Alexander Henn im Interview

Shore digitalisiert Dienstleister – “Einige sind skeptisch”

"Vielen Dienstleistern ist noch nicht klar, dass sie durch digitale Lösungen, beispielsweise bei der Kunden- oder Mitarbeiterverwaltung oder einem Kassensystem, viel effizienter arbeiten und ihre Umsätze steigern können", sagt Alexander Henn von Shore.
Shore digitalisiert Dienstleister – “Einige sind skeptisch”
Montag, 19. September 2016VonAlexander Hüsing

Das Münchner Shore (ehemals Termine24) ist trotz seiner gewichtigen Investoren – unter anderem Metro, Funke Mediengruppe und den zalando-Gründern – fast noch ein Hidden Champion. Den wenigsten dürfte auf Anhieb bekannt sein, dass das Start-up bereits über 200 Mitarbeiter beschäftigt. Das junge Unternehmen, das 2012 von Alexander Henn und Philip Magoulas gegründet wurde, bietet eine Software an, mit der unter anderem Friseure, Sportanbieter und Ärzte ihr Kundenmanagement Kassensystem und Marketing meistern können. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Shore-Mitgründer Henn über Unternehmenskulturen, Werte und die Wohnungssuche.

Bei Shore arbeiten bereits über 200 Mitarbeiter. Bei Start-ups, die schnell wachsen, bleibt die Unternehmenskultur oft auf der Strecke. Gibt es eine interne Kultur, die alle Mitarbeiter bei Shore beigebracht bekommen?
Die Unternehmenskultur hat bei uns einen sehr hohen Stellenwert. Das fängt bei der Einstellung neuer Mitarbeiter an. Hier zählt nicht nur die fachliche Qualifikation; sie müssen auch charakterlich zu Shore und dem jeweiligen Team passen.

Und wie findet man Mitarbeiter, die perfekt zum Team passen?
Wir haben unterschiedliche Methoden zur Identifizierung der fachlichen und personenbezogenen Eigenschaften. Eine Einstellungsentscheidung erfolgt bei uns dabei nie nach nur einem geführten Interview. Zudem muss die Entscheidung für einen neuen Mitarbeiter immer auf dem Konsens mehrerer Interviewer basieren. Dabei legen wir besonderen Wert darauf, dass die Persönlichkeit zu Shore passt und legen dem ganzen Prozess drei entscheidende Werte zugrunde: Courage, Inclusiveness und Engagement.

Beschreiben Sie uns einmal die Unternehmenskultur, die Sie bei Shore leben?
Uns zeichnet sicher aus, dass wir, unterm Strich, eine ausgewogene Work-Life-Balance ermöglichen – anders als bei vielen anderen Start-ups. Darüber hin aus bieten wir unseren Mitarbeitern verschiedene Freizeit-Angebote, beispielsweise Fußball in der Halle oder die Nutzung eines Fitnessstudios. Team-Events sowie gemeinsame Veranstaltungen haben bei uns große Bedeutung. Für neue Kollegen haben wir vor Kurzem ein Buddy-Programm auf den Weg gebracht, bei dem sie durch erfahrenere Kollegen unterstützt werden. Und neue Mitarbeiter aus dem Ausland versuchen wir durch kostenlose Deutsch- und Englisch-Kurse die Eingliederung zu erleichtern. Darüber hinaus helfen wir ihnen bei der Wohnungssuche.

Zahlt sich dieses Rundum-sorglos-Paket aus?
Absolut. Damit man als Arbeitgeber attraktiv für seine Mitarbeiter bleibt und interessant für potentielle Bewerber wird, reicht es nicht mehr aus, einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und interessante Aufgaben für seine Mitarbeiter zu bieten. Gerade im IT-Umfeld sind die Ansprüche der Bewerber weitaus höher. Die angebotenen Sprachkurse sind hier beispielsweise ein starkes Plus für unser international aufgestelltes Team.

