“Die Euphorie wurde von der Finanzaufsicht gedämpft”
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein
Für mich ist der Punkt nicht, Chef zu sein. Der Punkt ist größtmögliche unternehmerische Freiheit und Eigenverantwortung. Natürlich ist man auch als Gründer/Unternehmer nie 100-prozentig frei, aber die Leitplanken steckt nicht irgendeine Konzernstruktur, sondern der Markt und damit der Kunde.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Das Modell von bankless24 ergibt sich ziemlich konsequent aus 2 Faktoren: Zum einen aus meiner beruflichen Entwicklung als Banker und Private Equity Investor im Mittelstand und zum anderen aus der Fortentwicklung technischer Möglichkeiten – ohne Web kein Crowdfunding.
Der Gedanke, einerseits Anlegern eine neue, riesige Anlageklasse zu eröffnen und andererseits mittelständischen Unternehmen Zugang zu Kapital außerhalb der üblichen (klassischen) Wege zu verschaffen war latent schon Jahre vorhanden. Crowdfunding mit seinem ursprünglichen Spendengedanken in die Welt der Investments zu übersetzen war dann nur der logische Schritt.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Das Startkapital stammte aus meiner vorherigen beruflichen Tätigkeit. Außerdem konnten wir recht früh einen Business Angel gewinnen. Finanzinvestoren haben wir bisher nicht aufgenommen, denken aber derzeit darüber nach, um schneller skalieren zu können.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Wir bewegen uns in einem regulierten Umfeld. Die anfängliche Euphorie, etwas Neues zu gestalten, wurde zeitweise ziemlich heftig von der Finanzmarktaufsicht gedämpft. Wir waren einfach recht früh dran mit unserem Thema. Die Plattformentwicklung haben wir extern vergeben. Ein sinnvoller Schritt aus damaliger Sicht, aber nicht immer ganz einfach an der Schnittstelle Finanzer – Entwickler.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Ich würde von Anfang an mit einem Team starten, das die Kernkompetenzen inhouse vereint. Aber es ist eigentlich müßig, in „hätte“, „wäre“, „könnte“ zu denken. Wichtig ist, dass man Entscheidungen trifft, aber auch bereit ist, diese zu korrigieren. Dazu sind viele etablierte Konzerne nicht oder nur langsam in der Lage. Genau das eröffnet ja die immensen Chancen für sog. disruptive Modelle.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Das ist eine Mischung. Recht breiten Raum nimmt Online-Marketing in verschiedenen Facetten ein. Aber auch klassisches Marketing ist vor dem Hintergrund unserer Zielgruppe Mittelstand von großer Bedeutung.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Da gab es einige, die jeweils mit den ihnen eigenen Mitteln wertvolle Unterstützung geleistet haben. Am Ende ist es aber immer deine Familie, die dich trägt und mit dir durch die emotionalen Wellen geht. Also: an allererster Stelle meine Frau!
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Keep calm and carry on!
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Dass Deutschland zum Gründungsstandort wird. Startups sind der Mittelstand von morgen. Seit Jahren oder Jahrzehnten schon soll Gründung in unserem Land erleichtert werden. Meist bleibt es leider bei blumigen Reden und Programmen, die toll klingen, aber in der Umsetzung und im Kompetenzgewirr versanden. Mit Blick auf Crowdfunding: Seid mutig, Politiker! Sonst werden wir auch in dem Thema schnell von anderen Ländern abgehängt.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich wäre wahrscheinlich nach wie vor Private Equity Investor. Nicht die schlechteste Alternative – zumindest mit deutlich entspannterer Brieftasche.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Ich würde gerne mal bei einem der Rocket Start-ups schnüffeln – egal bei welchem. Eigentlich nur, um mal zu schauen, ob denn all das so ist, wie es immer kolportiert wird.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Ich denke, wir sind mit unserer Gegenwart vergleichsweise gut bedient. Die Vergangenheit kann ich mir durch Lektüre erschließen. Also reise ich in die Zukunft. Muss ich wieder zurück?
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Einen Teil stecke ich in bankless24. Den Rest in Projekte auf unserer Plattform – also irgendwie auch in bankless24.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Swim. Bike. Run.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Elon Musk. Ich will die Geschichte, wie er superknapp, kurz vor der Pleite doch noch Investoren gefunden hat, aus seinem Mund hören.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person:
Dirk Littig ist Gründer und Geschäftsführer von bankless24, der ersten Crowdinvesting Plattform für den Mittelstand. Zuvor arbeitete Dirk viele Jahre in leitenden Funktionen für Private Equity Gesellschaften. Den Großteil seiner beruflichen Erfahrungen hat er in verschiedensten Bereichen der Bankbranche gesammelt. Er war Leiter Equity Capital Markets, Vorstandsassistent und Unternehmenskundenbetreuer. Dirk hat an der Berufsakademie Mannheim Betriebswirtschaftslehre studiert.