Schon vor der Gründung Gedanken machen!
Welche Versicherungen sollten Start-ups abschließen?
Vieles rund um die Gründung und den Aufbau eines Start-ups klingt ziemlich sexy und attraktiv. Der Abschluss von Versicherungen dagegen eher weniger. Aber: Im Schadensfall die richtigen Versicherungen abgeschlossen zu haben, kann SEHR wichtig sein. Welche Versicherungen sind also wichtig In einem Interview mit Stefanie Kopplin und Andreas Sperber von Hiscox, einem Versicherer, der sich auf kleine und mittlere Unternehmen spezialisiert hat, versucht deutsche-startups.de, Antworten auf diese Frage zu finden.
Zu welchem Zeitpunkt sollte ein Start-up erstmals über das Thema Versicherung nachdenken?
Sinnvoll ist es, sich Gedanken über die Versicherungen bereits vor der Gründung und der Eintragung ins Handelsregister zu machen, damit die Kosten für die Versicherungen in den Business Plan einkalkuliert werden können. Spätestens jedoch ab dem Zeitpunkt, ab dem das Start-up mit dem operativen Geschäft anfängt. Ab da kann das Start-up in Rechtsanspruch genommen werden, weil ihm z. B. ein Fehler unterlaufen ist und der zu leistende Schadensersatz das Unternehmen in den Ruin treiben würde. Unsere Erfahrung zeigt, dass die meisten Start-ups im IT-Sektor und der digitalen Szene gegründet werden und da können schnell Fehler passieren – sei es die versehentliche Löschung der Daten bei der Datenmigration, Fehlprogrammierung oder ganz einfach Datenverlust, wenn der Laptop verloren geht und darauf wichtige Kundendaten gespeichert waren. Wenn man dann wegen Verletzung der Geheimhaltungspflicht in Regress genommen wird, kann es sehr schnell teuer werden.
Welche Versicherungen machen für Start-ups Sinn?
Das kommt auf die Art des Start-ups an. Sinnvoll ist auf jeden Fall eine Berufshaftpflicht-Versicherung, die Vermögensschäden absichert und genau auf die jeweilige branchenspezifische Tätigkeit abgestimmt ist. Die Risiken eines IT-Entwicklers unterscheiden sich natürlich von den Risiken eines Webdesigners. Wenn z.B. einem IT-Entwickler, der gerade sein kleines Unternehmen gegründet hat, ein Programmierfehler unterläuft und seinem Kunden dadurch ein Schaden entsteht oder der Kunde gar Umsatzeinbußen erleidet und dieser ihn als Folge dessen in Rechtsanspruch nimmt, unterscheiden sich die Risiken deutlich zu denen eines Webdesigners, der ein Bild nicht richtig kennzeichnet und auf Schadensersatz verklagt wird. In beiden Fällen sollte man eine Berufshaftpflichtversicherung haben, die speziell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Tätigkeit angepasst ist.
Verfügt das Unternehmen über verhältnismäßig große Büroräume sowie viele Angestellte und führt regelmäßig Kundentermine durch, ist eine Betriebshaftpflicht sinnvoll, um Personen- und Sachschäden zu versichern. Je nach Ausstattung des Start-ups, wenn z.B. wertvolle (elektronische) Ausstattung vorhanden ist oder wertvolle Produkte hergestellt werden, sollte auch eine Sach-Inhalt-Deckung in Betracht gezogen werden. Wenn das Start-up ein Online-Shop ist bzw. viele Kundendaten hat, macht auch eine Cyberversicherung für den Fall Sinn, dass man einen Datenverlust oder Hackerangriff erleidet.
Gibt es auch Versicherungen, die dann wichtig werden, wenn man sich externes Kapital, zum Beispiel von Investoren, ins Boot holt?
Grundsätzlich sollte sich jedes Unternehmen, egal ob es die Kapitalspritze durch Crowdfunding, Bank, Familie, Business Angels oder Venture Capitalists bekommen hat, gegen die Risiken absichern, die genau sein Business betreffen können. Soll heißen: Branchenspezifische Risiken sollten unbedingt versichert sein. Jedem Start-up-Geschäftsführer bzw. Gründer sollte klar sein, dass er im Falle einer Insolvenz unter Umständen mit seinem gesamten Privatvermögen haftet. Daher sollten sie ihr Privatvermögen vorher mit einer D&O (Directors & Officers) -Versicherung schützen.
Welchen Punkten sind beim Abschluss von Versicherungen seitens eines Start-ups besondere Aufmerksamkeit zu widmen? Welche Fallstricke und Risiken schlummern in Versicherungsverträgen?
Grundsätzlich sollte man darauf achten, dass die branchenspezifischen Risiken versichert sind, und die Versicherungen genau zur Berufsgruppe passen. Bei den entsprechenden Versicherungen ist eine All Risk-Deckung unabdingbar. Das bedeutet, dass alle branchenspezifischen Tätigkeiten versichert sind, soweit sie nicht explizit ausgeschlossen sind. Denn hier schlummern die meisten Risiken, da viele Versicherungen am Ende gar nicht das versichern, was hätte versichert werden sollen. Wichtig ist zudem, dass die Versicherung eine Eigenschaden-Komponente hat. So werden Aufwendungen beim berechtigten Rücktritt des Auftraggebers beglichen, wenn z.B. ein Projekt gecancelt wurde, aber vorab schon Investitionen getätigt wurden. Es ist zudem empfehlenswert, auf ein einfaches, verständliches und nicht zu langes Bedingungswerk zu achten.
Ist eigentlich das unternehmerische Risiko eines Start-ups auch versicherbar? Inwiefern?
Das kommt darauf an, wie man ein unternehmerisches Risiko definiert: Es gibt keine Versicherung, die Start-ups davor schützt, dass ihre Ideen im Markt nicht angenommen werden. Stattdessen kann eine Versicherung sie dabei unterstützen, ihr eigenes Vermögen (z.B. bei Urheberrechtsverletzungen oder Persönlichkeitsrechtsverletzungen) zu schützen: Sie kann ihnen den Rücken stärken, indem sie die Ansprüche Dritter begleicht oder abwehrt, alle Mitarbeiter und Subdienstleister versichern, einfach im Hintergrund dafür sorgen, dass das Start-up das tut, was es am besten kann: seine Idee vorantreiben, ohne sich Gedanken über möglich Ansprüche machen zu müssen.
Passend zum Thema: “Start-ups und Versicherungen – tragbarer Kompromiss gesucht“, “Richtig versichert als Gründer (unter finanzieller Unsicherheit)” und “7 Versicherungen, an denen kein Gründer vorbeikommt“.
Zu Personen
Stefanie Kopplin arbeitet seit 2011 bei Hiscox . Nach Ihrem Masterstudium in Business Administration und International Management, arbeitete sie bei Versicherungsunternehmen in Stuttgart, Sydney und München. Seit 2012 hat sie die Teamleiter Rolle für beruflichen Risiken bei Hiscox.
Andreas Sperber arbeitet seit 2012 bei Hiscox . Seit 2006 in der Online Branche tätig, war er mehrere Jahre als Projektleiter bei einer Internetagentur, bevor er 2012 ins Direktgeschäft bei Hiscox wechselte und dort für die online Marketing Aktivitäten für den deutschen Markt verantwortlich ist.