Amazon-Selling: Ja bitte – aber strategisch schlau

DEN Amazon-Verkäufer gibt es nicht. Für den Verkauf auf Amazon gibt es unterschiedliche Strategien. Damit Ihr herausfinden könnt, welche die richtige für Euch ist, solltet Ihr Euch auskennen. Dabei hilft Euch Kai Klement von KAVAJ im zweiten Teil unseres laaaangen Interviews.

Welche unterschiedlichen Strategien gibt es, an das Amazon-Selling heranzugehen?
Es gibt verschiedene Wege, um langfristig erfolgreich zu sein und die Abhängigkeit von Amazon so gering wie möglich zu halten – aber meiner Meinung nach gibt es da den einen Königsweg:

Zunächst gibt es zwei grundlegende Unterschiede, Deine Zielgruppe betreffend:
Vendor oder Marketplace Seller
Entweder, Du verkaufst Deine Produkte nicht an die Endkunden via Amazon-Plattform, sondern direkt an Amazon. Amazon verkauft die von Dir gekauften Waren selbst an die Endkunden. Du bist also Retailer, Großhändler bei Amazon Vendor genannt. Zum Vendor wird man allerdings nicht einfach so, dazu wird man von Amazon gerufen – wenn die Umsätze Deines Marketplace Shops groß genug sind. Die Frage ist dann allerdings, ob Du Vendor werden willst.

Oder Du verkaufst via Amazon Deine Produkte in eigenem Namen an die Endkunden. Dann bist Du Marketplace Seller.

Wobei Du Seller nicht gleich Seller ist – Marketplace Verkäufer verkaufen durchaus unterschiedliche Strategien, manche verkörpern auch Mischformen der

4 grundlegend unterschiedlichen Marketplace Seller-Typen
Arbitrage-Händler:
Du bist Händler im klassischen Sinn, kaufst günstig Produkte fremder Marken ein und versuchst, diese auf Amazon teurer zu verkaufen. Du lagerst die Waren selbst oder Amazon tut das. Du kaufst also die Ware, trägst das unternehmerische Risiko und – und das ist vielleicht am entscheidendsten – teilt Dir im worst case die Produkt-Detailseite bei Amazon mit zig anderen Händlern, die genau das gleiche Produkt verkaufen.

Denn Listings auf Amazon funktionieren rein produktgesteuert, nicht händlerspezifisch. Um den Kunden das Einkaufserlebnis so einfach wie möglich zu machen, gibt es nie zwei Produktseiten für das gleiche Produkt.

Ergo schlagen sich alle Händler, die das gleiche Produkt verkaufen, um die Buy-Box einer einzigen Produktseite.

Über die Buy Box verkaufen sich über 90 % der bei Amazon angebotenen Produkte. Kaum ein Kunde prüft vor dem Kauf die Angebote anderer Händler, auch wenn diese durchaus ab und an mal den günstigeren Preis bieten.

Wer von mehreren Händlern gerade die Buy Box bekommt, entscheidet Amazon nach verschiedenen Kriterien, wobei der Preis schon das mit Abstand wichtigste ist. Aber in einem 2-prozentigen Intervall bekommen auch andere Händler zeitweise die Buybox.

Dennoch: In der Regel ist der Händler mit dem besten Preis in der Buybox sichtbar. Ergo arbeiten Händler mit Repricer-Tools, um immer den günstigsten Preis zu bieten. Eine Abwärtsspirale kommt in Gang, bei der die Margen schmelzen und Existenzen vernichtet werden können.

Dieser Weg führt m. M. in den Ruin, es gibt keine mittel- oder langfristige Chance, damit erfolgreich zu werden, weil Du viel zu wenig Einfluss auf Qualität, Marketing des Produkts und dessen Listing bei Amazon hast und weil Du zwangsläufig in den Abwärtsstrudel des Preiskampfes gerätst.

Drop-Shipping-Verkäufer: Beim Dropshipping oder Streckengeschäft lagert man als Händler seine Waren bei einem Großhändler oder dem Hersteller direkt, wenn es keine Zwischenhändler gibt. Wird Ware verkauft, wird sie auch vom Großhändler/Hersteller direkt an den Endkunden versandt.

