15 Fragen an Nora Heer
“Mir wurde viel persönlicher Freiraum gegeben”
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Mein eigener Chef zu sein bedeutet für mich, meine Visionen, Ideen und Ziele umsetzen zu können. Eigenständig auf neue Situationen oder veränderte Rahmenbedingungen reagieren zu können und neue Wege zu gehen. Jeder Skifahrer kennt das tolle Gefühl, wenn man als erster seine Spuren durch frischen Schnee ziehen kann. Meine Motivation ist es, Dinge zu verändern und aus Problemen Lösungen zu machen. Toll ist, dass ich mir dabei aussuchen kann mit wem ich arbeite. Jeder in meinem Team ist sowohl fachlich, als auch persönlich meine Wunschbesetzung – das ist ein großer Luxus.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Loopline ist aus einem internen Anwendungsfall entstanden. In meiner Rolle als Personalleiterin bei Project A Ventures gehörte es zu meiner Aufgabe, das Wachstum vieler Startups durch gutes People Management und Recruitment zu unterstützen. Das Führen von Mitarbeiter in enger Abstimmung zu den Unternehmenszielen ist ein erfolgskritisches Thema. Viele Start-ups lernen schnell wie wichtig es ist, junge gute Mitarbeiter systematisch in Schlüsselpositionen zu entwickeln. Das geht nur durch klare Ziele und regemäßiges Feedback.
In vielen Konzernen sind es gerade die Mitarbeiter, die sich mehr Feedback, eigene Ziele und Verantwortung wünschen und hier ein Umdenken fordern. Der Unternehmer im Unternehmen ist das Schlagwort – doch die Umsetzung eines solchen Führungsstils mit kontinuierlichem Feedback birgt einen hohen Aufwand. Mit loopline als digitale Feedbacklösung machen wir Führungskommunikation nicht nur einfach, sondern lösen Kommunikationsbarrieren im Alltag weltweit über Standorte hinweg auf.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Als Spin-Off waren zunächst Project A Ventures und der High-Tech Gründerfonds erste Kapitelgeber. Hinzu kamen die IBB Beteiligungsgesellschaft sowie zahlreiche Business Angels wie z. B. ehemalige Kunden oder die HR-Expertin Konstanze Buchheim von i-potentials.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Wir haben relativ schnell erste Kunden gehabt, was auf einer Seite auch toll war, weil wir sehr viel gelernt haben. Auf der anderen Seite ist es gerade in Abstimmung mit größeren Unternehmen schwierig, nicht zu viele Kompromisse einzugehen und entgegen großer Umsatzmöglichkeiten seine eigene Produktvision konsequent umzusetzen.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Wahrscheinlich würde ich beim nächsten Mal meine Zielgruppe von Anfang an noch konsequenter definieren, auch wenn man dann häufiger mal zu verlockenden Optionen „nein“ sagen muss.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass zufriedene Kunden die beste Art von Werbung sind. Wenn Mitarbeiter und Führungskräfte gerne mit uns arbeiten, empfehlen und tragen Sie uns weiter. Wir haben auch gemerkt, dass es gerade rund um das Thema Feedback, Mitarbeiterführung und -entwicklung noch viel Informations- und Trainingsbedarf gibt.
