Deep-Tech – “Es war nicht leicht, Geldgeber zu finden”
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Freude über die große Freiheit eines selbstbestimmten Arbeitslebens. Und der große Respekt vor dem selbstbestimmten Arbeitsleben.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Beim mehr zufälligen Wiedertreffen meines Mitgründers Prof. James Gross in Stockholm, als ich eigentlich wegen einer Vernissage in der Stadt war. Unser EchoRing System war seine Idee und er brauchte jemanden, der sie vermarktet. Und da ich die Idee einer neuartigen hochzuverlässigen und echtzeitfähigen Funktechnik richtig gut fand – und sie mein Ingenieurherz in Gedenken an Industrie 4.0 und Industrial IoT höherschlagen ließ -, habe ich mitgemacht – zusammen mit meinem damaligen Kollegen und Freund Florian Bonanati und James’ damaligen Doktoranden Christian Dombrowski. Die Zusammenstellung des Teams fand ich übrigens auch gut.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Wir vier Gründer sind eigenfinanziert losgelaufen, hatten dann schnell erste Industrieprojekte, einen exzellenten Beirat, der sich beteiligt hat und die ProFIT Frühphasenförderung der Investitionsbank Berlin. Heute hat die Beteiligungsgesellschaft der IBB in uns investiert und der VC Fonds Creathor Venture.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Es war leicht Leute zu finden, die unsere Idee und unser – damals noch zu entwickelndes – Produkt spannend fanden und ihm tolle Zukunftsaussichten prophezeiten. Es war aber nicht leicht Geldgeber für ein so techniklastiges Deep-Tech-Thema zu finden. Das hat uns einiges abverlangt.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Ich würde mich nur auf Startup-Veranstaltungen präsentieren, die zu unserem Thema passen. Ebenso würde ich keine Pitches bei VCs machen, wenn die nicht ausdrücklich auch Deep-Tech Startups unterstützen. Beides hätte uns viel Kraft und Nerven gespart.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Da wir derzeit vor allem im B2B-Markt unterwegs sind, sind Messen und themennahe Konferenzen unser wichtigstes Marketinginstrument. Eine anständige Webpage muss natürlich auch sein – aber sie ist, im Gegensatz zu eCommerce, FinTech- oder InsureTech-Unternehmen nicht unser Kern-Asset. Und seit der Mobile World Conference in Februar haben wir kleine R3Coms Fußbälle und Taschentücher, die sich einiger Beliebtheit erfreuen – insbesondere unter Mitarbeitern und Freunden.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Unser Beirat – alles gestandene Manager aus unterschiedlichen Industrien – hat quasi seit unserer Gründung an uns geglaubt, uns finanziell unterstützt und mit Rat und Tat zur Seite gestanden – insbesondere auch bei unseren Investorengesprächen. Daneben natürlich unsere Familien, Ehefrauen und Freundinnen, indem sie uns nicht jede nächtliche Arbeitsstunde um die Ohren gehauen haben.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Unbedingt über Fördermöglichkeiten schlau machen. Gerade für innovative Technikfirmen gibt es unzählig viele Möglichkeiten sich in der Gründung unterstützen zu lassen. Uns hat Berlin Partner bei der Bearbeitung der Anträge sehr geholfen – die kann ich jedem Berliner Unternehmen nur sehr ans Herz legen.
Sie treffen die Bundeswirtschaftsministerin – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihr wünschen?
Eine zentrale Stelle für Firmengründer mit persönlichem Ansprechpartner, der über alle bürokratischen Notwendigkeiten aufklärt, notwendige Anträge stellt, Listen über Fördermöglichkeiten und Investoren parat hält und individuell auf Gesetzesänderungen hinweist. Oder ein Selfie.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Vor meiner Zeit als Gründer war ich Unternehmensberater. Gut möglich, dass ich bei einem unserer Kunden im mittleren Management gelandet wäre. Lieber würde ich allerdings an alten Porsches schrauben. Hab leider nicht mal einen.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Bei einem beliebigen Rocket-Start-up, um eines der gefürchteten Oliver Samwer-Telefonate live mitzuerleben. Kennt man ja sonst nur aus zweiter Hand.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Ich würde gerne mal Berlin in den Goldenen Zwanzigern erleben.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Ich mache ne Porsche-Werkstatt auf. Und gebe was ab.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Nachdem mein Chor den Gottesdienst musikalisch bereichert hat, schnappe ich mir meine Familie und wir fahren mit unserem 69er Camping-Bulli an einen See im Berliner Umland, kochen Pesto-Nudeln, springen ins Wasser und schlafen auf der Rückfahrt ein, damit ich (natürlich wach geblieben) den Wagen ins Autokino hinterm zentralen Festplatz lenke, wo ich nur meine Frau aufwecke, um mit ihr den neuen Bond zu gucken… Müssten wir eigentlich mal wieder machen. Wann kommt der neue Bond raus?
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Auf ein Bier mit Barack Obama – einen Kaffee mit Frau Dr. Merkel. Und einen Wodka Martini mit dem jungen Sean Connery – oder nein, lieber Ursula Andress.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person:
Dr.-Ing. Mathias Bohge ist Geschäftsführender Gesellschafter der R3 – Reliable Realtime Radio Communications. Er studierte Elektrotechnik in Berlin und am WinLab der Rutgers University, NJ, USA. Seine berufliche Laufbahn führte ihn u.a. zu Siemens in Berlin und Ericsson in Kista, Schweden. Zuletzt arbeitete Mathias Bohge als Berater für die Boston Consulting Group mit den Schwerpunkten IT in Telekommunikationsunternehmen und Unternehmenskommunikation.
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