Startups im Rheinland: Mittelstand trifft Piraten
Vor etwa einem Jahr stürzte ich mich in die Berliner Startupszene, in die Welt zwischen die -Mondos und –Ifys der neuen Wirtschaft, zwischen Skalierung und Monetarisierung, zwischen KPIs und Selling Proposition. Ein bisschen wie der Englishman in New York. Heute, während der Berliner Himmel grau und schwer knapp über den Dächern hängt, kann ich lächelnd zurücksehen.
Berlins Ökosystem ist vielseitig, gut vernetzt und organisiert und mit ein bisschen Engagement hat man schnell den Dreh raus. Während ich vor einem Jahr noch versuchte, auf jeder Spätschicht und jeder GTEC-Lecture und einmal die Woche in der Factory zu sein, muss ich mich heute entscheiden, für was ich Zeit einräumen kann. Die Gründer in Berlin kennen sich, die Politik freut sich über die Vernetzung mit den Unternehmern und bekommt gern ein bisschen Aufbruchs-Glitzer der jungen Wilden ab. Gut, was die Finanzierung angeht, haben wir noch Luft nach oben.
Aber wie sieht es eigentlich in anderen Städten oder Ballungsgebieten in Deutschland aus? Von Hamburg und München hören wir hin und wieder Startup-Neuigkeiten, aber die Mitte Deutschlands lassen wir zum Beispiel ziemlich außen vor. Deshalb sind Svenja und ich vom Blog-Team einfach mal für zwei Tage nach Köln gefahren. Nicht ganz so zufällig gerade rechtzeitig für den Pirate Summit, der sich „Europas verrücktestes Startup-Event“ auf die Fahnen schreibt. Nicht genug Zeit um sich dort zu Hause zu fühlen – oder?
Ein paar Tage mehr hätte es sicher gebraucht, um den ganzen Überblick zu bekommen. Aber Christian Weis von der StartupCon, Carolin Gattermann vom Startplatz, Helen Schmitt vom Pirate Summit, Nora, Joshua, Christin und Thomas, die Gründer mit denen wir gesprochen haben und Tobias Kollmann von der Digitalen Wirtschaft NRW haben uns definitiv das Gefühl gegeben, dazu zu gehören.
Zwischen Mittelstand und Arbeiterkultur bewegt sich die rheinländische Startupwelt, man möchte nicht das nächste Silicon Valley sein oder das nächste Berlin, so Manuel Koelmann, einer der Pirate-Summit-Gründer. Darum geht es den Kölnern und Düsseldorfern nicht. Viel eher stellt man sich den digitalen Herausforderungen von morgen. Die Politik in Nordrhein-Westfalen ist – ebenso wie in Berlin – angetan von der neuen Generation Unternehmer. Das Bundesland unternimmt vieles, um den neuen Mittelstand zu unterstützen und zu vernetzen. Nur mit der Finanzierung, das ist so eine Sache für sich, da sind sich alle einig. Der Weitblick fehlt trotzdem nicht – die Rheinländer denken europäisch, so Tobias Kollmann.
Neben der bodenständigen Haltung der Rheinländer blitzt wunderbarerweise immer wieder die Lust aufs Loslassen, aufs Verkleiden und Feiern durch. Am Ende des ersten Tages für Piraten wird der Burning Man angezündet, der für all die Sorgen und Nöte steht, die einen Gründer tagtäglich plagen. Eine Tradition aus dem Karneval, erklärt Manuel. Anders als in Berlin kommen die Gründer seltener zusammen. Aber wenn, dann wird schon mal ein goldener Anzug oder ein Motorenkostüm aus Schaumstoff getragen – auch bei 30 Grad im Schatten. Man ist Pirat, Veränderer, Macher. Arrrr!
Dieses Arrrr hatte ich noch die ganzen vier Stunden der Rückfahrt per Zug im Kopf. Probiert das mal aus! Wenn etwas Nachdruck braucht und irgendwie Motivation ausdrücken soll, einfach laut und deutlich Arrrrrr in die Welt posaunen. Das steckt tatsächlich ziemlich an!
Um euch die Eindrücke nicht vorzuenthalten, hat Svenja aus unserer Exkursion ein Video gezaubert, das wir euch nicht vorenthalten wollen. Daher: Licht aus und Film ab – und rein in die Gründerszene des Rheinlandes!
Zur Autorin
Cristin Liekfeldt bloggt für die Crowdinvesting-Plattform Companisto in Berlin. Sie ist für den Startup-Finanzierer in der Startup-Szene unterwegs und schreibt über Themen rund um Entrepreneurship – Startups – Innovation und Zukunftsmusik.
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