“Nach acht Monaten waren wir so gut wie pleite”
Vor wenigen Wochen investierten Business Angels Michael Kern, früherer Chef der Werkstattkette ATU, “fast eine Million Euro” in das Jungunternehmen Vehiculum, eine Online-Plattform, die einen Vergleich von Leasingangeboten ermöglich. Im Januar verkündete das Start-up zudem eine mittlere sechsstellige Investmentrunde. Die Autoplattform wurde im Juli 2015 von Melchior Bauer, Lukas Steinhilber und Guy Moller gegründet. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Mitgründer Steinhilber über
Wie würdest Du Deiner Großmutter Dein Start-up erklären?
Ich würde ihr erklären, dass jeder zweite Deutsche sein Auto heute least statt es zu kaufen – in Zukunft werden sogar neun von zehn Neuwagen geleast sein. Doch während die Autoindustrie bereits an selbstfahrenden Autos forscht, wird der 40 Milliarden Euro schwere Autoleasing-Markt noch immer vertrieben wie vor 20 Jahren.
Wie sieht dies genau aus?
Lokal, offline und komplett intransparent. So kostet derselbe Audi bei einem Händler 400 Euro im Monat, woanders aber nur 250 Euro und der Kunde ahnt davon nichts. Deshalb haben wir Vehiculum gegründet – die erste Online-Plattform weltweit, die täglich Angebote hunderter Leasinganbieter scannt und einen Preisvergleich in Echtzeit anbietet. Dadurch reduzieren wir den Such- und Vergleichsaufwand von zehn Stunden auf fünf Minuten und unsere Kunden sparen im Schnitt zwischen 3.000 und 4.000 Euro.
Wie seid ihr diesen Markt angegangen?
Am Anfang haben wir noch unzählige Leasinganbieter persönlich angerufen, Angebote eingeholt und manuell verglichen. Bei knapp 10.000 Anbietern in Deutschland und über 500 Millionen unterschiedlichen Ausstattungsvarianten war aber schnell klar, dass wir einen ganz anderen Prozess und viel mehr “Tech” brauchen.
Was war Euer Lösungsansatz für diese Herausforderung?
In den vergangenen zwei Jahren konnten wir einen Algorithmus entwickeln, der die Unmengen an Daten vergleichbar macht und unseren Kunden in Echtzeit einen transparenten Preisüberblick verschafft. Außerdem haben wir unseren Fokus erst einmal auf den B2B-Bereich verschoben. Zum einen ist der Markt aktuell noch dreimal Größer als der Markt für Privatkunden, zum anderen ist ein Preisvergleich für Firmen mit mehreren Fahrzeugen noch wichtiger. Registriert haben sich schon fast 5.000 Firmen aus ganz Deutschland!
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Wir haben Vehiculum Mitte 2015 gegründet und unser Startup erstmal aus eigener Tasche finanziert. Nach acht Monaten waren wir so gut wie pleite und ich musste aus meiner Wohnung wieder in eine WG ziehen.
Was habt ihr falsch gemacht?
Rückblickend hatten wir die Komplexität des Marktes zu dem Zeitpunkt unterschätzt. Wir haben trotzdem nicht eine Sekunde an unserer Idee gezweifelt und Anfang 2016 dann endlich Investoren gefunden, die an uns und unser Konzept geglaubt haben. Seitdem konnten wir sukzessive immer mehr Größen aus der Automobilbranche als Investoren gewinnen, etwa Michael Kern, Ex-VW-Vorstand, oder Andreas Schlegel, Global Retail-Chef Volvo. Dieses Jahr vermitteln wir Leasingverträge im Wert von 100 Millionen Euro – das ist schon ziemlich cool.
Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
In der Teamentwicklung und bei unseren Investoren. Wir haben ein schlagkräftiges Team zusammengestellt, das sich super ergänzt und wo die Chemie einfach stimmt, was unserer Ansicht nach ausschlaggebend ist. Zudem haben wir echte Größen aus der Autoindustrie mit an Bord geholt, die mit ihrer Erfahrung ein enormer Gewinn für unser junges Startup sind. Am Wichtigsten war aber, dass wir während der Produktentwicklung die ganze Zeit über direkt am Kunden waren. Keine Entscheidung von uns fiel aus dem hohlen Bauch heraus, sondern basierte immer auf Kundenfeedback.
Wo steht Vehiculum in einem Jahr?
Ich kann sagen, dass wir in einem Jahr die führende Plattform für Fahrzeugleasing in Deutschland sein werden, 4.000 Autos über die Plattform vermitteln und über 25.000 registrierte Firmen im Netzwerk haben. Das ist die geschäftliche Prognose. Persönlich würde ich mich freuen, wenn wir Ende 2018 behaupten können, diesen komplexen Markt ein Stück weit aufgebrochen und transparenter gemacht zu haben. Darum geht es uns bei der ganzen Sache.
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