Marketing und FinTech: Zu hip kann teuer werden
Für junge wachstumsorientierte Unternehmen ist gutes Marketing besonders wichtig. Doch im Online-Bereich ist der Wettbewerb um Aufmerksamkeit groß, weshalb gerade Start-Ups und ihre Werber oft versucht sind, gleich aus dem Vollen zu schöpfen: Ein sexy präsentiertes Produkt auf der Website, eine hip gestaltete Anzeige frei nach dem Motto „Hauptsache auffallen“? Speziell für FinTechs kann hier der Schuss nach hinten losgehen.
Nicht alles, was gefällt, ist auch erlaubt
Wenn es um Finanzen geht, ist eine coole, leicht eingängige Außendarstellung abzuwägen gegenüber dem Kundenwunsch nach Sicherheit und Seriosität des Anbieters. Hinzu kommt der mahnende Finger des Juristen: Nicht alles, was aus Marketingsicht Sinn ergibt, ist nämlich auch rechtlich erlaubt. Neben den Regeln, die für alle Branchen gelten, wie zum Beispiel dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, kurz UWG, dem Telemediengesetz sowie dem Urheber-, Marken- und Datenschutzrecht, müssen FinTechs, die über eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz verfügen oder als Finanzanlagenvermittler zugelassen sind, einige Sonderregelungen für die Finanzbranche beachten.
Allgemeine Regeln für das Online-Marketing
Das UWG zählt eine Reihe von rechtlichen No Gos mit Blick auf Werbemaßnahmen auf. Dazu zählen zum Beispiel falsche Angaben im Zusammenhang mit staatlichen Zertifizierungen, das Erzeugen von „Drucksituationen“ gegenüber den Kunden oder die Verwendung von Gütezeichen ohne die erforderliche Genehmigung. Darüber hinaus regelt das Gesetz, welches Marktverhalten generell erlaubt bzw. verboten ist. Verboten ist insbesondere irreführende Werbung, wobei sich der Maßstab am jeweiligen Empfänger orientiert. Richtet sich eine Marketingaktion im Finanzsektor an einen mit Finanzthemen unerfahrenen Kunden, ist genau zu überlegen, welche Inhalte zulässig sind. Dabei können sowohl die Angabe als auch das Vorenthalten von Informationen als „irreführend“ einzustufen sein.
Nicht erlaubt ist auch die unzumutbare Belästigung von Kunden durch Werbung. Die Kontaktaufnahme per E-Mail oder Telefon darf grundsätzlich nur erfolgen, wenn der Empfänger eingewilligt hat. Ein FinTech, das eine E-Mail-Adresse nutzen möchte, muss also zunächst eine Mail mit einem Bestätigungslink versenden – erst wenn der Empfänger bestätigt hat, darf der Kontakt zu werblichen Zwecken genutzt werden (sog. Double Opt-In). Ausnahme: Es haben schon vorher Verkaufsgespräche stattgefunden, bei denen der Kunde seine E-Mail-Adresse angegeben hat.
Sonderregeln im Finanzsektor
Für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute ebenso wie für Finanzanlagevermittler gelten zudem Sonderregelungen, die teilweise über die allgemeinen Vorschriften hinausgehen. So müssen Angaben im Zusammenhang mit einer Finanzanlage bzw. einem Finanzprodukt verständlich, redlich, eindeutig und nicht irreführend sein. Das bedeutet zum Beispiel, dass gegenüber Privatkunden die Vorteile eines Finanzprodukts nur unter gleichzeitigem Hinweis auf die Risiken betont werden dürfen; die Risiken dürfen dabei nicht verharmlost oder beschönigt werden. Vergleiche müssen stets aussagekräftig und ausgewogen sein. Für den Fall, dass es später zu einem Konflikt kommt, müssen Werbematerialien für eine bestimmte Zeit aufbewahrt werden. Es gelten bestimmte Vorgaben für die Darstellung vergangener und zukünftiger Wertentwicklungen. Und auch steuerliche Hinweise sowie Aussagen zu Provisionen, Gebühren und anderen Entgelten müssen im Blick behalten werden.
Gerade Informationen, die über das Internet verbreitet werden, müssen letztlich fortlaufend aktualisiert werden – eine veraltete Information kann durchaus schon als Irreführung der Kunden gewertet werden. Es ist daher ratsam, jede veröffentlichte Information bzw. Online-Darstellung mit einem Erstellungsdatum zu versehen. Schließlich sollten FinTechs beachten, dass grundsätzlich nur Kunden in den Ländern gezielt durch Werbung angesprochen werden dürfen, für die das Unternehmen auch eine entsprechende aufsichtsrechtliche Erlaubnis hat.
Rechtsfolgen eines Verstoßes
Rechtsverstöße können unterschiedliche Folgen haben, je nach Gegenstand und Schwere des Verstoßes. So können Verstöße gegen das UWG dazu führen, dass ein Wettbewerber einen Unterlassungsanspruch geltend macht. Eine aufwändig geplante Kampagne kann dadurch sehr schnell gestoppt werden. Es ist dann nicht nur das Budget für die nicht mehr einsetzbare Werbung verloren, sondern auch ein Rechtsstreit kann richtig teuer werden.
Im Finanzsektor kann letztlich auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), bestimmte Marketingmaßnahmen verbieten. Dies ist in der Vergangenheit im Falle des „Cold Callings“ geschehen.
Verstößt ein Unternehmen wiederholt und eindeutig gegen die Vorschriften, nährt das Zweifel an seiner Zuverlässigkeit. Wenn sich das FinTech gerade erst im Stadium des Lizenzantrags befindet oder die Behörden die Verlässlichkeit des Inhabers prüfen (sog. Inhaberkontrollverfahren), kann die eigentlich geplante Erfolgsstory dann ein jähes Ende haben, noch bevor sie richtig begonnen hat.
Zu den Autoren
Alexander Behrens und Ulrich Worm sind Partner im Frankfurter Büro der Kanzlei Mayer Brown. Behrens ist spezialisiert im Bereich Banking & Finance, Worm ist schwerpunktmäßig im gewerblichen Rechtschutz tätig. Gemeinsam beraten sie zu Themen aus dem Bereich der Finanztechnologie, die sowohl für FinTechs als auch für Banken relevant sind.
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