Von Alexander
Donnerstag, 3. Dezember 2015

“In der Szene wird geschwindelt” – sagt Ehssan Dariani

"Ein Offline-Laden würde ja auch nicht jeden als Kunden zählen, nur weil er kurz ins Geschäft hinein und wieder herausgelaufen ist", sagt studiVZ-Gründer Ehssan Dariani. Statt Scheinzahlen und Name Dropping wünscht sich Dariani "mehr Substanz".

studiVZ-Gründer Ehssan Dariani ist für offene Worte bekannt, was in der Vergangenheit immer wieder für Trubel gesorgt hat. Und auch seit er sich vorgenommen hat “diplomatischer zu sein”, spricht er Dinge noch immer gerne offen an. Es werde in der Start-up-Szene viel geschwindelt, sagt er aktuell im Interview mit dem Manager Magazin.

Auch konkrete Beispiele nennt er: “Zum Beispiel wenn Gründer die Anzahl der App-Downloads mit der Kundenzahl gleichsetzen. Ein Offline-Laden würde ja auch nicht jeden als Kunden zählen, nur weil er kurz ins Geschäft hinein und wieder herausgelaufen ist. Oder dieses Aufbauschen von Finanzierungsrunden oder Kreditlinien, die wie ein richtiges Investment verkauft werden.” Ein Problem, dass seit Jahren immer wieder auftritt – siehe “600 % Umsatzwachstum! Ein Appell gegen Jubelmeldungen und blanke Scheinzahlen“.

Lustig sei es auch, wenn Start-ups mit Star-Investoren wie Peter Thiel werben würden, findet Dariani. Der prange dann als Posterboy auf der Website, dabei sage das gar nichts aus. An den Pranger will Dariani, der gerade als Gründungsinvestor beim Berliner FinTech-Start-up Cookies aktiv ist, anders als früher, aber niemanden stellen. Dennoch sagt er: “Manche der Büros haben die Starinvestoren nie betreten, mit keinem der Gründer direkt gesprochen. Die Investments machen autonome Manager, die bei dutzenden Fonds arbeiten, die ihre Star-Namen benutzen dürfen. Der Name ist eine Marke, aber die Person hat damit nur noch wenig zu tun. Die Fonds können natürlich trotzdem sehr gut sein”. Passend dazu: “Kreditech und die Nebelkerze namens Peter Thiel

Statt Scheinzahlen und Name Dropping wünscht sich Dariani “mehr Substanz”. Neben den Medien seien vor allem die Gründer, Investoren und Aufsichtsräte in der Verantwortung, aufrichtiger zu sein. Sie sollten nicht immer alles so aufblasen, sondern mit Performance überzeugen, findet der Wahl-Berliner. Recht hat er. Gründer und Investoren sollen und müssen ihre Start-ups unterstützen. Aber gerade, wenn es mal nicht gut läuft bei einem Unternehmen mauern meist alle. Und auch bei Facebook und Twitter nerven auf Dauer Investoren, die sich als ProudInvestor bezeichnen, die man im Zweifelsfalls aber niemals ansprechen kann, wenn sich ein Start-up nicht so entwickelt, wie erhofft.

Foto: Rabbit and carrot from Shutterstock