Von Alexander
Freitag, 24. Juli 2015

“Gesetzesentwurf entzieht dringend benötigtes Kapital”

Schon wieder das Anti-Angel-Gesetz! Das Bundesfinanzministerium hat am Mittwoch den 'Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung' veröffentlicht. Mit diesem Gesetz soll die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitzbeteiligungen einführt werden.

Harte Worte von Florian Nöll vom Startup-Verband: “Die Bundesregierung betont bei jeder Gelegenheit, dass sie die Finanzierungsbedingungen für Startups nicht verschlechtern wird. Mit dem Gesetzesentwurf bricht sie dieses Versprechen und entzieht unseren Gründerinnen und Gründern massiv dringend benötigtes Kapital. Die Einbeziehung des komplizierten EU-Beihilferechts bei der Frage der Steuerermäßigung sorgt für Intransparenz und Bürokratie bei den Investoren. Zudem wird Erfolg durch das neue Gesetz betraft. Gelingt einem finanzierten Startups beispielsweise ein Börsengang, erhält der Business Angel die Steuerermäßigung nicht. Dadurch werden wir noch weniger Business-Angel-Investments haben als jetzt.”

Zum Hintergrund teilt der Start-up Verband mit: “Das Bundesfinanzministerium hat am Mittwoch den ‘Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung’ veröffentlicht. Mit diesem Gesetz soll die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitzbeteiligungen einführt werden. Diese in der Startup-Welt als ‘Anti-Angel-Gesetz‘ genannte Steuer wirkt sich direkt auf die Finanzierung von Startups durch Business Angel aus. Angels sind private Investoren, die jungen Unternehmen in einer sehr frühen Gründungsphase Eigenkapital, Knowhow und Netzwerke zur Verfügung stellen. Ein Drittel der Startup-Unternehmen geben im Deutschen Startup Monitor 2014 an, Geld von Business Angels erhalten zu haben. Damit sind Business Angels neben öffentlichen Fördermitteln und Ersparnissen von Gründern und ihren Familien die wichtigste Finanzierungsquelle für Startups. Das Bundesfinanzministerium plant mit der Einführung der Besteuerung der Veräußerungsgewinne zeitgleich eine Steuerermäßigung für Business Angel.

Während Deutschland bei den steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für Venture Capital auf dem letzten Platz in Europa liegt, ist die aktuell gültige steuerliche Befreiung von Veräußerungsgewinnen ein unverzichtbare Investitionsvoraussetzung für Business Angel. Diese elementare Voraussetzung wird mit dem Gesetzesentwurf abgeschafft und durch eine marginale und in der Praxis unbrauchbare bürokratische und intransparente Steuerermäßigung ersetzt.

Bislang ist die Steuerermäßigung bei Veräußerungsgewinnen aus Streubesitz bei nahezu 100 %, wenn der Business Angel das erlöste Kapital wieder reinvestiert. Nun wird sie auf ein zu vernachlässigendes Minimum begrenzt. Unabhängig von der intransparenten rechtlichen Situation für Business Angels würde eine nun zwingende Beachtung von Beihilferecht bei der Frage der Steuerermäßigung die Anstrengungen des Startup-Verbands aber auch anderer Akteure wie des BMWi mit seinem Invest-Programms zur Gewinnung neuer Business Angel-Investments deutlich konterkarieren.

Der Startup-Verband weist darüber hinaus auf die negativen Auswirkungen des Gesetzesentwurfs auf die Investitionsbereitschaft der Business Angel hin. Schon als der hessische Finanzminister Dr. Thomas Schäfer im Herbst 2014 mit der Bundesratsinitiative ‘Steuerschlupflöcher schließen, Steuervergünstigungen abbauen, Investitionen ankurbeln’ einen ähnlichen Vorschlag formulierte, war große Verunsicherung und eine Verschlechterung des Investitionsklimas spürbar. Diese politische Unsicherheit entfaltet eine starke Außenwirkung für inländische und ausländische Investoren, die das Vertrauen in Deutschland und seine Startups als Investitionsziel schmälert”.

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“Die Gründung eines Startups verlangt viel Mut und Risikobereitschaft. Das letzte was unsere Gründerinnen und Gründer gebrauchen könnten ist eine Verunsicherung durch den Gesetzgeber. Die Bundesregierung ist dringend aufgefordert, hier für eine Klarstellung zu sorgen”, sagt Nöll zum geplanten Gesetz.

Neben dem Bundesverband Deutsche Startups erhob bereits der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BDK) seine Stimme gegen das Vorhaben. In einem vom BVK initiierten offenen Brief wandten sich Ende Mai bereits 19 Wirtschaftsverbände an die Ministerpräsidenten. Ihre Forderung: Die Empfehlungen und Warnungen von Wirtschaftsministerkonferenz und EFI-Kommission ernstnehmen, den Status quo der Steuerregeln für Streubesitzveräußerungen beibehalten und so Schaden vom Investitionsstandort Deutschland abwenden. Es wird somit ein heißer Sommer für die deutsche Start-up-Szene.

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