Gastbeitrag von Meike Haagmans
Tourismus: Alter Wein in neuen Schläuchen
Vergangene Woche fand wieder die Internationale Tourismus Börse (ITB) statt und die gesamte Branche traf sich im hippen, trendigen Berlin. Gern wäre auch der Tourismus so innovativ wie die Hauptstadt. Aber gelingt ihm das?
Wie momentan auf jeder Messe, fehlte auch auf der ITB keine Pitch-Bühne. Junge Start-ups durften sich dort präsentieren und um Aufmerksamkeit buhlen. Wer aber genauer hinschaute, erkannte, dass Innovation im Tourismus sich eigentlich immer nur auf den Buchungsprozess beschränkt. Die touristische Kernleistung hat sich seit Jahrzehnten kaum verändert, egal ob man seine Reise über ein Smartphone, einen Butler-Service, einen Beachinspektor oder eine trendige Plattform bucht.
Aufhübschen ist keine Innovation
Die Verpackung wird laufend vereinfacht und verschönert, aber um den Inhalt kümmert sich niemand.
Fast alle Touristik-Startups, die in den vergangenen Jahren in der Reiseindustrie gegründet wurden, drehen sich rein um die Vermittlung, in den seltensten Fällen um die Veranstaltung selbst. Nur die wenigsten haben eine innovative neue Reiseart hervorgebracht. Das wahrscheinlich innovativste Modell der vergangenen zehn Jahre ist vermutlich Flixbus. Aber leider ist die Busgesellschaft in der touristischen Leistungskette nur ein Zulieferer und damit definitiv in der Mobility Branche anzusehen. Oftmals gilt noch airbnb als die Innovation im Tourismus, aber auch hier sage ich: Nur einer von vielen Vermittlern.
Inzwischen kann mal alles, ob Städtereise, Rundreise, Flugticket, Bahnfahrt, Guides oder Übernachtungsmöglichkeiten, online buchen. Natürlich bieten neue, innovative Plattformen, die 24 Stunden erreichbar sind, ein neues Buchungserlebnis. Spätestens vor Ort aber hockt der Reisende dann meist in dem gleichen Hotel, in dem schon die Eltern und Großeltern vor 30 Jahren untergekommen sind. Im Urlaub also nichts Neues!
Und genau dort müssen wir ansetzten: Bei der Kernleistung! Bei der Reise selbst und beim Reiseerlebnis. Bei uns nutzen die Reisenden zum Beispiel ausschließlich öffentliche Überlandbusse, um ein Land zu erkunden. Ein Abschotten in eigenen Touristenbussen gibt es nicht. Die Reisenden werden so gezwungen, sich unters Volk zu mischen. Das Land und die Leute wirklich kennenzulernen. So wie Backpacker, aber organisiert und mit einem deutschen Reiseveranstalter im Hintergrund. Eine klassische Pauschalreise also.
Mein Appell an all, die den Tourismus innovativer gestalten möchten: Schafft ein neues Reiseerlebnis. Lasst uns Elon Musk von Space X als Vorbild nehmen, der die Vision hat, die Raumfahrt für den Tourismus zu erschließen. Ja, es klingt verrückt, aber hätte Thomas Cook damals nicht die unglaubliche Idee hat, Reisende nach Ägypten zu schicken, wären wir vermutlich alle nicht jedes Jahr auf der ITB in Berlin!
Passend zum Thema: “15 junge Reise-Startups, die man kennen sollte”
Über die Autorin:
Meike Haagmans ist Gründerin von Joventour, einem Reiseveranstalter für Linienbusreisen in Südamerika, Südafrika und Südostasien. Über ihren Start-up Alltag berichtet sie auf ihrem Podcast und Blog Nebenbei-Durchstarten
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