Karsten Schaal im Interview

“Wo Berlin hip ist, ist Leipzig herrlich unaufgeregt”

"In Leipzig findet man deutlich schneller Anschluss an die Gründerszene und wird von dieser auch mitgenommen. Berlin ist da schon deutlich diverser geworden mit den Jahren. Dafür ist die Szene Berlins wesentlich erfahrener, wenn man sie denn findet", sagt Karsten Schaal, Mitgründer von Food.de.
“Wo Berlin hip ist, ist Leipzig herrlich unaufgeregt”
Montag, 28. November 2016VonAlexander

In unserem Themenschwerpunkt Leipzig beschäftigen wir uns ausgiebig mit Start-ups aus der größten Stadt im Freistaat Sachsen. Denn obwohl Leipzig meist nicht als Start-up-Metropole angesehen wird, tummeln sich in der Stadt einige spannende Digitalfirmen – siehe “Leipzig: Über 20 spannende Start-ups aus Sachsen“.

Karsten Schaal gründete den Lebensmittelversand Food.de 2010 auf der Couch im Wohnzimmer. “Als wir den Prototypen gebaut haben, saßen am Ende 14 Leute bei mir daheim. Die Gründung zwischendurch war dann auch schnell in Leipzig erledigt. Und wir konnten hier gut unter dem Radar weiter entwickeln”, sagt der Sachse. Nach einem Investment der IBB Beteiligungsgesellschaft wurde die junge Firma dann eine Berliner Unternehmung.

Im vergangenen Jahr kaufte das Unternehmen die Anteile des Berliner Geldgebers zurück. Seit sind fast ausschließlich Leipziger Investoren bei Food.de an Bord. Und allein schon der kurze Wege wegen, residiert Food.de nun wieder in Leipzig. Im Mini-Interview mit deutsche-startups spricht Karsten Schaal, Mitgründer von Food.de über das lebenswerte Umfeld in Leipzig, eine blühende Startup-Kultur und Rahmenbedingungen.

Wenn es um Start-ups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Leipzig als Start-up-Standort?
Leipzig ist nicht ganz unschuldig am Erfolg von Berlin. In der HHL. als Eliteschule für Manager. wurden einige der bekannten Seriengründer geweckt. Aber auch die 28.000 weiteren Studenten in der Stadt und das lebenswerte Umfeld mit Kultur, Subkultur und Clubszene sorgt für eine kreative Grundstimmung, die nötig ist für eine blühende Startup-Kultur.

Was macht speziell den besonderen Reiz der Startup-Szene in Leipzig aus?
Wo Berlin hip ist, ist Leipzig herrlich unaufgeregt. Die Szene sieht sich hier lieber arbeiten und weiß, wo man sich in der Stadt Hilfe holt. Vernetzung wurde glaub ich in Leipzig erfunden, zumindest fühlt es sich so an, weil jeder jeden über zwei Ecken kennt. Und wenn einen doch mal das Berlin-Fieber packt, ist man mit dem Zug in etwas mehr als einer Stunde am Alex.

Was ist in Leipzig einfacher als in Berlin – und umgekehrt?
In Leipzig findet man deutlich schneller Anschluss an die Gründerszene und wird von dieser auch mitgenommen. Berlin ist da schon deutlich diverser geworden mit den Jahren. Dafür ist die Szene Berlins wesentlich erfahrener, wenn man sie denn findet.

Was fehlt in Leipzig noch?
Nach Spreadshirt kam in Leipzig lange nichts. Gründer und Startups gingen besser nach Berlin als hier zu bleiben. Inzwischen kehrt sich das schon deutlich um, die Rahmenbedingungen passen einfach immer besser. Was fehlt sind vielleicht nur große Exits von Leipziger Start-ups, die der Stadt den Anschub und freies Kapital zur Reinvestition geben würden. Wer bisher hier Geld hat, ist erfolgreich mit Immobilien und tobt sich dort aus, denn es fehlt das alte Kapital der zweiten und dritten Generation aus Unternehmerfamilien.

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.