Von Team
Freitag, 8. Mai 2015

Rechtliche Fallstricke, in die Start-ups tappen können

Die Praxis zeigt, dass Gründer von Unternehmen vor sehr vielseitigen Herausforderungen auf allen Gebieten stehen. Die eigene Expertise kann sich unmöglich auf sämtliche für ein Unternehmen in der Gründungsphase relevanten Gebiete erstrecken. Gastbeitrag von Rechtsanwalt Thomas Cluesmann.

Start-ups stehen besonders in der Zeit vor und kurz nach dem Startschuss vor vielseitigen Herausforderungen. Dass es in aller Regel einer ordentlichen Liquiditätsausstattung und einer Strategie bedarf, liegt genau so auf der Hand wie die Verbreitung des Geschäftsmodells durch entsprechende Marketingaktivitäten. Gerade zur Geburt des Unternehmens bis hin zu den ersten Schritten auf dem hart umkämpften Markt finden sich viele rechtliche Fallstricke, die den wirtschaftlichen Erfolg gefährden oder für das junge Start-up bereits kurz nach der Gründung das Aus bedeuten können.

1. Markenschutz
Es ist vollbracht. Nach vielen Überlegungen, Diskussionen und im Zweifel jeder Menge Kaffee haben Sie den Namen für Ihr Unternehmen gefunden. Sie reservieren Domains, geben den Entwurf eines Logos in Auftrag, gestalten anschließend Ihren Briefkopf und lassen Visitenkarten drucken. Im Besten Falle haben Sie zur Vermeidung von Streitigkeiten zuvor den Markt nach Anbietern mit ähnlichen Bezeichnungen durchforstet.
Woran Sie jedoch unter Umständen nicht gedacht haben ist, dass Ihr Name so gut und kreativ ist, dass er auch Ihren Mitstreitern gefällt. Diese können sich Ihrer Kreativität bedienen und Ihren Namen für das eigene Unternehmen oder ein ähnliches Geschäftsmodell verwenden. Sind Sie mit Ihrer Idee und Ihrem Unternehmen auf Erfolgskurs, stehen im Zweifel die ersten Klone in den Startlöchern.

Sollte Ihr Unternehmen beispielsweise in Form einer GmbH unter Ihrem Namen firmieren, besteht zwar die Möglichkeit zumindest den Namen der GmbH gegenüber Ihren Konkurrenten zu verteidigen. Diese Möglichkeit ist jedoch in der Regel nur örtlich begrenzt, nämlich auf den Zuständigkeitsbereich des Handelsregisters, bei dem Ihre Gesellschaft eingetragen ist. Der Firmenname einer in Kiel ansässigen GmbH wird nur schwerlich gegen eine GmbH mit identischer Firmierung in München verteidigt werden können. Dies gilt umso mehr, je allgemeiner ein Firmenname ist. Weiterhin sind digitale Geschäftsmodelle in der Regel nicht geographisch begrenzt, sodass Ihnen der örtlich auf Ihren Geschäftssitz begrenzte Schutz in der Sache wenig hilft.

Mitstreiter, die sich Ihres Firmennamen bedienen, können jedoch noch weiter gehen: Sofern Sie keine Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet haben, besteht die Möglichkeit, dass Ihr Konkurrent Ihren Namen als Marke anmeldet. Sie haben zwar nach der Anmeldung die Möglichkeit, Widerspruch zu erheben. Dies setzt jedoch voraus, dass sie überhaupt in Kenntnis der Markenanmeldung durch einen Dritten sind. Die Wichtigkeit einer Markenanmeldung wird oftmals unterschätzt und angesichts der entstehenden Kosten auf die lange Bank geschoben. Dies kann wie aufgezeigt für ein junges Startup unliebsame Konsequenzen nach sich ziehen.

2. Ihre brillante Idee – Schutzlos kopiert
Die Ausführungen zur Notwenigkeit, den Unternehmensnamen als Marke zu schützen, lassen sich auch auf die brillante Idee übertragen, die Ihr Geschäftsmodel ausmacht: Die investierte Zeit zur Entwicklung eines Produkts, eines Verfahrens oder ähnlichem kann schnell vergeudet sein, wenn sich ein Dritter dieser Arbeit berühmt und sich dann auch noch das Patent oder ein anderes Schutzrecht hierfür sichert. Solange sich der Dritte die Informationen über Ihre Idee auf rechtmäßigem Wege beschafft hat, ist ein Vorgehen gegen beispielsweise eine Patenanmeldung nur schwer möglich. Auch hier gilt es, frühzeitig die Rechte an den eigenen Ideen und Entwicklungen zu sichern, um den langfristigen Erfolg des Unternehmens zu gewährleisten.

