UberPitch
Gründer, die ihre Idee während einer Autofahrt pitchen
Ein richtig verregneter Tag in Berlin. Zum Glück sitzt Barbod Namini in einem Uber. Seit halb elf fährt er mit dem schweren Wagen durch die Hauptstadt – wobei er sich fahren lässt. Namini, Principal beim bekannten Investor Holtzbrinck Ventures, fährt aber nicht zum Spaß durch die nasse Stadt. Immer wieder hält das Fahrzeug an und junge Gründerinnen und Gründer steigen ein und stellen dem Investor ihr Start-up vor. UberPitch nennt sich das etwas andere Pitch-Format, das an diesem Mittwoch zum ersten Mal in Deutschland stattfand. Alles vielleicht etwas dekadent, aber es gibt schließlich auch Investoren, die Gründer nur im Hotel de Rome (5 Sterne) treffen. Und dieses Pitch-Format würde auch in einem gammeligen Taxi funktionieren – in einem schicken Auto ist es aber halt etwas netter.
Jeweils drei große Autos rollen an diesem Tag durch Berlin und München. In jedem Auto sitzt ein Investor. Etwa alle 30 Minuten steigt ein neuer Gründer oder mehrere ins Auto ein. Sie haben dann sieben Minuten Zeit, ihr Konzept vorzustellen. Danach darf der Investor reden – ebenfalls sieben Minuten lang. Dann ist die Fahrt vorbei und der Startupper muss wieder aussteigen. Der Fahrer ist in der Zeit ein paar Mal kreuz und quer durch die Gegend gefahren und setzt die Gründer wieder dort ab, wo sie eingestiegen sind.
Um 14 Uhr steigt mitten in Berlin, es regnet gerade einmal nicht, Paula Schwarz in das große Auto ein. Die junge Gründerin pitcht Namini ihr Projekt Startup Boat. Mit der Social Business-Initiative will die Halbgriechin Start-ups, Investoren, Unternehmen und Flüchtlinge zusammenbringen. Es gehe darum, zu sehen, dass man die Welt verändern könne. Der Geldgeber macht sich während der exzellenten Präsentation fleißig Notizen. Als die Redezeit der Gründerin rum ist, ergreift der Investor sofort das Wort und stellt klar, dass das Startup Boat kein Case sei, den er als Investor finanzieren könne.
Namini sieht aber Anknüpfungspunkte, wo er helfen könne. Er will Schwarz gerne sein Netzwerk öffnen. Der Fahrer steuert den Wagen unterdessen durch Berlins Mitte. Draußen flanieren Touristen auf der Prachtmeile “Unter den Linden”. Schwarz, die immer wieder gekonnt zwischen englischen und deutschen Sätzen wechselt, erklärt drinnen gerade die Finanzierung des Projektes. Dann ist das Auto auch schon wieder am Startpunkt angekommen. Es wird lose ein Follow-up-Termin vereinbart. Schwarz steigt aus, die Fahrt geht sofort weiter. Die Gründerin hat ihre Chance gekonnt genutzt.
Wenige Minuten später, der Regen hat sich weiter verzogen und es kommt sogar wieder die Sonne raus, steigen Daniel Liefländer und Andrey Kasim ins Fahrzeug ein. Das Duo quetscht sich neben Namini auf die Rückbank. Liefländer hält eine kleine Box in den Händen, diese kommt aber erst später zum Einsatz. Kasim startet seinen Pitch klassisch – mit einer Frage. “Mögen Sie, magst Du Wein?” fragt er ins Auto hinein. Das Start-up der sympatischen Mitfahrer hört auf den Namen Vinecase. Dahinter verbirgt sich eine Art Aboclub für Weinkenner und alle, die es werden möchten.
Die jungen Weinkenner wollen aber keine ganzen Flaschen unters Volk bringen, sondern Kostproben – in kleinen Weinampullen, kleinen Reagenzgläsern. Jetzt kommt auch endlich die kleine Box ins Spiel. Liefländer öffnet das edle Kästchen und zeigt Namini die Kostproben. Auf eine Verkostung verzichten alle Beteiligten. Die Redezeit der Gründer ist rum. Der langjährige Geldgeber nutzt seine Chance! “Jetzt darf ich Euch quälen”, sagt er mit einem Lächeln. Es folgt aber keine Folter, kein Verriss, sondern eine angeregte Diskussion über das Modell, das Namini “nicht einfach findet”.
Das Weinsegment sei schon schwierig, fährt er fort. “Und das Abosegment auch”. Der Fahrer wendet unterdessen den Wagen auf einer kleinen Straße und macht sich auf den Rückweg zum Ausgangspunkt. Die Gründer und der Investor sprechen über Marketingkanäle, Brand Awareness und Customer Acquisition Cost. Namini löchert die Vinecase-Macher immer mehr, gibt aber auch Tipps, wie die Gründer ihr Geschäft aufziehen sollten. Die Fahrt endet mit den Worten: “Wein ist ein schwieriges, aber auch interessantes Segment”. Ob der Investor das Konzept so spannend findet, dass er investieren würde, bleibt offen. Zumindest die erste Kontaktaufnahme ist gemacht.
Gegen 15 Uhr endet der erste UberPitch in Deutschland. Der Fahrservice ließ bereits in mehreren europäischen Ländern Gründerinnen und Gründer vor Investoren pitchen. Der teils enge Raum stört dabei nicht. Näher kommt sonst wohl kaum ein Startupper an Investoren ran. Namini hat der Pitch im Auto sehr gut gefallen, er fand es “richtig lustig”. Soziale Projekte wie das Startup Boat hätte er sich sonst wohl kaum angehört, denkt aber, dass er helfen kann. Nach der Fahrt geht es für ihn nun weiter ins Büro – dort darf er sich noch mehr Pitches ansehen.
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