Du als Händler kümmerst Dich um das Amazon-Listing und leitest im Verkaufsfall die Bestellung einfach an den Großhändler/Hersteller weiter. Du hast also nicht die Logistik zu handlen und auch nicht das Warenrisiko.

Allerdings hast Du im Umkehrschluss auch auf viele Schritte der Wertschöpfungskette keinen Einfluss, bist aber dafür haftbar, dass die Ware auch wirklich beim Kunden ankommt. Dieses Geschäfts-Modell ist also sehr riskant.

Verkauf als Agentur bzw. Verkaufs-Diensteister: Ein weiteres Businessmodell ist das Agenturgeschäft: Man verkauft Produkte Anderer auf Amazon als Dienstleister gegen eine Verkaufsprovision.

Verhandelbar ist dabei nahezu jede Bandbreite an Dienstleistungen und Provisionshöhe: Als Agentur kann man nur das Listing übernehmen oder auch das Amazone-externe Marketing. In extrem-Fällen sogar alles von Produktrecherche bis komplett-Abwicklung inkl. Kunden-Support, so dass der eigentliche Amazon-Seller lediglich als Geldgeber fungiert.

Auch dieses Vorgehen birgt aber natürlich Nachteile für beide Seiten des Geschäfts: Die Agentur hat in der Regel wenig Einfluss auf die Qualität des Produkts und alle anderen Maßnahmen, die sie nicht selbst steuert. So kann zum Beispiel der Händler durch ungeschickte externe Marketingmaßnahmen oder schlechten Customer-Service dem Geschäft sehr schaden.

Andersherum betreut eine Agentur naturgemäß natürlich mehrere Händler und Produkte, kann sich also keinem ihrer Kunden nicht fulltime widmen. Und wahrscheinlich fließt auch nicht ganz so viel Herzblut in jedes Produkt, wie das der Fall wäre, wäre es ihr eigenes, mit eigenem Geld finanziertes.

Für Händler, die noch kein Know How haben, was den Verkauf auf Amazon oder den Online-Handel an sich betrifft, kann dies aber ein guter Weg sein.

Verkauf eigener Produkte: Private Labeling und eigene Produkt-Entwicklungen
Innerhalb dieses Segments sind die Unterschiede der Herangehensweisen wohl am größten. Das Spektrum reicht von minimal-innovativen Querbeet-Sellern bis zu maximal-tüftelnden Produkt-Innovatoren, die ihren Schwerpunkt vor allem in der Qualität ihrer – wirklich eigenen Produkte und einem konsequenten Brandbuilding sehen.

Da gibt es die Private Label Seller, die sich gut verkaufbare Produkte aussuchen, sie möglichst günstig in China ordern, ihr eigenes Logo aufbringen lassen und sie dann eben auf Amazon verkaufen. Auch unter ihnen gibt es einige die wirklich große Umsätze erzielen und die ein prima Auskommen mit dem Verkauf haben.

Nachteil dieser Nischen-Sucher: Sie alle nutzen dieselben Tools wie JungleScout usw. – und diese Tools werfen auf Dauer immer ähnliche Produkte aus. Insofern dauert es immer nicht lange, bis der 123. Händler eine Faszien-Rolle und der 148. Seller einen Spiralschneider anbietet – was ja den Verkaufszahlen des Einzelnen nicht gerade zuträglich ist.

Und dann gibt es Seller wie uns, die davon überzeugt sind, dass langfristig nur der konsequente Aufbau einer starken Marke zu bleibendem und stark skalierendem Erfolg verhilft.

Außerdem glaube ich, dass den ‘Querbeet-Produkt-Verkäufern’ das Quäntchen Passion für ihre Produkte fehlt, das aus recht ordentlich verkauften Produkten richtige Burner macht. Denn nur ständige Qualitätskontrolle schafft nachhaltig exorbitant gute Qualität – und zu diesem ständigen Prozess hast Du wahrscheinlich keine Lust, wenn Du nicht für Deine Produkte brennst.

Für uns ist der Königsweg bei Amazon, eigenständig eine eigene Marke aufzubauen, die weder Amazon selbst noch andere Händler vertreiben können. Nur so kann man als Einziger zumindest theoretisch alle knapp 300 Millionen Kunden Amazons weltweit einsammeln.

