So gelangte Carjump auf die Überholspur
Was ist das Geheimrezept eines erfolgreichen Start-Ups? Ist es die große Vision der Gründer, ihre innovative Idee, Geld oder gute Kontakte? Im Dezember 2016 wurde Carjump für einen achtsstelligen Betrag von der PSA-Gruppe, zu der unter anderem Peugeot und Citroën gehört, aufgekauft und trägt nun einen neuen Namen: Free2Move. Innerhalb von zwei Jahren wurde das Start-up auf die Fahrbahn gebracht, dann restrukturiert und schließlich aufgekauft. Wie aus einer Idee ein Erfolg wurde, zeigt die Geschichte vom ehemaligen Carjump.
Die zündende Idee von Carjump
Seit 2013 vereint die App Carsharing Anbieter wie DriveNow, Car2Go oder Drivy in verschiedensten europäischen Städten, indem die App den Nutzern die verfügbaren Fahrzeuge auf einer übersichtlichen Karte gesammelt anzeigt. Das Konzept fuhr damit einen komplett neuen Ansatz. Doch um auf den Beschleunigungsstreifen zu kommen, stellten die drei Entwickler und Gründer Oliver Mackprang, Philipp Heuberger und Mario Lebherz fest, dass Carjump einen neuen Fahrer benötigte, um aus ihrer Idee, ein tolles Produkt zu schaffen. Sie wendeten sich Ende 2014 an das Berliner Venture-Capital-Unternehmen b10. „Die drei Gründer kamen auf uns zu, sie waren der Überzeugung, dass Carjump langfristig den deutschen Mobilitäts-Markt revolutionieren kann. Doch sahen sie sich nicht in der richtigen Position, um das Start-Up auf den Erfolgsweg zu bringen“, erläutert Henri Kühnert, der neben Daniel Höpfner der Geschäftsführer von b10 ist. Als alleiniger Investor unterstützen sie Very Early Stage Start-ups mit ihrem eigenen Kapital.
Die erste Tankfüllung und neue Fahrer
Nach zwei gemeinsamen Jahren gelang es ihnen, die Carsharing-App erfolgreich in der digitalen Mobilitätsbranche zu positionieren. Doch bevor sie überhaupt dort angelangten, tankte der Frühinvestor mit 300.000 Euro die Carsharing-App auf und steuerte ein neues Ziel an: Eine passende Geschäftsführung zu finden, die Carjump in eine neue Ära lenkt. Die erste Wahl fiel auf den Hobby-Rennradfahrer Michel Stumpe, der privat als auch professionell die Geschwindigkeit liebt. Als Co-Fahrer holte er Fabian Kofler dazu, der sich auf das Produkt konzentrierte. Gemeinsam bildeten sie das perfekte Team. „Die neue Gründergeneration hatte bereits einiges an Berufserfahrung mitgebracht und besaß eine äußerst hohe Motivation. Das Führen eines Start-Ups war für beide jedoch komplettes Neuland“, erläutert Höpfner. Die Arbeit konnte beginnen.
Der Neustart für Carjump
Die b10-Geschäftsführer sahen hohes Potential im Carsharingmarkt. „Die Automobilbranche wehrte sich vor drei Jahren noch gegen Aggregationstechnologien, wie Carjump, was uns in unserer Entscheidung bestärkte“, erläutert Höpfner. „Ein Start-Up muss einen bestehenden Markt ordentlich aufmischen, genau nach solchen ‘Category Killern’ suchen wir.” Bevor die beiden Geschäftsführer in ein Start-up investieren, stellen Höpfner und Kühnert ihnen drei Fragen:
? Was ist das bestehende Marktproblem?
? Wie kann das Produkt dieses Problem lösen?
? Warum sind die Gründer das richtige Team, um Frage eins und zwei zu erfüllen?