3. Ihre Domain
Das Domaingrabbing ist ein Geschäftsmodell. Haben Sie sich mit Ihrem Unternehmen bereits einen Namen gemacht, kann es leicht passieren, dass sich Domaingrabber Ihren Firmennamen zu Eigen machen und verschiedene Top-Level-Domains registrieren. Oftmals werden die durch Domaingrabber registrierten Domains dann an die jeweiligen Unternehmen zum Verkauf angeboten – wohl bemerkt gegen ein überhöhtes Entgelt. Soweit Sie Ihren Firmennamen nicht markenrechtlich geschützt haben, ist Ihre Rechtsposition gegenüber dem Domaingrabber aber auch gegen die Domainregistrierungsstelle geschwächt. So können Sie nur aus dem Namensrecht oder Ihrer Firmierung vorgehen. Wenn Sie jedoch Ihren Unternehmensnamen als Marke angemeldet haben, können Sie unmittelbar aus Ihrem Markenrecht rechtlich gegen den Domaingrabber und die Registrierungsstelle vorgehen. Allerdings gestaltet sich ein solches Vorgehen gegen Domaingrabber meistens schwer, da diese ihren Sitz im Ausland haben oder aber nicht auffindbar sind. Es gilt also auch die Top-Level-Domainendungen jenseits von .de und .com von Beginn an ins Blickfeld zu nehmen. In jedem Fall sollte ein weitreichender Markenschutz beantragt werden, etwa in Form einer europäischen Marke.

4. Rechtssicherer Onlineauftritt und abmahnsichere Rechtstexte
Ihr Startup ist online. Die ersten Bestellungen der von Ihnen angebotenen Produkte gehen ein. Doch plötzlich flattert unerwartet eine Abmahnung eines Konkurrenten ins Haus, der Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen wegen einer unzulässigen Klausel rügt. Hier wurde eindeutig am falschen Ende gespart: AGB sollten nicht halbherzig ohne juristische Expertise erstellt werden. Schon gar nicht sollten AGB zusammenkopiert werden. Hier bedarf es stets einer auf das eigene Geschäftsmodell abgestimmten Gestaltung und rechtlichen Prüfung. Der Weg zum juristischen Berater ist unumgänglich. Abmahnsichere AGB und Rechtstexte, wie beispielsweise das Impressum, sind gerade zu Beginn von unterschätzter Wichtigkeit. Die Konkurrenz wartet in ihren Startlöchern, um Ihnen etwas auszuwischen, gerade wenn Sie mit Ihrem Geschäftsmodell ihre Umsätze gefährden.

5. Verträge
Sie sind erfolgreich auf Kurs. Alles scheint den gewünschten Weg zu gehen. Unerwartet kommt der Berater, der Ihnen bei den Verhandlungen mit Banken, Behörden und anderen Einrichtungen stets zur Seite stand und hierfür sicherlich nicht unbeträchtliche Vorschusszahlungen auf sein Honorar kassiert hat, mit einer Schlussrechnung auf Sie zu. Der Vertrag wurde ohne eine genaue Prüfung durch den Fachmann geschlossen – schließlich machte der Berater einen seriösen und vertrauenswürdigen Eindruck und seine Referenzen sprachen für ihn. Im Vertrag wurden die von ihm zu erbringende Leistungen und sein Honorar nicht eindeutig vereinbart. Auf der Agenda steht nun nur noch Schadensbegrenzung. Vor dem Vertragsschluss hätte man die finanziellen Mittel in die Hand nehmen müssen, um den Vertrag, der in der Regel durch den Berater gestellt wird, rechtlich überprüfen zu lassen. Auf Verbraucherschutzvorschriften können sich Gründer nur in extremen Ausnahmefällen berufen.

Besonders Projektverträge oder IT-Verträge müssen klar und präzise formuliert werden. Ein IT-Projektvertrag ohne die Vereinbarung von Milestones und Regelungen über die Rechtsfolgen bei Verzögerungen (Vertragsstrafe, Gutschriften, usw.) kann fatale Auswirkungen haben. Geht aus dem Vertragswerk nicht eindeutig hervor, welche Leistung zu erbringen ist und bis zu welcher Zeit sie erbracht werden muss, können Sie meist nicht einmal die von Dritten gegen Sie erhobenen Schadensersatzansprüche weiterreichen, geschweige denn den entgangenen Gewinn fordern. Im schlimmsten Falle müssen Sie ohne eine brauchbare Gegenleistung erhalten zu haben, die vereinbarte Vergütung zahlen.

Lesetipp: Mehr über Start-ups und Recht in unserem Themenschwerpunkt

Fazit
Die Praxis zeigt, dass Gründer vor vielseitigen Herausforderungen auf allen Gebieten stehen. Die eigene Expertise kann sich unmöglich auf sämtliche für ein Unternehmen in der Gründungsphase relevanten Gebiete erstrecken. Die Anmeldung von Schutzrechten, wie Marken oder Patente sowie die Gestaltung von Verträgen durch den Fachmann sind natürlich mit Kosten verbunden. Diese Investitionen zahlen sich jedoch meist unverhältnismäßig hoch aus soweit auch nur eines der vorgenannten Probleme auf Ihr Startup zukommt.

Zur Person
Thomas Cluesmann ist Rechtsanwalt und Partner bei der Strategieberatung kehren+partner, welche Unternehmen bei Ihrem Weg in das digitale Business und bei der Bewältigung digitaler Herausforderungen, wie Disruption und Transformation unterstützt. kehren+partner verfolgt dabei den Ansatz, Gutes zu bewahren, zu ergänzen und zu transformieren.

Foto: Law code, gavel and books from Shutterstock