4 Phasen, die jedes erfolgreiche Start-up durchlaufen muss
Es herrscht Goldgräberstimmung. Nur diesmal graben Investoren und Unternehmer nicht nach dem gelben Edelmetall, sondern nach Start-ups – nach Ideen. Berlin, London und San Francisco sind sozusagen das Klondike 2.0.
Erfolgsgeschichten wie Facebook haben diesen Rausch befeuert und die Jagd ist auch nicht unbegründet. Es gibt sie, die unentdeckten Start-ups, die erfolgreichen Unternehmen, die noch nicht gegründet wurden.
Die alles entscheidende Frage, wie damals beim Goldschürfen, ist jedoch: Wie finde ich das entsprechende Start-up?
Ein System aus vier Phasen hilft bei der Suche
Zunächst sollte man nüchtern an die Sache herangehen und klaren Kopf bewahren. Wer auf der Suche nach erfolgreichen Start-ups ist, hofft meist wie ein glückloser Goldgräber auf einen „geheimen Tipp“ – den es nicht gibt.
Stattdessen gibt es aber ein System, das hilft, systematisch an die Auswahl von Geschäftsmodellen und Start-ups heranzugehen. Dieses System ist das wichtigste Prinzip bei der Suche und der Gründung eines Start-ups.
Es ist das System der vier Phasen eines Start-ups. Es wurde von einem Forschungsteam, das auf der Suche nach einem „Start-up-Gen“ war, entwickelt, bzw. entdeckt. Wir selbst sind mit unseren Start-ups diese Phasen durchlaufen, kennen den Prozess aus nächster Nähe und können heute sagen: Es lohnt sich, systematisch an dieses Thema heranzugehen.
Ein gutes Start-up erkennt man daran, dass es die folgenden Phasen, die jedes Start-up, mal besser, mal schlechter, ohnehin durchläuft, möglichst gut durchläuft und keine der Phasen auslässt.
Phase 1: Die Findungsphase
In dieser Phase sind meist nur die Gründer eines Start-ups beteiligt, die Idee wird geboren und ein Alleinstellungsmerkmal wird erarbeitet.
Wichtig ist, dass ein Startup jedoch nicht nur eine gute Idee hat – wir sehen täglich wie „gute Ideen“ den Bach heruntergehen – sondern auch, dass es ein bedeutendes Problem löst.
Unternehmen werden in der Regel dafür bezahlt, dass sie Probleme lösen. Wer sich bei der Ideenfindung nur auf „Innovation“ und hippe Produkte konzentriert, hat am Ende ein innovatives Produkt, das vielleicht keiner braucht.
Ein gutes Start-up erkennt man auch daran, dass es für diese Phase nur einige Monate braucht. Wer sich nach Jahren immer noch nicht sicher ist, welches Problem er lösen möchte, welche Zielgruppe er bedienen und welchen Markt er erobern möchte, der wird kaum erfolgreich werden.
Phase 2: Die Validierungsphase
Diese Phase ist besonders wichtig, wenn auch etwas mühselig, weshalb sie von vielen Startups und Gründern gerne übersprungen wird. Doch das ist ein großer Fehler, denn in der Validierungsphase versucht das Startup herauszufinden, ob das Produkt oder die Dienstleistung, die auf den Markt gebracht werden soll, wirklich markttauglich ist und zu den im Businessplan konzipierten Konditionen gekauft werden wird.
Es geht hier darum, echte erste Kunden zu finden. Bei nutzerbasierten Diensten wie sozialen Netzwerken oder Spielen muss das Startup erste Nutzer anlocken, die mit ihrer Aufmerksamkeit und ihrer Zeit „zahlen“.
Merkt das Start-up, dass niemand bereit ist, Geld für das Produkt zu bezahlen, dann sollte es „zurück auf Los“ gehen und die Phase 1 nochmal durchlaufen, das Produkt und das Geschäftsmodell überdenken. Es kann allerdings auch sein, dass das Preis-Mengen-Gerüst oder die Preisstruktur fehljustiert sind. Dafür benötigt man belastbare KPIs (Key Performance Indicators), die einem nicht nur sagen, ob man seine wirtschaftlichen Ziele erreichen kann, sondern auch, warum man das mit dem bestehenden Modell möglicherweise nicht kann.
