“Unser Modell lebt von Vertrauen und Verständnis”
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Unglaublich viel! Als mein eigener Chef bin ich zeitlich und räumlich flexibel, kann arbeiten wann und von wo es mir gerade passt. Am Ende des Tages müssen die Aufgaben erledigt sein, Punkt. Ich bin unabhängig von Gremien und teils sehr langsamen Konzernprozessen, kann die Geschwindigkeit, wie schnell wir uns entwickeln, weitestgehend selbst steuern. Das gefällt mir an der Selbständigkeit.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Die Idee kam bei der Urlaubsplanung. Ich stellte 2013 in tagelanger Arbeit eine mehrwöchige Südamerika-Rundreise zusammen, die Aufenthalte an verschiedenen Orten umfasste. Dabei fiel mir auf, dass sich die Preise bei einigen Hotels fast täglich änderten – sowohl nach oben als auch nach unten. Da stellte sich mir unweigerlich die Frage, wann nun der beste Zeitpunkt für eine Buchung wäre. Da sich die Preise offensichtlich auch nach der Buchung noch ändern würden, müsste es doch einen automatisierten Service geben, der den günstigsten Preis einfach weiter sucht und gegebenenfalls für mich umbucht. Damit war die Geschäftsidee geboren.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Die ersten 12 Monate nach der Gründung, das war also 2014, haben wir uns deutlich sechsstellig eigenfinanziert, bevor wir die Seed Runde gemacht haben.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Eine echte Herausforderung stellte der Aufbau einer effizient funktionierenden IT dar. Das hatten mein Co-Gründer Leif Pritzel und ich anfangs unterschätzt. Außerdem ist das grenzüberschreitende Umsatzsteuerrecht für Reisedienstleistungen unglaublich kompliziert und teilweise schlichtweg ohne Rechtssicherheit. Das stellt Geschäftsmodelle wie das von DreamCheaper vor spezielle und mühsame Herausforderungen.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Ich würde von Anfang an stärker auf manuelle Prozesse setzen und diese dank global Sourcing günstig einkaufen. Selbstverständlich lassen sich diverse Prozessschritte automatisieren aber ausgelagert bekomme ich das manuell erstellt tatsächlich um ein Vielfaches günstiger. Auch die IT würde ich so weit wie möglich auslagern bis die Machbarkeit bewiesen ist und es dann erst in-house holen. Generell würde ich in der nächsten Gründerphase mit allem ein bisschen schneller vorgehen, ganz nach dem Motto „Try fast, fail early“.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Mund-zu-Mund Propaganda ist und bleibt unser wichtigstes Marketing-Tool. Wir verkaufen letztlich Einsparungen, ganz konkret also Geld. Das braucht Vertrauen und Verständnis beim Nutzer, nur so funktioniert das Modell. Weiterempfehlungen von zufriedenen Kunden sind für uns daher essentiell.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Mein Mitgründer Leif Pritzel. Wir kennen uns seit vielen Jahren und er tickt ähnlich wie ich, brennt für die gleichen Sachen.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Da habe ich einige. Gründet als Team, denn Gründen ist harte Arbeit. Da ist es gut, wenn man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann, mehrere Expertisen zusammenfließen und man sich gegenseitig motivieren kann. Außerdem: Gründet schnell. Findet möglichst schnell heraus, ob es wirklich eine Nachfrage zum Produkt oder der Idee gibt und philosophiert nicht zu lange am Businessplan herum. Und noch ein Tipp: Versucht die Idee zu validieren bevor ihr sie von der IT entwickeln lasst.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Deutschland ist – wenig überraschend – ein Bürokratendschungel der unnötig viel Zeit raubt. Zeit, die gerade bei der Gründung essentiell wichtig ist. Eine Umsatzsteuersonderprüfung bei einem Umsatz von 5000 EUR und einer Steuerkorrektur in Höhe von 35 EUR anzusetzen ist in jeder Hinsicht Unfug. Das Anmelden eines ausländischen Arbeitnehmers erfordert Wochen, viel Geduld, noch mehr Formulare und ist unnötig kompliziert. Unternehmer müssen „probieren“ können, ansonsten Ersticken gute Ideen im Keim und Gründer lassen sich abschrecken.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich wäre noch immer Vorstand bei der österreichischen Bahn. Parallel würde ich aber wahrscheinlich längst die nächste Start-up Idee verfolgen und dann doch gründen.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Bei vielen, aber am Liebsten bei Trivago, insbesondere jetzt nach dem Börsengang. Unsere Geschäftsmodelle sind in vielerlei Hinsicht ähnlich und ihre Erfolgsstory könnte uns interessante Insights geben.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Am liebsten in die Zeit des großen Goldrauschs am Klondike River. Dort hätte ich ein Unternehmen gegründet welches Schaufeln und Material verkauft und sich um die Logistik bzw. den Großhandel kümmert.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Ganz klar, ich investiere es, schließlich hat sich noch niemand reich gespart. In den Tag hineinleben ist mir viel zu langweilig. Es geht doch darum, etwas zu bewegen, zu verändern, zu erschaffen. Das liegt in meiner Natur, diesem Drang würde ich folgen.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Am liebsten mit Freunden am Wasser, egal ob am See, Fluss oder Meer. Oder auf einem Kurztrip irgendwo in einer europäischen Metropole, in der Sonne sitzend mit einem Cappuccino und das emsige Treiben um mich herum beobachtend. Herrlich!
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Sehr gerne mit Richard Branson. Er ist ein Visionär und ein verdammt smarter Multi-Gründer. Sein Know-How ist Gold wert.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person:
Nathan Ziele ist Gründer von DreamCheaper. Er studierte zunächst Wirtschaftswissenschaften in Kiel und arbeite im Anschluss in diversen Firmen, die alle was mit Reisen zu tun haben, darunter Lufthansa, SBB Cargo und Xrail in Brüssel.