Nur so kann niemand die Preise meines Produkts drücken, nur so kann niemand mein Marketing beeinflussen, meine Kunden schlecht behandeln oder in irgendeiner Form schädigend auf die gesamte Wertschöpfungskette Einfluss nehmen.

Zwar kann es Dir auch als einziger Verkäufer eines Produkts kurzzeitig passieren, dass sich ‘schwarze Schafe’ dreist mit auf Dein Listing setzen, aber dem kannst Du gemeinsam mit Amazon sehr schnell wieder einen Riegel vorschieben.

Vorausgesetzt natürlich, Du monitorst Deine Produktseiten und Deinen gesamten Verkäufer-Account regelmäßig und gründlich. Aber das musst Du sowieso. Schiefgehen kann ja immer etwas, und dann sollte man schnell handeln können, um die Umsätze nicht zu stark einbrechen zu lassen.

Es gilt also, täglich zu checken: Bin ich nach wie vor der einzige Verkäufer, ist das Produkt noch da, gibt es Reviews, die ich bearbeiten muss?

Wenn ich sehe, dass da jemand versucht, mein Produkt zu klauen, aktiviere ich sofort den Verkäufer-Support, um dem einen Riegel vorzuschieben. Dort handelt man dann in der Regel sehr schnell, aber achten auf solche Missbräuche muss ich selbst, das kann Amazon nicht bei Milliarden von Produkten.

Wenn Du der einzige Verkäufer Deiner Produkte bleibst, hast Du alles – auch die Preise – optimal unter Kontrolle.

Natu?rlich kannst Du als Produzent Deiner Ware diese auch an andere Ha?ndler zu einem reduzierten Preis statt nur zum Verkaufspreis an die Endkunden verkaufen. Damit kannst Du die Verfu?gbarkeit Deiner Produkte erho?hen, Deinen Produkten vielleicht eine gro?ßere Bekanntheit verschaffen.

Dieses Modell mit den reduzierten Preisen wird mit ‘Amazon B2B’ sehr spannend werden. In den USA ist es schon gestartet, und Händler können direkt auf Amazon zu B2B Konditionen einkaufen und wir können als Händler Rabattstaffeln hinterlegen.

Wenn es aber nicht sehr triftige Gru?nde gibt, zum Beispiel, dass Du unbedingt auch u?ber den stationa?ren Handel verkaufen willst, raten wir davon aber ab.

Denn in dem Moment hast Du nicht mehr die Hoheit über alle Schritte der Wertschöpfungskette. Zum einen treten bei Amazon die anderen Händler als Deine direkte Konkurrenz an, weil es ja zu jedem Produkt nur eine Produkt-Detailseite gibt. Und zack: Kämpfst Du für Dein eigenes Produkt um die Buy Box.

Zum anderen kann schlechte Arbeit der anderen Händler Deiner Marke schaden. Denn den Kunden ist es letztendlich egal, wer ihnen das Produkt geliefert hat – oder eben nicht – leiden tut bei Schlechtleistung immer der Ruf der Marke – also Dein Ruf.

Zu kurz Denkende werfen an dieser Stelle der Diskussion manchmal ein: “Aber niemanden anderen mein Produkt verkaufen zu lassen, verbietet doch – zumindest in Deutschland – das Kartellrecht.”

Richtig. Du verbietest ja auch niemandem den Verkauf. Aber den du allein darfst bestimmen, zu welchem Preis jemand Dein Produkt einkauft, dagegen spricht kein Gesetz.

Und wenn Dein Produkt nur auf Amazon und nur zum von Dir selbst bestimmten Verkaufspreis erhältlich ist, wird kein Händler größere Mengen kaufen, um sie weiterzuverkaufen, denn er macht entweder ein fettes Minusgeschäft, wenn er die Produkte günstiger weiterverkauft als Du und als sein Einkaufspreis liegt.

Oder er bleibt auf der Ware sitzen, weil er die Ware exorbitant teurer verkaufen muss als Du selbst das tust. So blöd ist kein Händler.

Welche Vorteile hat man als Marketplace Seller bzw. als Vendor?
Grundsätzlich denken wir, dass man als Marketplace Seller deutlich mehr Vorteile hat als als Vendor.