„Carjump konnte definitiv die ersten zwei Fragen beantworten. Mithilfe von Fabian und Michel konnten wir nun auch den dritten Punkt abhaken“, erklärt Höpfner. Carjump stand vor den typischen Herausforderungen, die viele Start-Ups bereits erlebt hatten: Welche Vertriebsprovisionsform sollten wir nutzen? Wie viel Geld stecken wir ins Marketing? Sie befanden sich mitten in der Findungsphase und probierten unterschiedliche Fahrtechniken aus, um ihre Unternehmensidentität herauszufinden.
Mit Testfahrten und Umwege fuhr die App einen neuen Weg
Die beiden neuen Piloten haben als zweite Gründergeneration das Steuer in die Hand genommen und begründeten damit eine neue Ära. Trotz des Wissensschatzes ihres Investors steuerte Carjump eigene strategische Testfahrten an. Als das Team beispielsweise auf U-Bahn-Werbung setzte, verlief die Route im Sand. Umwege erhöhen jedoch die Ortskenntnis, so die Erkenntnis: „Jede Marketingkampagne kann auch wieder gestoppt werden“, erklärt Höpfner und ist der Überzeugung, dass es für alle Start-Ups lehrreich ist, auch in die falsche Richtung abzubiegen. Doch Kühnert fügt hinzu: „Nicht stillstehen, weitermachen! Entscheidungen treffen, statt zu erstarren, das ist ausschlaggebend für ein erfolgreiches Business.“ Carjump entschied sich für eine komplett neue Richtung. Die neuen Fahrer von der Carsharing-App wollten sich von der ursprünglichen Idee „Carjump“ entfernen und öffneten sich hin zu allem, was sich bewegt. Die App steuerte in Richtung eines breiteren Mobilitätsangebots hin und wollte Scooter und Fahrräder integrieren. „Wir sagten den beiden anfangs, dass sie Carjump heißen und bei den Autos bleiben sollten“, erläutert Höpfner. Fabian Kofler und Michel Stumpe begannen entgegen des Rats des treuen Gefährten jedoch Anbieter wie nextbike zu integrieren – eine Idee, die sich auszahlte. Sie erreichten damit eine komplett neue Zielgruppe. So nahm Carjump an Fahrtwind auf und gelangte schließlich auf die Überholspur.
Wie Start-Ups vom Ökosystem ihrer Kollegen profitieren
Carjump ist in der digitalen Mobilitätsbranche zu einer bekannten und erfolgreichen Marke herangereift. Initiale Unterstützung erhielten sie dabei von Daniel Höpfner, Henri Kühnert, dem gesamten b10-Team und durch die Erfahrungen und dem Austausch innerhalb der Geschäftsräume. Die Start-Ups sitzen zusammen mit dem b10-Team in einem Kreuzberger Büro – der Heldenmanufaktur. „Hier sind Gleichgesinnte unter sich. Bereits am Kaffeeautomaten trifft ein frisch gebackener Gründer einen erfahrenen, der bereits seinen Exit hinter sich hat. Start-Ups erhalten hier viel Branchenwissen und können schnell Entscheidungen treffen“, erläutert Kühnert. Die gemeinsamen Räume fördern den Austausch unter den jungen Gründer, was auch dazu führt, dass Carjump auch nach der Übernahme von der PSA-Gruppe in der Heldenmanufaktur bleibt. Bei der Frage, was das Geheimrezept von Carjump war, erklären die Frühinvestoren: „Es waren die beiden Geschäftsführer von Carjump Michel Stumpe und Fabian Kofler, die das Unternehmen auf die Überholspur brachten. Die beiden waren auf allen Start-Up-Veranstaltungen präsent und trotz langen Arbeitstagen waren sie stets motiviert und bereit alles für ihre Vision zu geben.“ Ihr Fazit lautet daher: Gründer sollten sich in das Ökosystem der Start-Up-Szene hineinstürzen und ihre eigenen Wege befahren.
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