Von Elke Fleing
Montag, 21. November 2016

Die wichtigsten Tipps für Amazon-Verkäufer

Wie Startups Amazon für sich nutzen und mit welchen Strategien sie vorgehen können, habt Ihr in den ersten beiden Teilen dieses Interviews erfahren. Hier gibt es jetzt noch die 11 Gebote - also wichtige grundlegende Tipps zum Verkauf auf Amazon – wieder von Kai Klement von KAVAJ.

1. Fang an, bevor du fertig bist
Mach nicht 32 Kurse, saug nicht alle Informationen auf, um dann in Angststarre zu verharren. – Wir haben eine billige Plastikhülle als Test-Produkt genommen und einfach mal angefangen.

Es entwickelt sich einfach ein Schritt nach dem anderen. Man lernt so viel auf dem Weg und erst auf diesem Weg lernt man das wirklich Wichtige. Loslegen, jeden Tag neu überlegen, was sind die nächsten entscheidenden Sachen, die mich voranbringen, und dann die Schritte gehen. Step by Step.

2. Nimm das erste Produkt als Übungs-Projekt
Fang mit einem Produkt an und probiere daran alles aus, was bei Amazon geht: Wie wird es gelistet, welche Anforderungen gibt es, wie funktioniert der Logistik-Prozess, wie funktioniert das Marketing, wie bekomme ich Traffic, was ist eine ERN?

Betrachte Deinen Start als eine Art ‘Vokabeln lernen’. Learning by doing heißt die Devise.

3. Halte die Komplexität zu Beginn so gering wie möglich
Liste nicht gleich zig Produkte und Variationen, um dann den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen.

Lerne das Marketplace Seller-Dasein und beginne mit sehr übersichtlichen Produkt-Anzahlen und -Variationen. Das Gute ist ja, dass man problemlos bei Amazon mit wenigen oder auch nur einem Produkt starten kann, weil das niemandem unangenehm auffällt.
Wir haben auch aus Fehlern gelernt: Zunächst sind wir mit 10 iPad-Hüllen an den Start gegangen und haben dann festgestellt, dass das enorm kontraproduktiv ist. Denn natürlich willst Du mit jedem Produkt auf Seite 1 einer Kategorie bei Amazon – und zwar möglichst weit oben.
Aber sogar beim Alleskönner Amazon gibt es zu jeder Kategorie nur eine Seite 1 und einen Platz 1 dort. Und wir haben uns anfangs mit unseren Produkten selbst ordentlich Konkurrenz gemacht, weil wir zu viel zeitgleich herausbrachten, die dann alle um die ersten Plätze rangelten.

4. Für jedes Produkt ist die Seite 1 der Kategorie Dein Ziel
Nagel es Dir für jedes Produkt als Mantra übers Bett: Dieses Produkt rankt auf Seite 1 seiner Kategorie bei Amazon.

Tracke regelmäßig den Hauptsuchbegriff Deines Produkts. Dafür gibt es Tools, wie z.B. Marketplace Analytics, was wir nutzen, aber für unseren Geschmack geht das manuelle Tracking schneller.

Es ist eine großartige Motivation, jeden Tag zu scrollen, wo dein Produkt steht und Dir zu überlegen, wie Du nach vorne kommst. Und diese Maßnahmen dann auch gleich umzusetzen.

Mit 10 iPad-Hüllen gleichzeitig haben wir das nicht geschafft – jetzt haben wir nur noch 3 Modelle und dafür bekommen wir’s hin.

5. Gib Deiner Marke Zeit, sich zu entwickeln
Bei Amazon brauchst Du nicht zwingend eine starke zugkräftige Marke, um gute Verkaufszahlen zu erzielen.

Du kannst also in Ruhe herausfinden, ob Dir Dein jetziger Markt, Deine Nische gefällt, ob Du mit den Lieferanten in dieser Nische gut klar kommst oder ob Du vielleicht doch lieber in ein anderes Segment wechseln möchtest.

Und Du kannst Deine Marke in Ruhe Step by Step entwickeln, on the go, während Du nach und nach weitere Produkte launchst.

6. Mach nicht alles allein
Hole Dir Unterstützung, auch wenn Dein Unternehmen eine One-Man-Show ist. Du kannst nicht alles selber machen und bist nicht in allen Bereichen wirklich gut.