Der wichtigste Unterschied: Als Marketplace Seller ist man Kunde von Amazon, Amazon ist also der Dienstleister des Sellers ist, der gegen eine Provision Plattform und Logistik zur Verfügung stellt.
Und natürlich ist der Dienstleister Amazon immer darum bemüht, den Marketplace Seller als Verkäufer zufriedenzustellen. Amazon kümmert sich also sehr gut um die Bedürfnisse der Marketplace Seller.

Als Vendor aber ist Amazon Dein Kunde und Du bist der Verkäufer, der seine Ware an Amazon verkauft, seinen Kunden also glücklich machen muss. Und dieser Kunde ist riesig und wird seine Größe auch ausspielen. Die Frage nach einer Partnerschaft auf Augenhöhe stellt sich hier also nicht wirklich.

Amazon kann ob seiner Marktmacht – wie alle Großen – Regeln nach der Prämisse aufstellen: Friss oder stirb. Insofern ist die Rolle des Verkäufers AN Amazon eine etwas undankbare. Ein paar Beispiele:

Auszahlungs-Rhythmus: Als Marketplace Seller bekommst du normalerweise 7- bis 14-täglich Deine Auszahlung, unter Umständen kannst du Deine Auszahlungen sogar täglich abrufen.

Bist du Vendor, bittet sich Amazon 60, unter Umständen sogar 90 Tage Zahlungsziel aus. Du gehst als Vendor also viel länger in Vorleistung.

Preishoheit: Als Marketplace-Händler hast Du die Preishoheit, kannst also frei bestimmen, zu welchem Preis du jeweils verkaufst. Bist du Vendor, hat Amazon die Preishoheit und entscheidet, zu welchem Verkaufspreis das Produkt an die Endkunden geht.

Es kann durchaus passieren, dass es Amazon einfällt, Deine Produkte auch mal zu sehr niedrigen Preisen, zum Teil sogar unter Einkaufspreis zu verkaufen. Das kostet Dich dann viel Geld, denn Du wirst anderswo, zum Beispiel im eigenen Webshop, Deine Produkte nicht mehr zum Normalpreis los.

Logistische und Liquiditäts-Hoheit: Als Marketplace-Händler bestimmst Du selbst, wie viele Einheiten welcher Produkte Du in welches Amazon-Lager schickst, um die Produkte nach Verkauf durch Amazon an die Endkunden schicken zu lassen. Das ist nicht nur aus logistischen Gründen wichtig.

Du kannst Dich als Marketplace-Händler auch dafür entscheiden, zwischenzeitlich mal für das eine oder andere Produkt out of stock zu gehen, wenn Deine Liquidität gerade keine Nachproduktion zulässt.

Amazon jedoch will just-in-time einkaufen, um seine Lagerkapazitäten und seine Liquidität zu schonen. Mit hochkomplexen Tools werden Preise und Lagerzeiten gecheckt. Und dann teilt man Dir als Vendor oft sehr kurzfristig mit, wie viel Du wo hin zu liefern hast. Du hast darauf keinen Einfluss. Und wenn Du nicht lieferst, bekommst Du ein Problem mit Amazon. Amazon setzt als Dein Kunde seine Interessen konsequent um.

Vorteil Planungssicherheit : Allerdings steckt in der hochkomplexen Analyse von Amazon auch ein Vorteil für Dich als Vendor: Du bekommst in Form ziemlich realistisch hochgerechneter Zahlen mitgeteilt, was Du in der nächsten Zeit produzieren und ggfs. selbst einkaufen musst. Diese Zahlen müsstest Du als Marketplace Händler selbst ermitteln.

Zwar gibt es zu dieser Berechnung auch immer mehr Inventory-Management-Tools, die aber nicht in der Detailtiefe arbeiten wie Amazon im Retailbereich das selbst macht.

Amazon hat im letzten Seller Central-Update ein eigenes Tool bereit gestellt, welches hilft, das Inventory korrekt zu bestimmen. Amazon hat ja selbst das größte Interesse daran, dass die Markeplace-Händler nicht seine Lager verstopfen.

