Zu Besuch im Wertheim

Einen Steinwurf vom Startup-Hub entfernt

Ein neues Konzept macht in Köln von sich reden: Das Wertheim setzt auf sechs Etagen ein Mischkonzept aus Coworkingspace, Eventspace, Teambüros, Boarding House und Kindertagesstätte um. Die ersten Mieter sind bereits eingezogen, eine Kooperation mit dem Inkubator Startplatz ermöglicht via Richtantenne Internet.
Einen Steinwurf vom Startup-Hub entfernt
Freitag, 26. August 2016VonThomas Riedel

Wer Oliver Struch (Geschäftsführender Gesellschafter), Kathrin Labza (Geschäftsführerin) oder Esther Den Ouden (Kultur und Eventmanagement) zum Wertheim befragt, der merkt schnell, das die drei bis eben noch bis über beide Ohren mit dem Umbau des mittlerweile sechsgeschossigen Gebäudes beschäftigt waren. Sie erzählen von Baustopps und den Beschwerden der Nachbarn über den Baulärm, vom Wassereinbruch während des verregneten Sommers 2014, der wahnwitzigen Geschichte um das historische Massivholz-Treppenhaus, das eigentlich hätte rausgerissen werden sollen und einer alles andere als glattgelaufenen Finanzierung. Jetzt stehen sie in einem für Besucher so gut wie perfekt wirkenden Gebäude und sehen noch immer viele Kleinigkeiten die es zu tun gibt.

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Mischkonzept auf hohem Niveau

Das Wertheim ist ein Mischkonzept, welches sich erst in der dreijährigen Bauphase entwickelt hat. Ursprünglich als Boarding House geplant, haben sich Oliver Struch und Kathrin Labza auch von den Needs des Freundeskreises anregen lassen. So vereint das aus dem 18. Jahrhundert stammende und zu einer modernen Plattform umgebaute und aufgestockte Gebäude Lounge, Bar, Coworking, Seminarräume, Eventspace, Boardingroom und sogar eine Kindertagesstätte, die bald eröffnet werden soll. Dass sich das Wertheim als Teil der Kreativ- und Startup-Szene sieht, zeigen nicht nur die zahlreichen Gemälde an den Wänden: Das Internet bezieht der Space momentan noch über eine Kooperation mit dem Inkubator und Coworkingspace Startplatz. Da die Dächer der beiden Spaces Sichtkontakt haben, teilen sie sich einen Internetanschluss über eine Richtantenne.

Von Maker, Sport-Apps und innovativem Content Marketing

An diesem Abend hat Struch zur 17. Creative Couch geladen, einem Eventformat, das ursprünglich für das Wertheim konzipiert, aber aufgrund der baulichen Situation 16 Mal in unterschiedlichen Locations in ganz Köln stattfinden musste. Nicht zum Schaden für das Vorhaben. Denn dadurch konnte das Team das nötige Netzwerk aufbauen. Knapp 60 Gäste sind gekommen, um sich das Projekt “WeareMaker” vorstellen zu lassen, dass ein Shop für lokal hergestellte Produkte sein will und den Verkauf durch hochwertige Berichte, Bildstrecken und Videos ankurbeln will. Zwar gebe es noch keinen Business-Plan, so die Macher, die mit dem Schwester-Projekt “WeareCity” bekannt geworden sind. Sie hätten Lust darauf gehabt, erzählen sie im Event-Space des Wertheim, und einfach losgelegt.

Die 17. Creative Couch im Event-Space des Wertheim

Die 17. Creative Couch im Event-Space des Wertheim

Für Fausto Lorfeo von Teametic ist seine App, mit der sich Team-Partner für jede erdenkliche Sportart finden lassen sollen, der erste Gehversuch in der Startup-Szene. Auf ihn prasseln die üblichen Fragen der Gäste nach Entstehung des Namens, Marketingstrategie und Businessplan ein, die er mal mehr oder weniger gut beantworten kann. Eines ist der Abend schon jetzt für ihn: Der offizielle Start des Marketings für die App, die bisher zwar schon verfügbar aber für das Bugfixing nur an wenige rausgegangen ist.

Es folgen zwei weitere kurzweilige Vorträge. Mela Chu stellt ihre Beratungsagentur The Innovation Radicals vor. Sie testeten als eine der ersten die Küche des Boardingrooms im Dachgeschoss für einen Kreativ-Workshop. Axel Post erklärt Content Thinking, einer Canvas-Methode ähnlich dem Business Modell Canvas aber für Content Marketing, das er bereits erfolgreich für Kunden einsetzen konnte und in Workshops im Wertheim anbietet.

© Sebastian Isiyel

© Sebastian Isiyel

Rege Nachfrage bereits vorhanden

Obwohl das Team aufgrund der massiven Baumaßnahmen bislang kaum dazu kam, sich um das Marketing zu kümmern, reicht ihr Netzwerk schon aus, um Nachfrage zu generieren. Für alle Nutzungsformen gibt es bereits reges Interesse. So finden bereits regelmäßig Workshops und Events statt. Noch sind es wenige Coworker die das Wertheim besuchen. Es kämen aber mehr und mehr Gäste einfach mal vorbei, um die unterschiedlichen Etagen zu besichtigen, erklärt Kathrin Labza.

Zu den ersten Mietern gehört die App-Agentur Widgetlabs, die mit acht Personen in die zweite Etage eingezogen ist. “Für uns sind die großzügigen und offenen Räume einfach perfekt. Das moderne Flair und die Liebe zum Detail kann bislang kein Coworkingspace in Köln bieten.” So Lutz Grätz von Widgetlabs. Die Agentur hat sich auf die Erstellung von Apps im InsurTech-Bereich spezialisiert.

© Wertheim Boarding House GmbH

© Wertheim Boarding House GmbH

Das Wertheim soll der Coworkingspace Kölns werden

Die Ziele der Geschäftsführerin Kathrin Labza, die eigentlich Innenarchitektin ist und diese Aufgaben beim Umbau übernommen hat, sind klar: Das Wertheim soll der Coworkingspace in Köln werden. Fokus liege nun in der Vermarktung der 40 Fix-Desks in den ersten drei Etagen, sowie die Vermietung der Tagungsräume und Serviced Appartments, erklärt sie. Während in Berlin oder New York Coworking nur eine Ergänzung sei, wolle das Wertheim Heimat für nationale und internationale digitale Nomaden werden. Damit liegen sie in Köln im Trend: Innerhalb des letzten Jahres dürften sich die Coworking-Angebote in der Stadt am Rhein verdoppelt haben. (Siehe Coworkingmap)

Die Gäste der Creative Couch waren vom Wertheim auf jeden Fall schon mal sehr angetan. Die letzten Gäste verließen erst um Mitternacht das Wertheim.

Wertheim

Thomas Riedel

Thomas Riedel, Online-Redakteur von deutsche-startups.de und dem neuen Schwestermagazin digitale-leute.de und arbeitet seit 2005 als Journalist. Schon während seinem Volontariat bei einem regionalen Familienmagazin bloggt er über die Tech-Szene und baut den Online-Kalender Nerdhub auf, der deutschlandweit Termine agreggiert. Einen Namen machte er sich als Beobachter der regionalen Tech-Szene in NRW.