Es gibt Steuer-Experten, Anwälte, Designer für Marken und Farben, Social Media-Experten.

Finde deine eigenen Stärken, tue die Dinge selbst, die Du gut kannst und gern tust, und den Rest eliminiere, automatisiere oder delegiere. Bitte auch in dieser Reihenfolge.

Vielleicht findest du ein Tool für Automatisierung, sonst suchst du dir einen Dienstleister. Das kann sogar finanziell günstiger sein, als Dir alles selbst beizubringen.

Es gibt inzwischen wirklich gute Dienstleister-Portale. Auf UpWork.com findest Du viele gute Freelancer und speziell für Amazon bzw. den E-Commerce wirst Du sicher auf freeeup.com fündig. Freeeup würde übrigens von einem Amazon-Seller gegründet, der bei seinem eigenen Wachstum feststellte, dass er auch gut darin ist, gute Leute zu finden, daher bietet er diesen Service aus den USA jetzt auch an.

Virtuelle Asssitenten findet man zum Beispiel auch bei fernarbeit.net. Und um Programmierer, App Entwickler, Designer, Übersetzer, Texter zu finden, kann man in Deutschland gut Twago nutzen.

7. Fulfillment bei Amazon nutzen
Fulfillment bei Amazon – hinter diesem Begriff versteckt sich übrigens die so oft in Verbindung mit Amazon gehörte Abkürzung FBA – ist nicht einfach nur eine Logistik-Leistung, sondern für uns der größte Marketing-Kanal auf Amazon schlechthin, um die Produktverkäufe zu erhöhen.

Denn wenn man sich als Händler für FBA entscheidet, werden die eigenen und bei Amazon eingelagerten Waren automatisch per ‘Prime’ versandt – inzwischen einer der wichtigsten Kauf-Faktoren bei Amazon.

Du hast aber noch mehr Vorteile als FBA-Händler, denn Dein Angebot ist fast gar nicht mehr von den Angeboten Amazons selbst zu unterscheiden und genießt damit erheblichen (!) Vertrauensvorsprung. Das fängt damit an, dass der Name Amazon in Deinem Angebot steht Noch 3 auf Lager. Verkauf durch [Dein Händlername] und Versand durch Amazon. und geht bis zu den auf Amazon gebrandeten Versandkartons.

Der Name Amazon in deinem Produkt ist der größte Conversion-Treiber: Er bedeutet für Dich nämlich, zu wissen, dass Du Deine Lieferung sehr schnell hast und das Produkt kostenlos 4 Wochen lang zurückschicken kannst.

Außerdem hast Du mit FBA noch die weltbeste Logistik, die Du als Händler irgendwo einkaufen kannst. Und Amazon schraubt an diesem Alleinstellungsmerkmal kräftig weiter.

In Berlin startet man jetzt mit Same Day Delivery und Versuche, Drohnen oder Roboter liefern zu lassen, sind ja schon seit Längerem im Gespräch und wohl auch schon in der Pipeline. In den Lägern von Amazon gehören Roboter inzwischen ja schon zum Alltag.

8. Beginne frühzeitig mit gutem E-Mail- und Social Media-Marketing
Starte frühzeitig damit, Dir z. B. über Newsletter Listen mit E-Mail-Adressen und gut besuchte Social Media Accounts aufzubauen.

Besonders jetzt, wo Amazon beginnt, ‘gekaufte’ Rezensionen zu unterbinden, wird es immer wichtiger, Kanäle zu haben, auf denen man Leute motivieren kann, ein neues Produkt zu kaufen, wenn Du es launchst.
Verzettel Dich bei der Auswahl Deiner Kanäle nicht. Pflege lieber Deinen Lieblingskanal richtig und mit Vollgas, als viele halbherzig…

Es gibt inzwischen so viele Möglichkeiten, Content mit Text, Bildern, Videos, Ton zu produzieren und die verschiedenen Kanäle zu bedienen. Vieles bei der Verbreitung lässt sich inzwischen auch bestens automatisieren, wenn man Tools wie Hootsuite, ifttt oder Zapier nutzt.

9. Bau Deine Marke außerhalb von Amazon auf
Selbst, wenn Du ausschließlich via Amazon verkaufst, solltest Du außerhalb Amazons Deine Marke aufbauen.

