Mitarbeiter-Beteiligungs-Regelungen in Term-Sheets
Dies ist der achte Beitrag einer Beitragsreihe über Term-Sheets und deren Verhandlung. Die Autoren gehen in dieser Beitragsreihe insbesondere auf die Unternehmenswertermittlung bei Start-Ups, auf Probleme des geistigen Eigentumsrechts und auf konkrete Regelungen eines Term-Sheets ein, und geben Gründern wertvolle Hinweise, wie sie sich auf eine Term-Sheet Verhandlung vorbereiten und was sie bei dieser beachten sollten.
Für Start-Ups ist es unerlässlich, gute Mitarbeiter frühzeitig für sich zu gewinnen und diese auch langfristig zu halten.
Statt mit hohen Gehältern werden die Mitarbeiter häufig mit Gewinnbeteiligungen und (stimmrechtslosen) Geschäftsanteilen entlohnt. Das hat nicht nur einen positiven Effekt auf die Liquidität des Start-Ups.
Indem die Mitarbeiter unmittelbar an dem Wachstum des Start-Ups beteiligt sind, zeigen sie regelmäßig mehr Einsatz als in einem reinen Anstellungsverhältnis.
Der Ausgestaltung eines Mitarbeiterbeteiligungsprogrammes ist dabei kaum Grenzen gesetzt.
So können Mitarbeiter sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt unmittelbar als Gesellschafter oder nur mittelbar durch eine Beteiligungsgesellschaft an dem Start-Up beteiligt werden.
Sollen die Mitarbeiter lediglich am Gewinn des Start-Ups partizipieren, liegt eine schuldrechtliche Beteiligung vor, genannt ‘Phantom Shares’ (virtuelle Anteile) oder ‘Share Appreciation Rights’ (‘SAR’).
Der Mitarbeiter wird bei diesen virtuellen Anteilen wirtschaftlich so gestellt, als wäre er Gesellschafter des Start-Ups. Dabei kann der Mitarbeiter (wiederkehrend) an dem Gewinn oder an dem späteren Verkaufserlös partizipieren. Zuweilen ist eine Partizipation auch für beide Situationen vorgesehen.
Investoren sollten bereits frühzeitig in die Pläne zur Mitarbeiterbeteiligung einbezogen werden, bestenfalls schon in der Term-Sheet Verhandlung.
Schließlich würde der Investor an Entscheidungen über die Gewinnverteilung sowie über die Aufnahme neuer Gesellschafter mitwirken, wenn er denn Gesellschafter wird. Das heißt, dass er Mitarbeiterbeteiligungsprogramme ohnehin entscheidend mitprägen, bisweilen sogar torpedieren kann.
Daher ist es ratsam, einem Investor Pläne zur Mitarbeiterbeteiligung bereits zu Beginn der Zusammenarbeit offenzulegen und gemeinsame Entschlüsse herbeizuführen.
Dies erspart Gründern eine unangenehme Auseinandersetzung mit dem Investor in einer späteren Gesellschafterversammlung.
Im Folgenden wieder sinngemäße Auszüge aus einer fiktiven Term-Sheet-Verhandlung plus hochkarätige Tipps , die zur Gänze in diesem Video mitgeschnitten wurde:
Investor (I): Als nächstes müssen wir nun über die Mitarbeiterbeteiligung sprechen, Ziffer 13 des Term-Sheets. Ihr hattet uns ja vor Erstellung des Term-Sheets gebeten, eine Regelung zur Mitarbeiterbeteiligung aufzunehmen.
Hinweis: Es war von den Gründern taktisch klug, dem Investor bereits vor Erstellung des Term-Sheets aufzugeben, eine Regelung zur Mitarbeiterbeteiligung aufzunehmen. Es ist immer besser, nur den Inhalt einer Regelung nachzuverhandeln, als diese komplett neu in ein bereits bestehendes Term-Sheet hinein zu verhandeln.
I: Ich finde unsere Regelungen spitzenmäßig. In Ziffer 13 des Term-Sheets schlagen wir Euch folgendes vor:
‘Vergabe virtueller Geschäftsanteile an bestehende und zukünftige Mitarbeiter nur mit Zustimmung des Investors und bis maximal 5 %’
und
‘Beim Exit nehmen diese Mitarbeiter am Verkaufserlös in der Höhe ihrer virtuellen Geschäftsanteile teil’.
