#5um5

“Zwischen 20 und 22 Uhr komme ich zu Hause an”

Es war sehr lehrreich zu beobachten, wie kleinste Veränderungen in der Teamzusammenstellung die komplette Kultur des Unternehmens beeinflussen können. Ein Fehler, der in diesem Zusammenhang sicher häufig gemacht wird, ist, Mitarbeiter, die nicht passen, halten zu wollen", sagt Björn Goß, Mitgründer von stocard.
“Zwischen 20 und 22 Uhr komme ich zu Hause an”
Donnerstag, 12. Januar 2017VonAlexander

Unsere Rubrik “5um5” liefert jeden Tag um Punkt 5 Uhr insgesamt – wer hätte das gedacht – 5 wissenswerte Fakten, bahnbrechende Tipps oder hanebüchene Anekdoten rund um ein startupaffines Thema. Heute geht es um: 5 Fragen an Björn Goß, Mitgründer der Bonuskarten-App stocard.

Wie sieht Dein ganz normaler Start-up-Arbeitsalltag aus – von früh bis spät?
Alltag gibt es bei uns – zum Glück – nicht. Mal verbringe ich einen Großteil des Tages im Zug, im Flieger oder in Terminen, mal bin ich den kompletten Tag im Office. Morgens checke ich als erstes News, Mails und Flowdock, unseren Teamchat. Oft gibt es da durch die Zeitverschiebung schon Neuigkeiten aus unserem australischen Office. Den Vormittag halte ich mir meist möglichst frei, um an fachlichen Themen zu arbeiten – zur Zeit dreht sich hierbei viel um das Thema Mobile Payment. Am Mittag versuche ich mir immer ein paar Minuten mit dem Team freizuschaufeln, an besonders durchgetakteten Tagen esse ich aber auch mal am Schreibtisch. Die meiste Kommunikation findet dann am Nachmittag statt – sowohl mit Kunden oder Partnern als auch intern. Zwischen 20 und 22 Uhr komme ich zu Hause an. Einige Male im Monat klappt es mit einem Feierabendbierchen mit Kollegen, manchmal reicht es bei mir noch kurz für Sport, oft gibt es aber auch nur Abendessen, bevor ich mich nochmal an den Schreibtisch setze und letzte, liegengebliebene Dinge erledige.

Was war der lehrreichste bzw. der beste Fehler, den Du gemacht hast?
Es war sehr lehrreich zu beobachten, wie kleinste Veränderungen in der Teamzusammenstellung die komplette Kultur und Performance des Unternehmens beeinflussen können. Ein Fehler, der in diesem Zusammenhang sicher häufig gemacht wird, ist, Mitarbeiter, die nicht zu 100 % ins Unternehmen passen, halten zu wollen. Besonders wichtig ist es dann aber auch zu hinterfragen, wieso man sich anfangs überhaupt für die Zusammenarbeit entschieden hat und beim Auswahlprozess künftig die richtigen Schwerpunkte zu legen.

Was würdest Du bei Deinem nächsten Start-up anders machen?
Früher internationalisieren. Das klingt zunächst wie das Gegenteil von dem, was die meisten erfahrenen Gründer raten: Oft heißt es, man solle das Produkt erstmal so weit bringen, bis man Product/Market Fit hat. Die Erfolgsgeschichte von Stocard hat aber gezeigt, dass man nicht nur das Produkt ändern kann, sondern auch seinen Markt. Das haben wir getan, indem wir ausprobiert haben, in welchen Ländern außerhalb Deutschlands Stocard gut ankommt. Dabei haben wir festgestellt, dass andere Länder – sowohl nutzer- als auch händlerseitig – schon viel weiter sind und Stocard dort viel besser funktioniert. Mit über 11 Millionen Nutzern und rasantem Wachstum sind wir der führende Mobile Wallet und in einigen Ländern bereits unter den beliebtesten Apps. Nun beginnen wir auch den deutschen Markt aufzurollen. Das Konzept Internationalisierung haben wir quasi umgedreht und hätten noch viel früher damit anfangen können.

Was war denn der beste Rat, den Du während Deiner Gründungsphase bekommen hast?
“If you are not embarrassed by the first version of your product, you’ve launched too late”. Das hat Reid Hoffman zwar nicht zu mir persönlich gesagt. Aber es war ganz elementar für uns, eine erste Version der App so schnell wie möglich in die App Stores zu bekommen. So konnten wir das Produkt schnell weiterentwickeln, anstatt Ewigkeiten auf die perfekte erste Version hinzuarbeiten. Außerdem war die App so öffentlich verfügbar, was zusätzlich Motivation und externen Druck aufgebaut hat.

Welche Veranstaltung sollte man als Gründer unbedingt besuchen?
In der frühen Phase, wenn das Netzwerk nicht groß und das Start-up nicht so bekannt ist, können Veranstaltungen hilfreich sein. Das IdeaLab! der WHU empfand ich in dieser Phase als tolles Event. Sobald man einigermaßen vernetzt ist, sehe ich Events – vor allem die großen – aber eher kritisch. Sie kosten viel Zeit, in der man sein Unternehmen nicht weiter aufbauen kann. Über das bestehende Netzwerk lassen sich Personen, die einem weiterhelfen können, oft viel effizienter finden. Am Ende ist es für mich immer ein Abwägen des potenziellen Outputs. Möchte ich öffentlichkeitswirksam in der Start-up-Szene auftreten und ins “Sehen-und-Gesehen-Werden” investieren? Oder stattdessen etwa weiter am Produkt und Nutzer-Wachstum meiner Firma arbeiten?

Kennen Sie schon unseren #StartupTicker? Der #StartupTicker berichtet tagtäglich blitzschnell über die deutsche Start-up-Szene. Schneller geht nicht!

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.