Intensivnutzer nicht erwünscht

Kündigungen: Number26 redet endlich Tacheles

Mehrere Tage haben die Number26-Macher - bis auf eine ungeschickte Presseaussendung - geschwiegen. Nun schmeißt das Start-up endlich seine Krisen-PR an. Dabei bestätigt das Unternehmen die bisherigen Vermutungen, dass die gekündigten Nutzer ihr Konto zu intensiv genutzt hätten.
Kündigungen: Number26 redet endlich Tacheles
Sonntag, 5. Juni 2016VonAlexander

Die Kündigungen bei Number26, das rund 160.000 Kunden hat, waren der Aufreger der vergangenen Tage in der Start-up-Szene – siehe “Hier ist der Kunde nicht König – Number26 wirft Kunden raus und versagt bei Krisen-PR“. Nach der ungeschickten ersten Presseaussendung, die das Start-up verteilte, folgt nun endlich eine vernünftige Stellungnahme. Darin teilt das FinTech-Unternehmen, dass mit dem Satz “Mit MasterCard und Maestro-Karte weltweit gebührenfrei bezahlen und abheben” für sich wirbt mit:? “Diese Woche wurden einigen Hundert Number26 Kunden ordentliche Kündigungen ausgesprochen. Für uns ist jeder einzelne Kunde sehr wichtig, daher haben wir uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht”.

Weiter heißt es in der Aussendung, die einer Entschuldigung für das merkwürdige Verhalten der vergangenen Tage gleichkommt: “Es gibt viele Gründe, weshalb eine Bank Kündigungen aussprechen kann und dies auch regelmäßig tut. Dazu zählen etwa der Verdacht auf missbräuchliche Verwendung des Produkts oder Geldwäsche. Ein weiterer Kündigungsgrund der letzten Tage war sehr ungewöhnliches Nutzerverhalten, das sich deutlich vom Durchschnitt unserer Kunden abhebt. Hier geht es insbesondere um Kunden, die ihr Number26 Konto außer für sehr häufige Bargeldabhebungen nur wenig verwendet haben. Im Durchschnitt sprechen wir von rund 15 Abhebungen pro Monat, teilweise auch über 30, über mehrere Monate hinweg”. Damit bestätigt das Start-up die bisherigen Vermutungen, dass die gekündigten Nutzer ihr Konto zu intensiv genutzt hätten.

Das Start-up erklärt nun auch erstmals, welche Kosten diese Intensivnutzer verursachen: “Das Number26 Girokonto ist ein kostenloses Produkt. Jede Abhebung verursacht auf unserer Seite Kosten. In Deutschland liegt der Preis pro Abhebung – deutlich über dem europäischen Durchschnitt – zwischen 1,50 – 2,00 €. Diese Gebühren übernehmen wir in der Annahme, dass Kunden das Konto im gewöhnlichen Ausmaß verwenden. Wir haben außerdem Cash26 entwickelt, um unseren Kunden zu ermöglichen zusätzlich bei über 6.000 Einzelhändlern in Deutschland kostenlos Bargeld zu beziehen. Unsere Kosten dafür sind geringer als bei traditionellen Geldautomaten”.

Ein wenig naiv ist aber die Annahme, dass Nutzer ein kostenloses Angebot, dass das Unternehmen auf seiner Website massiv in den Vordergrund stellt, falsch verstanden hätten. In der Stellungnahme heißt es: “Die deutliche Reaktion der letzten Tage auf die ausgesprochenen Kündigungen hat uns vor allem gezeigt, dass vielen Kunden nicht bewusst war, dass ihr Nutzerverhalten mit unserem Angebot nicht vereinbar ist. Wir verstehen die Reaktion als Auftrag, sämtliche Kunden zukünftig transparenter zu informieren”. Vielleicht wäre es einfacher, die Zahl der Abhebungen zu begrenzen bzw. Gebühren ab einer bestimmten Anzahl von Transaktionen zu erheben. Den Nutzer aber vorzuwerfen, dass sich ihr Nutzerverhalten nicht mit dem eigenen Angebot vereinbar sei, ist komisch.

Zu guter Letzt macht Number26 seinen gekündigten Kunden, denen vom Support teilweise bisher keine Chance auf eine Rückkehr mitgeteilt wurde, ein Angebot: “Allen Kunden, die betroffen sind und die gerne mehr Transparenz bezüglich der individuellen Kündigungsgründe hätten bzw. die gerne weiterhin ein Number26 Konto verwenden möchten, bieten wir die Möglichkeit, sich unter der E-Mailadresse questions@number26.de zu melden. Wir werden auf Wunsch auch jeden individuellen Fall nochmals prüfen und gegebenenfalls weiterhin ein Konto zur Verfügung stellen”. Wobei das Start-up in seiner Stellungnahme bereits mitgeteilt hat, dass Intensivnutzer keine Chance bei Number26 haben.

Hausbesuch bei Number26

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ds-Haus- und Hoffotograf Andreas Lukoschek durfte sich Angang 2016 einmal bei Number26 umsehen – er fand unter anderem einen gelungene Finanz-Teppich. Einige Eindrücke gibt es in unserer kleinen, aber feinen Fotogalerie.

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Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.