Targeting-Möglichkeit: Als Marketplace-Seller bekommst du natürlich alle Kundendaten, sprich, du hast eine verschlüsselte E-Mail-Adresse, an die du die Rechnung schicken musst. Die Rechnung muss ja nicht direkt dem Produkt beiliegen. Du bekommst also alle Kunden-Daten.

Als Retailer hast du keine Ahnung, wer deine Produkte kauft. Ein Targeting ist nicht möglich. Du kennst deine Zielgruppe nicht, kannst nichts dazulernen.

Logistische Anforderungen: Da Amazon dein Kunde ist, hat Du als Vendor viel höhere Auflagen, was Deine Lieferungen betrifft. Du musst die gewünschte Verpackung benutzen und alles punktgenau liefern, ansonsten gibt es gleich Straf-Abschläge.

Im Market Place gibt es das noch nicht. Da ist es eher so, dass wir als Händler fragen: “Wieso hast Du, Amazon, das nicht angenommen, nicht vernünftig eingebucht etc.”, weil WIR der Kunde sind.

Amazon kommt eher aus der Retail-Ecke und hat von Anfang an einen hohen Standard an die Händler gestellt, aber in dem Bereich ist Amazon recht kulant. Zwar wurden wir auch schon vor’m Lager wieder weggeschickt, weil der Fahrer nicht gemocht wurde oder so – aber man bekommt als Marketplace-Händler zumindest keine Strafen, wenn man mal zu spät ist.

Hoheit über die Produkt-Detailseite: Ein ganz wichtiger Vorteil als Marketplace-Seller ist, dass man die Produkt-Detailseiten viel stärker beeinflussen und nachträglich immer wieder verändern kann: Bilder, Keywords, Überschriften – als Retailer sind nachträgliche Optimierungen kaum möglich.

Support: Als Marketplace Seller hast Du eine ganz Schar an Leuten, die Dir im Seller-Support helfen. Wie gesagt, als Marketplace Verkäufer bist Du Kunde und WIE wichtig Amazon exzellenter Kunden-Support ist, wissen wir alle.

Für Vendoren gibt es noch keinen wirklich guten Service, sucht man Hilfe, ist man bei Amazon immer einer unter vielen und Amazon lässt es sich teuer bezahlen, wenn man als Retailer einen eigenen Betreuer haben möchte. Außerdem bist Du in diesem Fall ja der Lieferant, und der Kunde muss Dich sozusagen gegen seine eigenen Interessen vertreten, das ist schon paradox.

Verkauf auch an nicht-EU-Staaten: Im Gegensatz zu Marketplace Sellern stehen Vendoren auch die europäischen Märkte der Nicht-EU-Staaten offen. Amazon verkauft z.B. auch in die Schweiz, damit erreichst Du als Retailer zumindest indirekt auch die Klientel dort. Die Möglichkeit hast Du als Marketplace Seller (noch) nicht.

Allerdings gibt es inzwischen ja diverse Dienstleister, die den Versand von Deutschland in die Schweiz anbieten – insofern kann man die Käufer dieses sehr kleinen aber zahlungskräftigen Markts auch erreichen, wenn man Marketplace Seller ist.

Kalkulations-Sicherheit: Als Marketplace Seller weißt Du, vorausgesetzt, Du führst ordentlich Buch, genau über Deine Umsätze und Gewinne Bescheid. Du weißt vorher, wie viel Provision, Lagergebühr etc. Amazon zu bekommen bzw. gleich einzubehalten hat und kannst damit Cent-genau kalkulieren.

Als Vendor kann es Dir – übrigens jedes Jahr wieder – passieren, dass Amazon nachverhandelt: “Hey, die Verkäufe der Produkte, die wir von dir dieses Jahr gekauft haben, liefen besser, als wir vorab angenommen haben. Deshalb möchten wir, dass du uns rückwirkend noch einmal 5 Prozent Nachlass auf alle Verkäufe in diesem Jahr gibst. Sonst nehmen wir Dir nächstes Jahr keine Waren mehr ab.” – Mit diesem Vorgehen bildet Amazon übrigens keine Ausnahme, das ist die Regel bei allen großen Playern.