Es wäre verheerend, wenn ein Startup ohne Validierung, ohne Bestätigung, dass das Geschäftsmodell funktioniert, anfangen würde zu skalieren, also viel Geld in das Wachstum zu stecken.
Die Validierungsphase hat unserem Start-up, Fanpower, in der Frühphase das Leben gerettet. Wir haben gemerkt, dass die Idee, Fußballfans und Gaming zu verbinden, zwar gut war, aber die Schnittmengen zwischen Gamern und Sportfans zu gering sind um unseren Plan zu skalieren. Wir gingen also nochmal einen Schritt zurück und justierten das Produkt und sein Geschäftsmodell.
Wer diese Phase überspringt, riskiert viel Geld in ein Produkt zu stecken, das zwar alle „toll“ finden mögen, für das aber niemand oder nicht genug Käufer bereit sind, genug oder überhaupt Geld auszugeben.
Phase 3: Effizienz
Wenn es nach der Validierung der Geschäftsidee nicht „zurück auf Los“ geht, dann geht es ans Feintuning. Das Startup wird anhand der Erkenntnisse aus der Validierungsphase noch einmal angepasst und auf Effizienz hin ausgerichtet. Denn es nützt nichts, viel Wasser in einen löchrigen Eimer zu gießen – vorher sollte man die Löcher gestopft haben.
In dieser Phase spielen die „key metrics“ eine wichtige Rolle. Sprich: Man muss genau messen, wie viel Geld wohin fließt.
Die zwei wichtigsten Fragen: Was kostet mich die Gewinnung eines neuen Kunden? (Customer Acquisition Cost, kurz CAC) Und wie viel Gewinn mache ich mit einem Kunden? (Customer Lifetime Value, kurz CLV).
Wenn die Gewinnung eines Kunden mehr kostet als man mit ihm verdient, dann kann man skalieren, soviel man will – man verbrennt einfach nur Geld. Deshalb heißt es in dieser Phase: Messen und die operativen Prozesse optimieren bis das Startup effizient ist.
Phase 4: Skalierung
In der letzten Phase schaltet das Startup einen Gang hoch und geht auf die Überholspur. Jetzt heißt es wachsen, wachsen, wachsen.
Gerade bei Internet-Startups ist die Skalierung des Geschäftsmodells der große Reiz. Software kann nahezu unendlich oft verkauft werden, ohne große weitere Kosten zu produzieren – während ein Flugzeugturbinenhersteller mit jeder weiteren Turbine auch neue Mitarbeiter und Ressourcen einkaufen muss.
Entscheidend für ein gutes Startup ist deshalb, dass das Geschäftsmodell überhaupt so skalierbar ist, dass die Kosten nicht so schnell wachsen wie die Erlöse. Nur dann sind EBIT-Margen realisierbar, die Investoren Spaß machen.
Fazit: Systematisch denken
Bei der Suche nach guten Geschäftsideen und Start-ups gehen viele Menschen einfach emotional vor und vertrauen auf ihr Bauchgefühl. Wer aber nicht – wie die vielen Anleger während der Dotcom-Blase – enttäuscht werden möchte, der sollte systematisch an die Auswahl von Startups herangehen.
Gleichgültig, in welcher Unternehmensphase ein Investor investieren möchte: Anhand eines vernünftigen Prüfkatalogs, der unter anderem die jeweilige zeitliche Länge der vier oben beschriebenen Phasen, die darin jeweils ausgegebenen Mittel, die in der jeweiligen Phase beschäftigten Mitarbeiter und Zulieferer, sowie die jeweils definierten Etappenziele und Ergebnisse beinhaltet, ist jeder gute Investor in der Lage, die Professionalität des Managements und des Teams belastbar zu evaluieren und den Investitionserfolg zu prognostizieren.
Für Start-ups folgt daraus: Auch wenn kein System dieser Welt bombensicher ist: Ohne planvolles Vorgehen ist alles nichts.
Über den Autor:
Julian von Hassell ist Venture Capital Investor und geschäftsführender Direktor der an der Frankfurter Börse notierten Social Commerce Group SE. Die SCGSE ist eine Beteiligungsgesellschaft mit Fokus auf das Sport-Merchandising. Die Gesellschaft operiert als Seed und Early Stage Investor, der seine Beteiligungen langfristig hält, um ihren Wert nachhaltig zu stärken.