Start-up (SU): Du wirkst überrascht, dass wir um die Aufnahme einer Regelung zur Mitarbeiterbeteiligung gebeten haben. Dabei haben wir es sogar Euch überlassen, den Inhalt der Regelung auszugestalten.
I: Ehrlich gesagt wundert es mich schon ein bisschen, dass Ihr Mitarbeiter beteiligen wollt. Das heißt ja, dass Ihr als Team noch nicht ausreicht, um erfolgreich zu sein. Ich dachte, Ihr seid ein starkes Team und braucht niemanden mehr.
Hinweis: Mit dieser Aussage versucht der Investor die Gründer von der Regelung abzubringen. Wenn erst der Beteiligungsvertrag geschlossen ist, wird es für die Gründer schwer, ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm umzusetzen, das wirtschaftlich nicht allein zu ihren Lasten geht.
Die Überraschung des Investors ist hier auch nur gespielt. Jeder Investor weiß, dass Start-Ups gute Mitarbeiter nur mit einer Beteiligung anlocken können – ein ausreichendes Gehalt kann kein Start-Up zahlen.
SU: Wir sind auch jetzt schon ein starkes Team, da bestehen überhaupt keine Zweifel. Aber wenn wir demnächst mehrere 100.000 Nutzer haben – was Ihr Euch ja auch wünscht -, dann wird vielleicht der eine oder andere Marketing-Experte dazu kommen. Und wie Du Dir denken kannst, können wir diesem Experten kein marktübliches Gehalt zahlen.
I: Ja ja, schon verstanden.
SU: Unser Wunsch wäre es, den Mitarbeiter keine Geschäftsanteile zu geben, sondern sie nur wirtschaftlich wie diese zu stellen.
I: Ihr möchtet also Phantom Shares für Eure Mitarbeiter.
SU: Richtig.
I: Das haben wir in der Regelung ja auch so vorgesehen – schön, dass wir uns hier einig sind. Ich finde eine virtuelle Beteiligung insofern gut, als dass die Mitarbeiter bei dieser Art von Beteiligung keine Stimmrechte haben. Sie werden nur am Verkaufserlös und nicht an der Gesellschaft selbst beteiligt.
Wir hätten auch keine Lust, uns mit irgendwelchen Mitarbeitern in der Gesellschafterversammlung auseinanderzusetzen.
Hinweis: Wenn Mitarbeiter als Gesellschafter des Start-Ups beteiligt werden, entsteht eben dieses Risiko.
Sie erhalten pro rata dieselben Rechte wie Gründer und Investoren. Dabei geht es nicht nur um Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung, die etwaige Beschlussfassungen erschweren können.
Dies könnte durch sogenannte stimmrechtslose Geschäftsanteile umgangen werden. Sie erhalten aber zum Beispiel auch alle diejenigen Informationen, die Gründer und Investoren erhalten. Häufig ist es aber taktisch unklug, Mitarbeiter in die Entscheidungen zu bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen einzuweihen oder ihnen die einzelnen Bilanzpositionen detailliert offen zu legen.
Werden Mitarbeiter ‘nur’ im Wege virtueller Anteile, also ‘phantommäßig’, beteiligt, erhalten sie einen schuldrechtlichen Anspruch auf den ihnen versprochenen Anteil am Gewinn oder am Verkaufserlös.
SU: Ich bin aber noch nicht ganz zufrieden mit der Regelung.
I: Ich habe es befürchtet, also doch keine Phantom Shares?
SU: Doch doch, das Konstrukt ist gut. Ich finde nur die Beteiligungshöhe von 5 % sehr niedrig. Wen sollen wir damit denn anlocken können?!
I: Da die Beteiligung der Mitarbeiter ja zu Euern Lasten geht, ist es mir ehrlich gesagt egal, mit welchem Prozentsatz sie beteiligt werden.
SU: Wie bitte?! Nach der von Euch vorgeschlagenen Regelung würde die Mitarbeiterbeteiligung doch zu Lasten aller Gesellschafter pro rata gehen. Da steht nichts davon, dass sie nur zu unseren Lasten geht.
I: Oh ja stimmt, da steht wirklich nicht, wie wir das aufteilen.
