Von Alexander
Donnerstag, 15. Dezember 2016

“Es war eher eine Evolution und Weiterentwicklung”

"Der Wandel war durch Kundenfeedback getrieben und in Summe haben wir damit unseren Product-Market-Fit gefunden. Es war also eher eine Evolution und Weiterentwicklung und die konsequente Umsetzung der Kundenwünsche", sagt Oliver Nützel zum Pivot von Regiondo.

In unserem Themenschwerpunkt Pivot geht es um Start-ups, die ihren Kurs geändert haben. Grundsätzlich hat sich ein strategischer Kurswechsel bei vielen Startups bewährt. Statt ein totes Pferd zu reiten, ist ein Pivot immer die bessere Entscheidung. Im Pivot-Interview mit deutsche-startups.de spricht Oliver Nützel, Geschäftsührer beim Freizeit-Ticketing-Anbieter Regiondo über Entscheidungen, Diskussionen und die Evolution.

In den vergangenen Jahren wandelte sich Regiondo vom B2C- zum B2B-Anbieter. Warum habt ihr Euer Geschäftsmodell geändert?
Das war eine Mischung aus Kundenfeedback und eigener Analyse. Wir haben bereits seit Beginn unseres Marktplatzes Kunden, die von ihrer Webseite zu uns verlinkt haben. Das heißt diese Kunden hatten selbst keine Buchungslösung, waren von unserem Ansatz überzeugt und haben unseren Marktplatz zur Buchung genutzt. Mit der Zeit kamen dann immer mehr Anfragen für Whitelabel-Versionen von bestehenden Kunden und Interessenten. Die Initialzündung war dann unsere Zusammenarbeit mit einem der größten deutschen Freizeitanbieter mit mehr als 2 Millionen Besuchern. Hier konnten wir nicht nur einen echten Key Account von unserer Technologie überzeugen, sondern haben dank des wertvollen Feedbacks unser Produkt weiterentwickeln können. Das Ergebnis Regiondo Pro – die Buchungslösung für Freizeitanbieter. Und schlussendlich passt Regiondo Pro auch am besten zu unserer DNA bei Regiondo: Wir wollten immer die beste technische Lösung, um im Freizeitmarkt die Kommunikation zwischen Anbieter und Endkunde so einfach und unkompliziert wie möglich zu machen.

Was war die größte Herausforderung, was die größte Schwierigkeit bei diesem Wandel?
Jeder kennt die Konzepte Lean Startup, MVP – Minimum Viable Product -, Customer Driven Innovation etc. Aber es ist auch hart, hier nicht vom Weg abzukommen. Wir hatten bereits früh die Signale für ein B2B,Model, haben aber erstmal am B2C,Model festgehalten. Letztendlich ist es enorm wichtig am Anfang seinen Kunden wirklich zuzuhören und dieses Feedback auch ehrlich zu verarbeiten.
Das war bei allen Stakeholdern ein Reifeprozess: bei uns Gründern, unseren Investoren und auch bei Mitarbeitern. Als wir einmal gemeinsam die Entscheidung getroffen haben, war der Fokus schnell klar und wir konnten loslegen.

Welche Veränderungen waren in Sachen Personal nötig – ein B2B-Unternehmen braucht noch sicherlich andere Mitarbeiter als ein B2C-Start-up?
In der Tat. Das waren manchmal auch nicht immer einfache Entscheidungen. Bei B2C brauchst du andere Marketing-Skills und hast deutlich mehr Mitarbeiter für Redaktion, Content-Management und Qualitätssicherung – der Angebote auf dem Marktplatz. Für B2B war es mehr Mitarbeiter für Produktentwicklung, Vertrieb und Success Management. Dieser Übergang hat zwei bis drei Monate gedauert, die Motivation war hier sicherlich bei manchen auch mal im Keller und wir haben hier als gesamtes Team enorm dazugelernt.

Wie haben Eure Investoren auf Euren Pivot reagiert?
Auch das war ein Prozess und eine offene Diskussion. Wir haben das große Glück, dass wir Investoren an Board haben die langfristig denken und immer hinter der Idee von Regiondo standen. Und nachdem wir uns die möglichen Optionen angeschaut haben war dies eine gemeinsame Entscheidung. Und diese tragen unsere Investoren voll und ganz mit. Und letztendlich konnten wir das durch unsere Performance auch belegen. Lustig waren hier auch immer wieder gelegentliche B2C-Diskussionen, die sich dann trotzdem immer mal wieder einschleichen.

Und was haben Eure Kunden gesagt?
Die haben das erstmal gar nicht gemerkt. Wir hatten mit unserem Marktplatz Regiondo bereits eine Bekanntheit in der Branche und viele Anbieter kannten uns bereits. Hier war es gerade zu Beginn nicht immer einfach, den Unterschied zwischen dem B2C-Marktplatz und der B2B-Buchungslösung zu erklären. Das war auch mit ein Grund, warum wir uns mit „Regiondo Pro“ für eine eigene Produktmarke entschieden haben.

Ist B2C nun gar kein Thema mehr für Euch?
B2C ist für uns tatsächlich sekundär. Der Umsatztreiber ist unser B2B-Modell. Wir haben weiter den Marktplatz auf Deutsch und Englisch und wollen diesen auch nicht aufgeben. Denn dadurch haben wir als Technologieanbieter immer auch ein Ohr beim Endkunden und stellen sicher, dass wir in Bezug auf Conversion und Usability immer optimal aufgestellt sind. Unsere B2B-Kunden sähen es sicherlich nicht gerne, wenn wir neue Funktionen oder A/B-Tests auf deren Webseiten machen würden. Auf dem Marktplatz haben wir deutlich mehr Möglichkeiten und haben deshalb auch die Credibility, dass wir uns mit beiden Seiten des Marktes auskennen. Und wir haben ja auch einen B2B2C Ansatz: mit unserem Channel Manager bieten wir unseren Anbietern zahlreiche Vertriebskanäle wie etwaa Viator/Tripadvisor, Jochen Schweizer, Weltbild, Marcopolo, Eventim, Musement, rent-a-guide und den Zugang zu über 8.000 Reisebüros. Das ist mehr Reichweite, als wir mit unserem eigenen B2C Modell je generieren hätten können und ein echter Mehrwert für die Freizeitbranche.

Hat sich der Wandel gelohnt?
Auf jeden Fall. Der Wandel war ja durch Kundenfeedback getrieben und in Summe haben wir damit unseren Product-Market-Fit gefunden. Es war also eher eine Evolution und Weiterentwicklung und die konsequente Umsetzung der Kundenwünsche. Und letztendlich konnten wir neben zahlreichen Key Accounts, großen Freizeitparks und Zoos auch über 4.000 kleinere Freizeitanbieter von unserer Lösung überzeugen.

Welchen Tipp gibst du anderen Gründern, die vor einem Pivot stehen?
Erstens: Skaliert nicht zu schnell, lieber am Anfang mehr Testen und Feedback einholen. In Ruhe und auf kleinerer Flamme das Modell testen bis ihr euren Product-Market-Fit gefunden habt ihr richtig loslegen könnt. Zweitens: Hört auf eure Kunden und bindet eure Kunden unbedingt in die Produktentwicklung mit ein. Egal ob Interview, Fokusgruppen oder ähnliches. Drittens: Kommuniziert offen, nur so gelingt es diesen Wandel auch intern mit dem Team erfolgreich umzusetzen. Viertens_ Baut von Anfang an ein Reporting Dashboard auf und bewertet und optimiert eure KPIs täglich.

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