Überraschungs-Deal
spottster gewinnt nun doch Jochen Schweizer als Investor
Na, das ist doch eine sehr erfreuliche Entwicklung der Dinge. Zwar musste die Shopping- und Produktverfolgungsplattform spottster die ‘Höhle der Löwen’ ohne Deal verlassen: “Spottster: Löwen-Schelte ist eher ein Ritterschlag“. Aber im Nachgang ist es den Gründern dann doch noch gelungen, Jochen Schweizer als Investor an Bord zu holen. Grund genug, Gründerin Frey Oehle um ein Interview dazu zu bitten und sie auch gleich nach ihren Learnings und Erfahrungen bei der Investorensuche zu befragen. Ach so, einen der begehrten Meffys hat spottster in London übrigens auch gerade noch gewonnen. Aber nun zum Interview.
Hat Spottster der Auftritt in der ‘Höhle der Löwen’, aus dem Ihr ja ohne ein Löwen-Investment gekommen seid, dennoch etwas gebracht?
Auf jeden Fall. Unsere Nutzerbasis hat sich mehr als verdoppelt, wir haben wahnsinnig viel Nutzerfeedback bekommen und es sind sehr interessante Kooperationspartner auf uns zugekommen, mit denen wir unser Produkt nun vermutlich sehr viel schneller weiterentwickeln können.
Wie ging es danach weiter bei Euch?
Wir haben vor allem unsere Investorensuche weitergeführt, haben unser Team von 4 Mann auf mittlerweile 9 bzw. bald 10 Mann ausgebaut und vor allem unser Produkt weiterentwickelt, um nun tatsächlich in England und Frankreich in den Markt einzutreten.
Habt Ihr seit der Aufzeichnung der TV-Show im Frühjahr 2015 denn Investoren gefunden?
Glücklicherweise ja. Schon Ende März hatten wir eine Investmentzusage seitens eines Business Angels und eines VCs, wobei hier unsere Teilnahme an und die bevorstehende Ausstrahlung von der Höhle der Löwen sicherlich ein hilfreiches Argument war. Was uns aber wirklich gefreut hat, ist, dass wir es im Sommer geschafft haben, Jochen Schweizer doch noch nachträglich als Investor mit ins Boot zu holen, was einmal mehr zeigt, wie viel die Sendung bringt, aber auch und vor allem, wie gut wir mit unserem Pitch im Studio und der Idee letztlich doch überzeugen konnten.
Wer ist denn inzwischen bei Euch mit welchen Beträgen und Stakes investiert?
Unser Altinvestor, der als erster Business Angel zu Beginn mit 150.000€ eingestiegen war, hat nochmals investiert, sodass seine Anteile am Unternehmen unverändert bleiben. Gleichzeitig haben wir durch die Jochen Schweizer Ventures, FORUM MEDIA Ventures und einen Münchener Business Angel aber ein nochmal deutlich höheres, hoch sechsstelliges Investment realisieren können. Über die Stakes kann ich nur so viel sagen, dass Tobi und ich mit dem Ergebnis der Finanzierungsrunde und der schlussendlichen Anteilsverteilung sehr zufrieden sind.
Apropos Investorensuche bzw. –findung: Inzwischen habt Ihr darin ja einige Erfahrung. Sicher gibt es Learnings, die ihr anderen Startups mit auf den Weg geben könnt: Worauf sollte ein Startup bei der Wahl seiner Investoren besonders achten?
1. Wohlfühlfaktor – er ist die ganz klare Nummer 1 und so ziemlich das Wichtigste, da der Investor wirklich Teil der Firma wird und sich beständig mit euch austauschen wird. Wenn das persönlich nicht zusammenpasst, sind Konflikte und Absinken der Motivation vorprogrammiert – und das Geld ist letztlich nichts wert, da ihr den Spaß verliert. 2. Zielvorstellungen: Mehr noch als der Background des Investors sollte sichergestellt werden, dass die Vorstellungen, wohin und wie sich das Unternehmen entwickeln soll, deckungsgleich sind, damit man mit maximaler Kraft daran arbeiten kann. 3. Erfahrung mit Start-ups und im Marktsegment des Invests: Investoren, die noch nie mit Start-ups zu tun hatten, werden in Sachen Planung, Prozesse, Austausch etc. Praktiken und Vorstellungen haben, die mit dem Arbeitsalltag des Start-ups nichts zu tun haben und Zeit für gegenseitige Erziehung und Konsensfindung kosten, die man als Gründer nicht hat. Gleiches gilt für den Markt, in dem ihr tätig seid selbst: Dieser sollte zumindest in Grundzügen verstanden sein.