SU: Also geht die Mitarbeiterbeteiligung zu unserer aller Lasten. Ihr habt ja schließlich auch was davon, dass wir qualifizierte Mitarbeiter an Bord haben.
Hinweis: Gutes Argument! Tatsächlich profitiert auch der Investor von der Mitarbeiterbeteiligung. Schließlich ermöglicht eine solche es, qualifizierte Personen für günstiges Gehalt zu beschäftigen.
Indem sich die Mitarbeiter durch ihre Beteiligung mit dem Start-up verbunden fühlen, setzen sie sich regelmäßig auch überproportional stark für das Start-up ein. Dies wiederum kann den Cash-Flow und schließlich auch den Wert der Beteiligung des Investors erhöhen.
I: Okay, machen wir so. Und 5 % ist ja nun auch nicht die Welt.
SU: Das wollte ich auch noch ansprechen. Wir meinen, dass es insgesamt 20 % sein müssten, die wir ohne Eure Zustimmung vergeben können.
I: Lass mich das mal eben festhalten: Wir sollen nicht nur insgesamt 20 % des Gewinnes– wann auch immer es mal einen geben wird – und des Verkaufserlöses abgeben. Und darüber sollt Ihr einfach so ohne unsere Zustimmung entscheiden dürfen?!
SU: Ja.
I: Ne, also so wird das nichts. Da ist dem Missbrauch ja Tür und Tor geöffnet. Ihr könntet ohne weiteres Eure Leute ins Unternehmen holen und Euch über diese den anteiligen Gewinn holen, den Ihr allein mit Euren Anteilen nicht erhalten würdet.
SU: Naja, wollt Ihr Euch mit den einzelnen Mitarbeitern und der Frage auseinandersetzen, wer von denen Phantom Shares erhält? Ihr sitzt in London, wie soll das laufen?
I: Also gut. Aber 20 % sind wirklich viel zu viel!
SU: Ihr habt die Liquidation Preference und seid damit doch aus dem Schneider. Nur für uns wird es bitter, aber eben auch nur, wenn das Start-Up schlecht läuft.
I: Pass auf, hier mein Vorschlag: Die Mitarbeiterbeteiligung geht auch zu unseren Lasten, ist aber bei 10 % gedeckelt und ihr benötigt unsere Zustimmung.
SU: In Ordnung, das klingt vernünftig. Bevor wir das jetzt alles schon festmachen – ich muss das in jedem Fall mit unserem Steuerberater durchsprechen.
Hinweis: Wichtiger Punkt! Die Regelungen zu Mitarbeiterbeteiligungen können erhebliche steuerliche Risiken beherbergen. Daher ist es vor abschließender Einigung wichtig, dass ein Steuerberater die Regelung prüft.
I: Ja, klar. Wir lassen den Punkt einfach so lange offen, bis Ihr Euren Steuerberater befragt habt.
Die bisherigen Beiträge dieser Serie:
Start-ups und geistiges Eigentum
Unternehmensbewertung und Meilensteine
Due Diligence: Was Gründer alles wissen müssen
Welche Garantien wollen Investoren von Start-ups?
Liquidation Preference: Erlösverteilung beim Exit
Heikel: Drag along-, Tag along-Rechte und Vorkaufsrechte
Vesting-Klauseln: Damit Gründer aktiv an Bord bleiben
Verwässerungsschutz für die Beteiligungen von Investoren
Im nächsten Beitrag beschäftigen sich die Autoren mit Regelungen im Term-Sheet zu Schutzrechten und Erfindungen.
Zu den Personen:
Caroline Schimpeler ist Rechtsanwältin bei der global tätigen Anwaltskanzlei Norton Rose Fulbright für die Bereiche Corporate, M&A und Venture Capital. Sie berät unter anderem Start-ups in allen Lebenslagen – von der Gründung über die Beteiligung von Investoren bis zum vollständigen Verkauf. Zur Zeit der Term-Sheet-Verhandlung war sie noch als Rechtsanwältin in demselben Bereich bei der Anwaltskanzlei Bird & Bird LLP tätig.
Dr. Bahne Sievers berät als Rechtsanwalt bei Bird & Bird LLP, Hamburg seit Jahren vor allem nationale und internationale Medienunternehmen sowie Startups im Bereich IP und Commercial. Einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet insbesondere die Beratung von digitalem Content-Vertrieb, Apps, Online-Auftritten und Social Media.