Amazon Vine: Amazon Vine – Club der Produkttester ist ein Programm von Amazon, mit dem man legal Produkt-Rezensionen kaufen kann. Die von Amazon eigeladenen Rezensenten verpflichten sich, Produkte unvoreingenommen zu bewerten und erhalten diese im Gegenzug gratis. Vine steht bisher nur Vendoren zur Verfügung, nicht Marketplace Sellern.

Aber es gibt für Marketplace Seller ja zig andre Möglichkeiten, Rezensionen für ihre Produkte zu bekommen – wobei paid reviews noch nie eine gute Idee waren, auch wenn Amazon erst jetzt verstärkten dagegen vorgeht.

Zusammengefasst hast Du meiner Meinung nach als Marketplace Seller um Längen mehr Vorteile als als Vendor. Und die wenigen Vorteile, die Vendoren haben, lassen sich mit kleinen Workarounds bestens ausgleichen.

Einmal Vendor, immer Vendor? Oder gibt es Wege zurück?
Viele sind Amazons Ruf gefolgt, doch vom Marketplace Seller zum Vendor zu werden und statt an die Endkunden zukünftig große Chargen direkt an Amazon zu verkaufen. Wie wir gesehen haben, hat das Dasein als Vendor ja doch diverse Nachteile gegenüber dem eines Marketplace Sellers.

Viele glauben, dass es keinen Weg zurück gibt. Aber doch, es gibt Wege ‘zurück’, die allerdings sind steinig.

Entweder Du eröffnest einen neuen Marketplace Seller-Account und fährst beide Programme parallel: Verkaufst Deine Ware als Vendor an Amazon und als Marketplace Seller an die Endkunden.

Nachteil dabei: Du machst Dir im Prinzip selbst Konkurrenz und Amazon hat in Sachen Pricing einfach den längeren Atem.
Die zweite Möglichkeit ist, dass Du einfach nicht mehr direkt an Amazon verkaufst. Hast Du aber andere Großhändler in Deinem Vertriebsnetz, kann es sein, dass Amazon bei denen kauft und Du indirekt immer noch an Amazon verkaufst.

Es kann dir also immer noch passieren, dass Amazon bei den Distributoren einkauft oder Händler bei Dir einkaufen, die auch auf Amazon Market Place sind.

Diese Situationen wirst du nie verhindern können, wenn dein Verkaufs-Modell Distributoren und Großhandel einschließt.

Deshalb auch hier der Tipp: Sei der einzige, der verkauft, und verkaufe nur auf Amazon. Dann hast du die Probleme alle nicht.

Das Preisniveau  kann nur gehalten werden, wenn ich als Hersteller einziger Verkäufer an den Endkunden bin. 
Sobald es Zwischenhändler, Distributoren usw. gibt, kannst Du deinen Preis weder als Vendor noch als Marketplac-Seller halten, da dich jeder andere Händler (Amazon Retail oder andere Marketplace-Händler) bei Deinen Produkten auf Amazon unterbieten können.
Auch die Strategie, gar nicht auf Amazon Marketplace zu verkaufen oder gar nicht an Amazon Retail zu verkaufen, verlagert den Preiskampf nur auf andere Plattformen (Google Shopping, Idealo, Webshops) die sich gegenseitig unterbieten, bis es nicht mehr geht…

Zur Person

Kai Klement (links) ist zusammen mit Jörg Kundrath Gründer der Marke KAVAJ. Auf Amazon – und nur auf Amazon – gibt es von KAVAJ “hochwertige und multifunktionale Designer-Taschen und Accessoires für iPads, iPhones und andere mobile Endgeräte.”
Die beiden kennen sich schon seit der Uni, arbeiteten zeitgleich bei Amazon und gründeten 2011 ihr Unternehmen. Inzwischen gehört KAVAJ zu den führenden Herstellern von Leder Cases in Deutschland, UK und den USA. Es wurden inzwischen über 400.000 Cases verkauft, die über 12 Millionen US$ Umsatz generierten.

Passend zum Thema: Im Artikel Kostenlose E-Books: E-Mail-Marketing-Tipps vom Feinsten haben wir unter anderem das 162-seitige englisch-sprachige kostenlose E-Book der beiden KAVAJ-Gründer vorgestellt: Joerg Kundrath & Kai Klement: The KAVAJ Case. Absolut lesenswert!

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