Wir haben gemerkt, dass unsere Beratung und Fachexpertise von vielen Kunden als wichtiger Mehrwert gesehen wird. Darum nutzen wir unser Fachwissen auch, um gezielt mit Aufklärung und Tipps international Content Marketing zu machen. Das schafft nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch Vertrauen.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Ich hatte das große Glück auf meinem Weg viele Vorgesetzte gehabt zu haben, die mir sehr viel persönlichen Freiraum gegeben und Vertrauen geschenkt haben. Dadurch war ich es immer gewohnt eigenständig und selbstverantwortlich zu arbeiten. Die Geschäftsführung von Projekt A, insbesondere Christian Weiss, hat mich in meiner Gründung großartig unterstützt und ich hatte bisher wohl immer das Glück, dass ich mehr Unterstützer als Blockierer getroffen habe.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Anderen Gründern und eigentlich allen ambitionierten Menschen rate ich, sich konkrete Vorbilder zu suchen, die faszinieren und begeistern. Jeder sollte ehrlich herausfinden, was man wirklich gut kann, die eigenen Stärken ausbauen und sich konsequent Partner und Kollegen zu suchen, deren Stärken komplementär zu den eigenen sind und mit denen man auf diese Weise ein ausgeglichenes, erfolgreiches Team bildet.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Ich würde mir wünschen, dass wir in Deutschland für junge Gründe sowohl bürokratische, als auch finanzielle Hürden stärker abbauen und somit eine eigene Gründung als Karriereoption für jeden, der möchte, zugänglich wird. In Singapur habe ich an Universitäten wie der NSU erlebt, wie direkt am Campus ganze Unternehmerzentren entstehen und Gründer sehr einfach Startkapital sowie in den ersten Jahren Steuerfreiheit bekommen. Unternehmertum ist nun einmal ein wichtiges Kapital einer Volkswirtschaft.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Wahrscheinlich würde ich Anderen dabei helfen erfolgreich Unternehmen aufzubauen. Die Begeisterung für das Unternehmertum hat mich schon mein ganzes Leben begleitet und fasziniert. Und als ausgebildeter Coach und Personalentwickler habe ich schon immer gerne andere dabei unterstützt sich zu entwickeln und besser zu werden. Das heißt, ich muss gar nicht immer die Front-Person sein, sondern ich finde es auch spannend, im Hintergrund die Fäden zu ziehen.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Es gibt viele Gründer und vor allem auch Gründerinnen, die ich sehr gut finde und von denen ich in den letzten Jahren viel gelernt habe. Viel lieber als Mäuschen in einem Start-up zu spielen, würde ich mich gerne weiterhin so häufig und offen mit anderen Gründern und Gründerinnen austauschen um gemeinsam besser zu werden.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Wenn ich im Anschluss wieder zurückkehren könnte, würde ich natürlich in die Zukunft reisen. Es gibt einige technologische Trends, die man schon ganz gut vorhersehen kann, aber auch viele zukünftige Entwicklungen, die uns vermutlich noch überraschen werden. Ich bin gespannt, ob wir in den nächsten 30 Jahren nochmals so eine bahnbrechende Erfindung wie das Internet sehen werden. Interessant ist auch wie die Arbeitswelt in 50 Jahres aussieht. Welche Rolle wird Arbeit spielen, an welchen Themen werden wir arbeiten und werden wir überhaupt noch gemeinsam physisch in Büros zusammen sitzen?
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Wahrscheinlich würde ich es gezielt in Start-ups und ihre Gründer/-innen, an die ich glaube, investieren.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Am Liebsten mit Sport und langen ausgedehnten Spaziergängen sowie Zeit mit meiner Familie und meinen engsten Freunden.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Ich würde super gerne mit Richard Branson mal ein Bier trinken gehen. Ich finde seine Art seine Unternehmen zu führen sowie seine Einstellung zum Leben sehr spannend. Gerne lese ich seine Beiträge und Artikel und würde gerne mal mit ihm darüber diskutieren. Ich denke, dass wir viel von solchen Gesprächen mit derart erfolgreichen Personen lernen können.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person:
Nora Heer ist Geschäftsführerin und Mitgründerin von Loopline Systems, einem Spin-off aus der Human-Resources-Sparte von Project A Ventures. Bis zur Ausgründung Ende 2014 war sie Personalleiterin bei dem Berliner Frühphaseninvestor und Company Builder. Seit 2001 hat sie in etablierten Unternehmen (u.a. Holtzbrinck) gearbeitet, bevor sie 2004 im Sales-Bereich des Software-as-a-Service-Unternehmens Meltwater Group startete. Nora Heer ist Diplom-Medienwirtschaftlerin und ausgebildet in systemischem Coaching, Leadership-Development und Human-Resources-Management, u.a. an der Stanford University.
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