Shore tritt an, um Friseure, Sportanbieter, Ärzte und Handwerksbetriebe zu digitalisieren. Wie genau sieht diese Digitalisierung aus?
Es geht im Wesentlichen darum, Kunden zu Stammkunden zu machen und die Frequenz ihrer Besuche zu erhöhen. Darüber hinaus soll das Kunden- und Mitarbeiter-Management einfacher und effizienter gestaltet werden. Hierbei bieten wir verschiedenste Digitalisierungs-Lösungen: Online-Terminbuchung, ein schlankes Customer Relationship Management, unkomplizierte Marketing-Tools, ein digitales Kassensystem, Tools zur Verwaltung von Schichten und vieles mehr.

Wie digital sind denn die Friseure, Ärzte und Handwerksbetriebe in Deutschland derzeit?
Es gibt hier noch großen Nachholbedarf. Viele dieser kleinen Dienstleister haben noch nicht realisiert, mit welchen Chancen und Möglichkeiten die Digitalisierung verknüpft ist. Einige sind auch aufgrund mangelnder IT-Kenntnisse skeptisch. Das Bewusstsein für dieses Thema steigt, wie man beispielsweise bei Restaurants und Ärzten sieht, die immer öfter online buchbar sind. Aber bis die Digitalisierung flächendeckend bei diesen Betrieben angekommen ist, wird es noch dauern. Vielen Dienstleistern ist noch nicht klar, dass sie durch digitale Lösungen, beispielsweise bei der Kunden- oder Mitarbeiterverwaltung oder einem Kassensystem, viel effizienter arbeiten und ihre Umsätze steigern können.

Gerade investierten unter anderem die Metro, Funke Mediengruppe sowie die zalando-Gründer Robert Gentz, David Schneider und Rubin Ritter 20 Millionen Euro in Shore. Was erhoffen Sie sich von ihren neuen Investoren?
Diese Investitionen geben uns die Möglichkeit, noch stärker und gezielt in strategisch wichtigen Bereichen zu investieren. Dabei haben wir insbesondere zwei wichtige Schwerpunkte: Zum einen werden wir noch stärker in die Produktentwicklung investieren, um unsere Software-Lösungen noch stärker zu machen und weitere Features anbieten zu können. Zudem wollen wir unsere Internationalisierung weiter voranbringen. Dabei spielen vor allem die USA eine entscheidende Rolle, wo wir unser erstes Büro in Los Angeles eröffnet haben.

Blicken Sie bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schiefgegangen?
Wie jedes Unternehmen machen auch wir Fehler, aber ich denke nicht, dass etwas richtig schiefgegangen ist. Wir haben aber sicher lernen müssen, dass Märkte schwer zu prognostizieren sind. Manche Länder haben sich nicht so entwickelt, wie gewünscht. Gleichzeitig haben sich manche Märkte aber auch besser dargestellt als prognostiziert. Am Ende sollte man diese Fehler immer als Teil eines Lernprozesses sehen – und sie nicht zweimal machen.

Und wo haben Sie alles richtig gemacht?
Ob wir irgendwo alles richtig gemacht haben, kann ich nur schwer sagen. Man findet immer etwas, das noch besser werden kann. Aber wir hatten am Ende die richtige Geschäftsidee und lagen goldrichtig in der Ausrichtung auf kleine, lokale Dienstleister. Dabei hat sich unser Produkt hervorragend entwickelt. Wir bieten heute ausgereifte und umfassende Digitalisierungslösungen für kleine, lokale Dienstleister und wir wissen, dass sie unsere Kunden umfassend dabei unterstützen, ihr Geschäft noch effizienter und erfolgreicher zu gestalten. Darüber hinaus ist es uns gelungen, ein wirklich tolles Team aufzubauen, das einen großartigen Job macht.

Wo steht Shore in einem Jahr?
Ich bin überzeugt, dass wir uns genauso erfolgreich weiterentwickeln wie in den letzten Jahren. Wir werden auf neuen Märkten präsent sein, vor allem unser US-Geschäft massiv ausgebaut und unser Produktportfolio erweitert haben.

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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.