten

Vor gut einem halben Jahr hat der Gesetzgeber den Mindestlohn angehoben, von 8,50 Euro auf 8,84 Euro brutto pro Stunde. Zeit für eine Bilanz: Welche Fragen wirft das Mindestlohngesetz (MiLoG) besonders häufig auf und was müssen Startups beachten?

Beim Thema Mindestlohn legt der Staat die Daumenschrauben an. Wer gegen das MiLoG verstößt, wird um bis zu einer halben Million Euro ärmer. Die Sanktionen können Existenzen aber auch dann bedrohen, wenn sie sehr viel geringer ausfallen. Werden beispielsweise mindestens 2.500 Euro Geldbuße auferlegt, kann das Unternehmen zeitweise von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Und schon 200 Euro Bußgeld führen zu einem Eintrag im Gewerbezentralregister. Startups sollten dem Thema also mit der gebotenen Ehrfurcht begegnen.

Bürokratie unvermeidlich

Unternehmen sind beispielsweise verpflichtet, den Mindestlohn spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats zu zahlen, der auf den Leistungsmonat folgt. Zudem müssen sie alle geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse dokumentieren und die Unterlagen mindestens zwei Jahre aufbewahren. In besonderen Branchen bestehen diese Pflichten sogar in Bezug auf alle Arbeitnehmer (bspw. Bau- oder Reinigungsgewerbe). Dieser bürokratische Aufwand steht zwar immer wieder in der Kritik. Unter den Voraussetzungen des MiLoG kommt jedoch kein Unternehmen um eine akribische Buchführung herum. Anders, als beispielsweise im Teilzeit- und Befristungsgesetz, gibt es dabei auch keine gesetzlichen Erleichterungen zugunsten von Startups.

Obacht beim Thema Praktikum
Insbesondere Unternehmen der Kreativwirtschaft stehen regelmäßig vor der Frage, welchen Praktikanten sie den Mindestlohn zahlen müssen, wie lange und für welche Leistungen. Die wesentlichen Informationen darüber stehen in der Infografik. Hier nur ein paar besonders häufige Stolpersteine: Ein freiwilliges Praktikum darf maximal drei Monate dauern. Bei Pflichtpraktikanten sollten sich Unternehmen einen Nachweis dieser Pflicht vorlegen lassen. Außerdem müssen Startups den Eifer ihrer Praktikanten strenger zügeln als den der Festangestellten. Denn ein Praktikumsverhältnis setzt stets voraus, dass der Ausbildungscharakter im Vordergrund steht.

Boni anrechnen?
Unsicherheit herrscht auf Unternehmensseite häufig bei der Frage, welche Leistungen, die nicht das monatliche Grundgehalt betreffen, auf den Mindestlohn angerechnet werden können. Dazu zählen etwa Gratifikationszahlungen, Boni und Erschwerniszulagen. Das Gesetz trifft hierzu keine eindeutige Aussage. Wer also beispielsweise einen Bonus mit dem Mindestlohn verrechnen will, sollte sich in Zweifelsfällen anwaltlichen Rat einholen, um nicht Gefahr zu laufen, gegen die Vorschriften des MiLoG zu verstoßen.

Fazit
Leider ist die Rechtslage beim Mindestlohn auch zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten noch nicht konkret genug, um als sicher zu gelten. Am Gesetz dürfte sich im Wahljahr 2017 allerdings nichts mehr ändern. Für Klarheit in den Details sorgen bis auf weiteres also die Gerichte. Die meisten Startups sind angesichts beschränkter Ressourcen gut beraten, solche gerichtlichen Entscheidungen nicht selbst anzustrengen. Um geschäftliche Risiken zu vermeiden, halten sie sich besser streng an den Wortlaut des Gesetzes.

Zur Person
Ralf-Michael Schmidt ist als Gründer von Smartlaw für die Konzeptionierung und inhaltliche Ausgestaltung von Smartlaw und der angebotenen Dokumente verantwortlich. Er war bei einer deutschen Großbank tätig, später in den Bereichen Digitales und Business Development eines führenden Medienunternehmens. Dort koordinierte er die Umsetzung von komplexen Produktentwicklungsprojekten und entwarf neue digitale Geschäftsmodelle.

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Foto (oben): Shutterstock