Sollte ein Start-up auf jeden Fall den Investor mit dem höchsten Angebot an Bord holen? Im Zweifelsfall muss man ja auch umso mehr Anteile abgeben, je höher die Investitionssumme ist…
Das war bei uns ein sehr wichtiges Thema und unsere Ansicht dahingehend ist Nein! An und für sich gilt in der Venture Szene immer der, mir sehr unliebsame Satz ‘Wenn Geld auf dem Tisch liegt, nimmt man es’. Gerade dabei sollte man aber für sich selber abschätzen, wie groß man das Potenzial einschätzt, noch eine weitere Finanzierungsrunde zu einer wesentlich besseren Bewertung durchführen zu können, wie viel Kapital man wirklich braucht, um signifikante und werttreibende Ergebnisse zu erzielen und ab welcher Anteilsabgabe man seine persönliche Komfortzone verlässt, bzw. es keinen Spaß mehr macht, weil man die operative Kontrolle über sein Unternehmen verliert. Unter diesen Gesichtspunkten kann es daher durchaus sinnvoll sein, zunächst eine kleinere Summe anzupeilen, die aber ausreicht, um Fahrt aufzunehmen.
Was sind weitere wichtige Voraussetzungen, die bei der Entscheidung für oder gegen einen Investor oder die Höhe seiner Investitionen für ein Startup eine Rolle spielen?
1. Vernetzung : Was ein Investor vor allem und ohne großen Aufwand einbringen kann, ist sein Netzwerk, das nach Möglichkeit thematisch zum Start-up passt. 2. Ablauf der Vertragsverhandlungen: Wenn man schon während der Vertragsverhandlungen merkt, dass von der Gegenseite übermäßig viele Forderungen kommen und Fallstricke zu Lasten der Gründer gelegt werden, sollte man wirklich ernsthaft nachdenken, ob man den Kurs weiterfahren möchte, denn Investments sind in erster Linie Commitments zur Zusammenarbeit. 3. Investorenmix: Basierend auf der bestehenden Investorenbasis sollte ein Start-upp immer schauen, was vielleicht noch einen inhaltlichen Blindspot darstellt und der Ergänzung bedarf. Und es gehört zu den Aufgaben der Gründer, dafür zu sorgen, dass alle Gesellschafter an einem Strang ziehen. Wie die Investoren miteinander zurechtkommen, ist also auch ein nicht zu vergessender Faktor.
Was außer Geld kann ein Investor Sinnvolles in die Entwicklung eines Start-ups einbringen? Wie ist das zum Beispiel bei Euren Investoren?
Bei uns ist es vor allem zweierlei: Zum einen haben wir sehr viel Know-How-Transfer, da wir mit unseren Business Angel einen in der Informatik-Szene sehr gut vernetzten, vor allem aber auch erfahrenen und belesenen Investor gefunden haben, der uns technisch und mit seinem Netzwerk jederzeit zur Seite steht. Gleiches gilt für FORUM MEDIA Ventures, wenn es um die Themen Printmedien, Reichweite und Content geht. Was zum anderen aber ebenfalls ein sehr wichtiger Input-Faktor ist, den wir derzeit vor allem durch Jochen Schweizer Ventures erfahren, ist eine bestehende und gut ausgebaute Infrastruktur, auf die wir als Start-up bei verschiedenen Aufgaben zurückgreifen können, weil wir selbst noch viel zu klein sind, um diese Divisions aufbauen zu können. Diese administrative und auch technische Unterstützung im Bedarfsfall zu haben, erleichtert einiges und ist bei der Investorensuche sicherlich ein nicht zu vernachlässigender Faktor in Sachen strategische Synergie.
Ihr habt ja nun nicht wirklich ein ‘warm welcome’ in der Höhle der Löwen bekommen. Würdet Ihr Euch dennoch wieder bewerben oder anderen Start-ups dazu raten, sich dort zu bewerben?
Auf jeden Fall. Daher haben wir uns auch mit aller Kritik und Beschwerden sehr zurückgehalten, denn letztlich ist es für jedes Start-up ein unglaublicher Marketingeffekt, der monetär kaum aufzuwiegen ist – zumal eine derart interessierte Zielgruppe vor dem Fernseher sitzt. Außerdem, und das haben wir mehr zu spüren bekommen als sonst jemand, ist das Publikum extrem auf der Seite der Gründer. Wir hatten eine derartige Flut an positiven Rückmeldungen und aufbauenden Mails, dass wir 2 Tage allein mit der Beantwortung beschäftigt waren. Und dabei muss man sich klarmachen: Dieser lobende Zuschauer ist der Kunde und seine Aufmerksamkeit daher erstmal Dein wichtigstes Gut als Gründer. Letztlich würde ich daher jedem Startup raten, an der Höhle des Löwen teilzunehmen, wenn es die Möglichkeit dazu hat.