Philip Schur von Brick Spaces
“Am Ende wollen die Leute doch lieber ins hippe Berlin”
Das Ruhrgebiet ist mehr als ein Lebensraum, für die Menschen zwischen Bochum, Bottrop, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen ist das Ruhrgebiet auch ein Lebensgefühl. Auch Start-ups erblühen im Pott, das bald komplett ohne Zechen auskommen muss, inzwischen vermehrt.
In unserem Themenschwerpunkt Ruhrgebiet beschäftigen wir uns ausgiebig mit Start-ups im schönen Revier – siehe auch “Ist das Ruhrgebiet die nächste Start-up-Hochburg?” und “10 % aller deutschen Start-ups sind in Rhein-Ruhr Zuhause“.
“Man kennt wirklich JEDEN”
Im Interview mit deutsche-start-ups spricht Philip Schur, Mitgründer der Pop-up-Store-Vermittlung Brick Spaces, über Malocher, Förderungen und Positivbeispiele.
Wenn es um Start-ups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für das Ruhrgebiet als Start-up-Standort?
Vor allem, dass das Ruhrgebiet mit seiner Vielzahl an Städten ein riesen Ballungsgebiet ist, welches größer als Berlin und einzigartig in Europa ist. Man fährt aus dem einen Stadtzentrum raus und ist schon fast im nächsten. Durch diese Vielzahl an Menschen ergibt sich einfach ein gigantisches Potenzial was Gründungsideen aber auch Testmärkte angeht. Nicht zu vergessen die ganzen Großkonzerne, die hier sitzen. Man ist hier einfach sehr mobil und gut vernetzt. Die zahlreichen Universitäten und Hochschulen tun ihr übriges dazu. Zudem wird die noch nicht so ausgeprägte Gründungsmentalität mit der “Malocher”-Einstellung der Ruhrpottler ausgeglichen. Wenn man einmal angefangen hat, dann gibt man alles! Außerdem sind wir hier alle sehr bodenständig und sparsam, da hier der Hype und die riesen Investitionen noch nicht angekommen sind.
Was macht speziell den besonderen Reiz der Startup-Szene in Essen aus?
Leider nicht viel. Speziell in unserer Stadt – Essen – gibt es da echt nicht so viel. Der Vorteil hier ist: Man kennt wirklich JEDEN, der was mit dem Thema zu tun hat.
Wie sieht der Austausch mit Gründern aus anderen Städten im Ruhrgebiet aus?
Man kennt fast jeden anderen – wenigstens über eine Ecke – und man sieht sich regelmäßig bei den wenigen Gründerevents, die man teilweise auch noch selbst organisiert. Leider wird im Ruhrgebiet auch äußerst selten zwischen den klassischen Gründern und wirklichen Startups unterschieden. Zu manchen Gründern ist auch eine richtige Freundschaft entstanden, da man ähnliche Probleme hat. Außerdem hilft man sich immer gegenseitig, tauscht Erfahrungen aus und empfiehlt sich gegenseitig.
Was ist im Ruhrgebiet einfacher als in Berlin – und umgekehrt?
Es ist hier sicherlich einfacher mal Aufmerksamkeit zu bekommen, da es ja nicht so viele von uns verrückten gibt. Ansonsten sind wir echt hinten dran. Es gibt nur wenige gute Veranstaltungen, so gut wie keine Förderungen und Unterstützungen und die jungen Leute wollen am Ende dann doch lieber ins “hippe” Berlin zu einem Startup.
Wie kann man diese ändern?
Indem man Positivbeispiele liefert und somit Aufmerksamkeit erzeugt. Insgesamt müssen Medien, wie auch Unis, Städte und Konzerne hier noch gehörig sensibilisiert werden. Gerade was auch den Unterschied zwischen Gründern und Startups angeht. Ein Grundinteresse scheint bei den genannten vorhanden, aber aufgrund des geringen Engagements, des rudimentären Austauschs untereinander und des fehlenden Wissens geht es nicht voran. Vielleicht würde hier eine Initiative, Interessensgemeinschaft oder oder oder helfen. Wir für unseren Teil würden immer so gut unterstützen wie wir können.
Was fehlt im Ruhrgebiet noch?
Die Gründermentalität, Support durch die Städte und der Wille von ALLEN – Städten, Universitäten, Konzernen – hier was bewegen und aufbauen zu wollen.
Passend zum Thema: “Start-ups aus dem Ruhrgebiet, die jeder kennen sollte” und “Ruhrgebiet = ‘persönlicher und nicht so oberflächlich’“