Gastbeitrag von Fabian Foelsch
Anders gründen: Ich wurde von meinem Investor gecastet
Einer meiner Lieblingszitate stammt von John Lennon, der einmal sagte: “Leben ist das was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu schmieden“. Besser könnte man es in meinem Fall nicht auf den Punkt bringen. Ich hatte ganz normal BWL studiert, einen ganz normalen Job in einer ganz normalen Unternehmensberatung begonnen und mein Plan bestand darin, ein paar Jahre ganz normale Berufserfahrung zu sammeln. Das Gründerdasein stand eigentlich erst viel später in meiner Lebensplanung auf der Agenda. Ich hatte zwar Freunde, die in die Startup-Welt eingetaucht waren und zu deren Lieblingsthemen die Jagd auf einen Investor und auf alle möglichen Fördermöglichkeiten gehörten, doch für mich selbst -so dachte ich- gab es doch zu diesem Zeitpunkt in einem gestandenen Unternehmen mit einer festen (Infra-)Struktur noch viel zu tun und zu lernen.
Bis das Leben eine neue Tür öffnete!
Für all diejenigen, die ungewöhnliche Gründergeschichten lieben, hier ist eine weitere: Ich wurde von meinem Investor „gecastet“. Ich möchte meine Story gerne teilen, da ich denke, es ist durchaus einmal spannend auch für angehende Gründer zu hören, dass man bei einem Startup nicht unbedingt bei A anfangen muss – sondern vielleicht sogar schon bei C.
Neben meiner Arbeit interessierte ich mich schon seit meiner Zeit im Leichtathletik-Leistungssport für das Thema Schlaf- und Biohacking.
Biohacking? Darunter versteht man die gezielte und datengetriebene Analyse des eigenen Körpers um diesen besser zu verstehen und “hacken” zu können- also eine Leistungssteigerung zu ermöglichen. Diese Szene ist in Deutschland noch relativ jung und daher klein, daher lernte ich zufällig bei einem Vortrag zum Thema „Schlaf“ den Geschäftsführer der Berliner Investmentfirma Schober Ventures kennen. Herr Schober hatten direkt eine gemeinsame Basis. Es stellte sich heraus, dass er nicht nur eine gute Geschäftsidee hatte, die perfekt mit meinen Interessen und meinem Wissen harmonierte, sondern dafür kurioserweise noch einen Gründer suchte: Einen der für die Idee brannte, aus der Version eine konkrete Strategie entwickelt „und die gemeinsamen PS auf die Straße bringt“ wie er sich ausdrückte. Schober selbst war operativ nur noch im Bereich Investment aktiv, hatte dort zudem eine gute Mannschaft, aber eben niemanden mit dem „Unternehmergen“.
Nach diesem ersten Treffen saßen wir oft zusammen, um das Konzept und das Geschäftsmodell zu unserem Performance-Food Projekt auszuarbeiten. Dabei stellte sich heraus, dass es sich, bevor man ein Unternehmen komplett neu aufsetzt, lohnt, ganz genau nach anderen Spielern im Markt zu schauen – egal ob aktiv oder inaktiv. Dies hatte Herr Schober schon getan und ein eingeschlafenes Ein-Mann Unternehmen gefunden, das BrainEffect hieß und außer strategisch gut gesicherten Markenrechten nicht mehr als eine leere Hülle war.
So kam es, dass wir nicht bei A anfingen, sondern tatsächlich bei C: Wir übernahmen BrainEffect und mussten daher einen Teil der Gründungsarbeit gar nicht mehr machen. Dies war ein enormer Vorteil und Zeitersparnis: Ich konnte mich direkt an die Produktentwicklung machen und von Schobers Team bekam ich einen zweiten Geschäftsführer zur Seite gestellt, der sich in der Startphase vor allem um alle rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten kümmerte. So konnten wir in kurzer Zeit unser erstes Produkt zur Marktreife bringen und haben inzwischen ein Produktportfolio von sechs Produkten am Start. Wir sind inzwischen auf eine Mannschaft von über 15 Leuten herangewachsen und inzwischen – soweit ich das beurteilen kann- ein ganz “normales” Startup, das nur irgendwie “andersherum” entstand.
Meine zwei wichtigsten Learnings aus dieser ungewöhnlichen Startup-Gründungsstory sind wie folgt:
1) Es hat sich gelohnt, beruflich nicht immer nur stur geradeaus zu schauen, sondern auch links und rechts des Weges zu schauen, was sich für Möglichkeiten bieten – und für diese offen zu sein!
2) Hätten wir BrainEffect (unter einem anderen Namen) selbst gegründet, hätte uns das wesentlich mehr Ressourcen gekostet – sowohl finanzielle, als auch personelle und zeitliche. Ich höre von Gründern oft, wie lange sie allein gebraucht haben, um einen brauchbaren, noch „unbesetzten“ Namen mit verfügbarer Domain zu finden! Insofern ist es durchaus empfehlenswert zu schauen, ob in eurem Geschäftsbereich noch alte, inaktive Unternehmen existieren, die man kontaktieren und gegebenenfalls übernehmen könnte. Alles, angefangen von bereits vorhanden Daten und Produktansätzen, können extrem hilfreich sein, um den Kunden und den Markt von Anfang besser an zu verstehen.
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