Auf Deiner Website kannst Du die Geschichte Deiner Marke erzählen, Informationen und News liefern, Dir eine E-Mail-Abonnenten-Liste aufbauen – sie als ‘Basislager’ für Deinen eigenen Content rund um Deine Marke, Deine Produkte und interessante Hintergründe nutzen. Menschen lieben Geschichten – und je bekannter Deine Marke wird, desto mehr Leute wollen umso mehr darüber erfahren.

Deine Website oder spezielle Landing-Pages sind außerdem ein toller Conversion-Treiber für Deine Verkäufe auf Amazon: Per Social Media- oder Google-Ad holst Du Interessierte auf Deine Website und interessierst sie dort für Dein Produkt. Und Du verlinkst zu Deiner Amazon-Produktseite.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Leute, die den Link auf Deiner Website zum Produkt bei Amazon klicken, es dort dann auch kaufen, ist deutlich höher, als wenn Du direkt von der Anzeige zum Amazon-Produkt linkst.

Anderseits generierst Du mit einem Direkt-Link von einer Ad zu Amazon Sales mit einem Klick weniger. Man sollte ausprobieren, was besser funktioniert.

10. Go International
Bringe Deine Produkte so früh wie möglich auf den Amazon-Plattformen in die USA, nach England und Japan.

Zum einen, um die Abhängigkeit von Amazon zu reduzieren, denn wie gesagt: Amazon schaltet, wenn überhaupt, nicht all Deine Accounts in allen Ländern ab.

Zum anderen aber auch, um diese riesigen Kundenpotenziale für Dich zu nutzen. In den USA sind es bereits 50 % aller Online-Kunden, die bei Amazon bestellen, die Märkte England und Japan sind auch riesengroß.

Und es ist so super einfach und preiswert, bei Amazon in anderen Ländern Produkte anzubieten. Klar, Du musst Deine Listings übersetzen (lassen) und ein paar jeweils Länder-spezifische Dinge beachten, aber das ist nicht schwierig und leicht herauszufinden.

Bei Amazon in mehrere Länder zu expandieren, ist eine gute Wachstumsstrategie – ich glaube, es war noch nie so einfach, so schnell international erfolgreich zu werden.

11. Die wichtigste Regel: Never mess with Amazon
Weil es so, so wichtig ist, noch einmal: Leg Dich nicht mit Amazon an.

Amazon legt als ‘Hausherr’ die Regeln fest, die kannst du schlucken oder eben ‘draußen spielen’ gehen. Bleib dankbar für die tolle Logistik.

Es gibt natürlich Kritikpunkte, manchmal wird ein Konto geschlossen, manchmal hakt der Support, aber dafür gibt es immer Lösungen.

Wenn man immer im Hinterkopf hat, dass Amazon mit seiner Rigidität vor allem bezweckt, das Vertrauen der Kunden zu halten und auszubauen, und damit auch Dir als Händler in die Hände spielt, lassen sich eventuelle Hakeleien gut aushalten und Deinem Erfolg steht kaum etwas im Weg, wenn Du straight und kontinuierlich am Aufbau Deines Biz’ arbeitest.

Zur Person

Kai Klement (links) ist zusammen mit Jörg Kundrath Gründer der Marke KAVAJ. Auf Amazon – und nur auf Amazon – gibt es von KAVAJ “hochwertige und multifunktionale Designer-Taschen und Accessoires für iPads, iPhones und andere mobile Endgeräte.”
Die beiden kennen sich schon seit der Uni, arbeiteten zeitgleich bei Amazon und gründeten 2011 ihr Unternehmen. Inzwischen gehört KAVAJ zu den führenden Herstellern von Leder Cases in Deutschland, UK und den USA. Es wurden inzwischen über 400.000 Cases verkauft, die über 12 Millionen US$ Umsatz generierten.

Passend zum Thema: Im Artikel Kostenlose E-Books: E-Mail-Marketing-Tipps vom Feinsten haben wir unter anderem das 162-seitige englisch-sprachige kostenlose E-Book der beiden KAVAJ-Gründer vorgestellt: Joerg Kundrath & Kai Klement: The KAVAJ Case. Absolut lesenswert!

Merken

Merken

Merken