15 Fragen an Matthias Bürger von Tinkerbots
“Was wir rausgeben, muss zwingend funktionieren”
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Es ist natürlich spannend, eigenverantwortlich an einer Sache zu arbeiten. Man bestimmt selbst, wie das Produkt aussehen soll und wie man es dann vermarktet. Von daher bedeutet es uns drei Gründern wirklich sehr viel. Allerdings darf man das nicht zu stark romantisieren. Sein eigener Chef zu sein bedeutet auf der anderen Seite ja auch, Dinge in Kauf zu nehmen (z.B. Arbeitszeiten, fehlender Urlaub, etc.), die man als Arbeitnehmer niemals akzeptieren würde. Das gehört eben einfach dazu.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Die Idee entstammt einer Semesterarbeit an der Bauhaus Universität Weimar. Mein Kollege Leonhard Oschütz hatte dort 2009 als Student die Aufgabe eine Wunschmaschine zu entwickeln. Als alter Lego-Fan war ihm da schnell klar, dass es ein Baukasten werden muss, allerdings mit Bewegung. Den ersten, noch recht rudimentären Prototypen, hat er noch selbst gefertigt. Über ein Drittmittelprojekt mit der Fachhochschule Jena kamen erstmals Ingenieure ins Spiel. Nachdem Leo 2011 sein Produktdesign-Studium abgeschlossen hatte und ich mit meiner Promotion im Bereich Innovationsökonomik fertig war, haben wir uns zusammen mit unserem Freund und Leos ehemaligem Kommilitonen Christian Guder entschlossen, aus dem Projekt eine Firma zu machen. Wir sind dann 2012 nach Leipzig gezogen und widmen uns der Aufgabe seitdem in Vollzeit.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Zunächst haben wir uns mit dem EXIST-Gründerstipendium sowie einem Anschluss-Stipendium der SAB über Wasser gehalten. Wir waren mehr als 1 ½ Jahre auf der Suche nach Investoren, was mit einem Hardware-Startup im B2C-Bereich eine echte Herausforderung war. Letztendlich hat der Frühphasenfonds Brandenburg am schnellsten reagiert und uns das erste substantielle Investment bereitgestellt. Daneben sind aber auch der ProSiebenSat.1 Accelerator und ein von uns sehr geschätzter privater Investor an Board. Ergänzt haben wir das zwischenzeitlich mit einer Crowdfunding-Kampagne. Die diente allerdings nicht nur der Finanzierung, sondern auch als Proof of Concept und Marktforschung.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Die Seed-Finanzierung war die erste große Hürde. Da brauchte man einen langen Atem. Ansonsten gab es die ein oder andere Schwierigkeit bei der Hardware-Entwicklung, Zertifizierung und Produktion. Ein modulares Spielzeug im Baukastenformat auf den Markt zu bringen, mit viel Plastik-Spritzguss und voll mit Elektronik ist eine echte Herkulesaufgabe.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Wahrscheinlich würden wir das Produkt einfacher stricken, mit weniger Features, um es schneller auf den Markt zu bringen und dann eher wieder nachlegen zu können. Mit Hardware ist das eben immer so eine Sache. Anders als bei der Softwareentwicklung kann ich nicht schnell eine Beta-Version an die Kunden geben und dann nachbessern. Was wir rausgeben, muss zwingend funktionieren. Andererseits sind wir jetzt natürlich stolz, ein wirklich gutes und durchdachtes Produkt kreiert zu haben.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Wir konzentrieren uns dabei ganz auf den Online-Bereich und unterstützen das durch klassische PR, Messeauftritte usw.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Besonders unterstützt bei der Gründung haben uns Uwe Leutholf vom Gründernetzwerk Saxxed, Herr Gabriel und Frau Schrader vom VDI sowie Gesa Crockford von Conomic. Aber sicher tue ich hier einigen Unrecht wenn ich es auf die Genannten beschränke, von daher sage ich mal: u.v.m.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Ich glaube die meisten Projekte sind sehr speziell und daher muss selbst den eigenen Weg finden. Deswegen habe ich nicht den einen, goldenen Tipp parat. Generell gilt: Minimum Viable Product finden und schnell raus damit. Wie gesagt ist das bei Hardware nicht ganz so einfach. Ich denke aber, es macht Sinn etwas ganz Neues zu probieren und nicht zu schauen, was woanders schon funktioniert hat und das einfach zu kopieren.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Ich würde mir ganz konkret wünschen, dass die zur Verfügung stehenden Fördermittel für Start-ups sehr viel gezielter eingesetzt werden. Ich sage gar nicht, dass wir mehr brauchen, aber die Beurteilung der Marktchancen sollte sehr viel mehr in die Evaluation einbezogen werden. Ich denke, dass die zuständigen Stellen hier momentan überfordert sind. Deshalb würde ich mir wünschen, dass man bei der Beurteilung der Förderfähigkeit auf die bestehende Infrastruktur von VCs und Accelerator-Programmen zurückgreift.
Diese haben die Erfahrung, um die Marktchancen eines Start-ups abzuschätzen. Natürlich liegen auch die mal falsch, aber haben eine sehr viel kritischere Sichtweise. Also weniger Gießkanne und mehr gezielte und ausgewählte Förderung. So ließe sich bspw. auch eine Anschlussfinanzierung für erfolgreiche EXIST-Projekte realisieren. Das wäre denke ich sehr wichtig.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Auf jeden Fall wäre ich nicht mehr in der Wissenschaft tätig und hätte bestimmt trotzdem irgendeine Form der Selbstständigkeit gewählt.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Da würde ich wohl gerne mal bei Panono vorbeischauen. Björn und sein Team machen da einen wirklich fantastischen Job. Wir kennen uns seit 2012 als wir zusammen den IKT Innovativ Preis vom VDI/VDE gewonnen haben. Wir laufen uns zwar alle halbe Jahre mal auf irgendeiner Veranstaltung über den Weg und tauschen uns auch immer mal aus, aber leider haben wir beide noch nicht die Zeit gefunden uns mal gegenseitig zu besuchen.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Da würde ich mich wohl für das antike Rom während der Republik entscheiden oder aber für das kleinstaatliche Deutschland zur Zeit der frühen Romantik vor der Reichsgründung. Beides fände ich extrem spannend.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Ich denke, das meiste würde in die Entwicklung unserer Firma fließen.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Idealerweise verbringe ich das Wochenende mit meinen alten, aber immer noch besten Freunden aus Jena. Aktuell haben wir durch die Produktion aber sehr lange Arbeitswochen und daher zieht es mich am Sonntag meist einfach auf die Couch.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Es wäre spannend, mit Debbie Sterling mal ein Bier zu trinken. Sie hat Goldie Blox gegründet und dabei sicherlich ähnliche Hürden zu überwinden gehabt wie wir. Außerdem macht sie mit Goldie Blox eine fantastische Arbeit.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person:
Matthias Bürger ist Gründer von Tinkerbots. Bürger studierte Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Marketing und Internationales Management an der Friedrich Schiller-Universität in Jena studiert. Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Ökonomik und promovierte im Bereich Innovationsökonomik.
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