15 Fragen an Frank Geßner von 4scotty
“Ich bin Unternehmer und will etwas bewegen”
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Ich bin Unternehmer und will etwas bewegen. Das ist wichtiger als Chef zu sein. Ich will mit fähigen und mir angenehmen Menschen zusammenarbeiten, egal in welcher Rolle. Jeder gibt seinen Anteil zum Erfolg, egal ob Gründer oder angestellt. Besonders bei Start-ups gibt es ja so etwas wie „Chef“ sowieso nicht.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Ich hatte in meinen bisherigen Firmen immer die Verantwortung für Tech-Teams von jeweils einigen hundert Software-Profis. Für Recruiting ging da jeweils massiv viel Zeit drauf, denn schnell genügend begnadete Software-Experten zu finden und einzustellen, ist für jede Firma eine riesige Herausforderung.
Der Prozess mit Stellenanzeigen und Bewerbungsschreiben oder gar Headhuntern nervt ungemein und ist enorm ineffizient. Nach 2500 Bewerbungsgesprächen mit IT-lern hatte ich die Nase voll. Das muss doch einfacher gehen!
Die Idee war schnell geboren: Da Unternehmen sowieso schon um die besten Talente buhlen und diese sich de facto aussuchen können, zu welchem Arbeitgeber sie gehen, ist es für beide Seiten am einfachsten, wenn sich die Firmen direkt bei den Software-Experten bewerben. Über Marktplätze kommen Angebot und Nachfrage zusammen. Mehr Transparenz über Gehalt und verwendete Technologien ist zum Vorteil für beide Seiten.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Die ersten Monate bis zum Livegang von 4scotty haben wir Gründer aus eigener Tasche gestemmt. Dann haben wir erstes Wachstumskapital eingeworben – bevorzugt von Business Angels, die uns mit ihrer jeweiligen unternehmerischen Erfahrung auch inhaltlich helfen können.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Der herkömmliche Recruiting-Prozess mit Stellenanzeigen und Bewerbungsschreiben ist so fest in den Köpfen verankert, dass unser umgekehrtes Modell über einen Marktplatz kaum verstanden wurde – besonders auf der Arbeitgeberseite.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Viel mehr mit „visuellen Prototypen“ arbeiten und Feedback von potentiellen Nutzern zu den unterschiedlichsten Varianten von Features einholen um die beste User Experience zu finden, bevor diese aufwendig programmiert wird.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Wir hatten am Anfang nahezu alle Kanäle angetestet um zu sehen, welche für uns funktionieren. Derzeit betreiben wir einen Mix aus PR, Social (Facebook, Xing, LinkedIn, Twitter, etc.), Content Marketing und Events.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Am meisten natürlich mein Mitgründer Matthias Schleuthner, der aus seiner Erfahrung bei HRM Consulting enorm viel Know-how im HR-Bereich einbringen konnte. Nur mit ihm war es mir möglich das Modell zu definieren und auch umzusetzen.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Nicht warten, machen. Denkt in Quartalen und nicht Jahren. Vieles kommt auf dem Weg.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – Was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Beste Rahmenbedingungen für Frühphaseninvestoren, denn die Finanzierungschancen für Start- und Wachstumsphasen sind in Deutschland immer noch zu dünn. Die geplante Streubesitzbesteuerung wäre komplett die falsche Richtung.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Wenn nicht als Unternehmer, dann würde ich wahrscheinlich als Product Owner in der Software-Entwicklung arbeiten. Da kann ich auch Produkte gestalten und dabei unterstützen, gute Ideen umzusetzen.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Ich teste gerade Number26 und finde das Gesamtkonzept sehr spannend. Die Insights zum Modell wären sehr interessant zu erfahren.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Nur in die Zukunft. Die Vergangenheit ist vorbei und nicht mehr zu ändern. Besonders spannend wären für mich natürlich die technischen Innovationen, die uns erwarten. Doch auch, wie und ob die großen globalen Probleme gelöst werden.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
In den Ausbau und die Internationalisierung von 4scotty investieren und dafür sorgen, dass Talente einfacher bessere Jobs finden und Unternehmen einfacher passenden Mitarbeiter. Das ist ein gutes Investment ?.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Am liebsten in Jena mit meinen vier Blondinen, also meiner Frau und unseren drei Töchtern.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Warren Buffett, von dem ich sehr viel lernen könnte, nicht nur im Bereich Investments und Unternehmertum, sondern auch wie dies mit sozialer Verantwortung und gemeinnütziges Engagement vereinbar ist.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person:
Von 2012 bis 2014 war Frank Geßner Chief Information Officer bei Delivery Hero und weltweit verantwortlich für alle IT-Projekte. Um das Recruiting von IT-Spezialisten deutlich zu vereinfachen, gründete Frank Geßner im letzten Jahr 4scotty. Zuvor war er ?Mitgründer der Intershop AG, Anbieter ?für E-Commerce-Lösungen. Als Senior Vice President Engineering war Frank Geßner über zehn Jahre verantwortlich für die gesamte Produktlinie des Unternehmens.
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