Von Team
Donnerstag, 30. Juli 2015

Wenn Israelis und Palästinenser gemeinsam gründen

Philippe Aderhold berichtet für deutsche-startups.de aus der Mitte der Start-up-Metropole Tel Aviv. In seiner Gast-Kolumne wird er diesen Sommer tief in die Start-up-Szene Tel Avivs eintauchen - von Events und Partys berichten, schillernde Persönlichkeiten besuchen und interviewen sowie durch Offices touren.

Das Hightech Ecosystem in Tel Aviv ist eingeschworen und schwer zugänglich. Die Community wird dominiert von israelischen Technologie-Veteranen. Nach ihren Exits unterstützen sie die neue Generation von Gründern mit technischem Knowhow, Business-Skills und Kapital. Die Generation junger und gut ausgebildeter Palästinenser kommt mit starken Star-tup-Ideen und ist ebenfalls bereit die Welt zu verändern. Der Zugang zu den Technologie- und Start-up-Netzwerken, bei denen es auf Empfehlungen und Kontakte ankommt, ist für sie aber sehr schwer.


MEET Alumni 2015

Das im Jahr 2004 gegründete MEET-Programm ist das erste Programm, das sich aktiv für den bi-lateralen Austausch zwischen Israelischen und Palästinensischen Gründern im High-Tech-Bereich einsetzt. Meet steht für Middle East Entrepreneurs of Tomorrow und ist eine gemeinsame Initiative des MIT, Google, HP, USAID und weiteren großen Organisationen und Unternehmen.

Über die Landes- und Glaubensgrenzen hinweg setzt dieses Programm ein Zeichen. Seit dem Jahr 2004 haben 250 Alumni das Programm durchlaufen, auf 70 Plätze bewerben sich pro Jahrgang mehr als 1000 Kandidaten.

Jeder MEET-Jahrgang besteht aus 40 Jugendlichen, jeweils 10 israelischen und 10 Palästinensischen Jungen und Mädchen im Alter von 15 bis 17. Über drei Sommer hinweg treffen sich die Jahrgänge zu 5 wöchigen Intensivvorlesungen, gehalten von MIT Dozenten, in Jerusalem.  Bis heute gründeten MEET Alumni 50 Bi-Nationale Projekte und 11 Start-ups. Eva Vander Giessen ist die Leiterin von MEET in Jerusalem.

Eva, herzlichen Glückwunsch zu dem Programm. Wie hat MEET angefangen und wer sind die Köpfe dahinter?
MEET wurde im Jahr 2004 gegründet, durch eine Gruppe israelischer und palästinensischer Visionäre, mit der Idee, dass die Zukunft nur in einer Gemeinschaft der beiden Völker sinnvoll gestaltet werden kann. Zu dieser Zeit schien Frieden tatsächlich erreichbar. Dennoch glauben wir fest daran, dass unabhängig von der aktuellen politischen Lage, ein Netzwerk von israelischen und palästinensischen Entscheidungsträgern einen Unterschied machen wird.

MEET ist ein großartiges Beispiel, wie interkulturelle Grenzen aufgebrochen werden können. 11 Start-ups sind bereits aus dem Programm herausgegründet worden. Welche sind besonders bemerkenswert?
Alle unsere Alumni sind mit 18 bis 25 Jahren noch am Anfang ihrer beruflichen und akademischen Karrieren. 3 Start-ups, die mir besonders am Herzen liegen kommen aus dem sozialen Bereich. SmartBus bietet Schulen in unterprivilegierten Gegenden günstige Transport-Dienstleistungen für seine Schüler. MiJob ist eine Mini-Job-Plattform für Teenager. Expose richtet sich gegen die einseitige Berichterstattung der Medien, indem Nachrichten von Israelischer und Palästinensischer Seite berichtet werden.

Was sind deine Pläne für die Zukunft von MEET und wo soll MEET in 5 Jahren stehen?
Wir messen unseren Erfolg daran, wie viele unserer Alumni in Führungspositionen soziale und politische Impulse im Mittleren Osten setzen. Unser Modell legt den Grundstein dafür, dass unsere Alumni in herausragende Rollen in Business, Politik und sozialen Bewegungen eine gerechtere und friedlichere Zukunft für unser Land bauen können.


Mohammad Wari, MEET Alumnus

Mohammad Wari ist MEET Alumnus aus Ost-Jerusalem. Mit 15 Jahren war er im ersten Jahrgang des Programms. Im Anschluss studierte er Wirtschaftswissenschaften in Ramallah und arbeitete im Investmentbereich einer Israelischen Bank. Gerade bereitet er die Gründung seines ersten Start-ups vor.

Mohammad, welcher Aspekt des MEET Programms war für dich der wertvollste?
Ich habe bei MEET gelernt, dass vieles gemeinsam einfacher geht, in allen unseren Projekten legen wir Wert darauf etwas an die Community zurückzugeben.

Womit beschäftigst du dich aktuell?
Um Fuß zu fassen in Tel Aviv habe ich nach meiner Zeit bei einer großen Israelischen Bank ein Praktikum bei einem Venture-Kapital-Fund gemacht. Jetzt arbeite ich auf den Launch meines eigenen Stat-ups hin. Ich kann nicht viel sagen, es ist eine Social-App für den US-Markt.

Wie ist es für dich als Palästinenser in der Israelischen High-Tech Industrie?
Es ist nicht einfach. Wir haben andere Startvoraussetzungen: Palästinenser absolvieren keinen Militärdienst in den High-Tech-Einheiten und wir haben sehr wenige Vorbilder von arabischen Gründungen.

Hat MEET dich beeinflusst in deiner Berufswahl? Wo siehst du dich in 5 Jahren?
MEET hat mich sehr beeinflusst. Mit 15 hat mich MEET intensiv mit Unternehmertum und Führungsqualitäten konfrontiert. Es ist sozusagen Teil meiner DNA geworden.

Philippe Aderhold berichtet nun regelmäßig für deutsche-startups.de aus der Start-up Welt Tel Avivs. Wir freuen uns sehr über Kommentare und Anregungen. Bis bald und herzliche Grüße aus der Sonne.

In der Reihe “Start-up City Tel Aviv” bisher erschienen: “Jeder junge Israeli kennt einen, der in Start-ups macht

Foto: Happy man standing and looking at a cityscape of modern city from Shutterstock