Due Diligence: Was Gründer alles wissen müssen
Dies ist der dritte Beitrag der Reihe über die Verhandlung eines Term-Sheets. Dabei gehen die Autoren insbesondere auf Probleme der Unternehmenswertermittlung, den konkreten Regelungen eines Term-Sheets sowie IP-Probleme ein und geben für Gründer wertvolle Hinweise, wie sie sich auf eine Term-Sheet Verhandlung vorbereiten und was sie beachten sollten.
Bevor sich ein Investor an einem Start-Up beteiligen wird, lässt er unter anderem die rechtlichen, wirtschaftlichen und steuerlichen Verhältnisse des Start-Ups im Rahmen einer Due Diligence (DD) überprüfen. Eine DD ist eine Überprüfung des Start-Ups, mit Hilfe derer sich der Investor ein detailliertes Bild des Start-Ups verschafft. Die Ergebnisse dieser DD, dieser Risikoüberprüfung, können, sofern sie für den Investor nicht zufriedenstellend sind, negativen Einfluss auf den Kaufpreis und weitere Regelungen des späteren Beteiligungsvertrages haben.
Bisweilen nehmen Investoren gar vollständig von einer Beteiligung an dem Start-Up Abstand, wenn die Ergebnisse der DD nicht überzeugend sind. Ergibt die Durchsicht der Unterlagen im Rahmen der DD z.B. nicht den klaren Nachweis, dass die wesentlichen IP-Rechte bei der Gesellschaft liegen, oder dass einer Verwertung des Produkts gar Rechte Dritter entgegenstehen würden, wird dies im besten Fall nur zu unangenehmen Nachfragen führen oder auf Grund der Risiken gar vollständig von dem Investment Abstand nehmen.
Um solche rechtlichen Missstände zu vermeiden, sollte sich das Startup die IP-Rechte und Markenrechte am Namen frühzeitig sichern. Wie Gründer Produkte und Marke schützen können, welche anderen Probleme hinsichtlich der Sicherung des geistigen Eigentums entstehen und wie diese gelöst werden können, ist in dem Artikel Start-ups und geistiges Eigentum nachzulesen.
Daher wird ein Investor für ich zufriedenstellende Ergebnisse einer DD regelmäßig schon in einem Term-Sheet zur Investmentbedingung machen. Eine DD kann auch bei einem Start-Up einige Wochen dauern. Dies sollte bei der Berechnung des Zeitpunktes des voraussichtlichen Vertragsschlusses („Closing“) des Beteiligungsvertrages beachtet und in dem Term-Sheet festgelegt werden.
Weitere Investmentbedingungen können die Vorlage eines aktualisierten Business- und Liquiditätsplanes für die Zeit nach dem Investment und die Gremienzustimmung bei dem Investor sein, wenn es sich bei dem Investor um einen Fonds oder eine andere Gesellschaft handelt. Mitunter wird auch explizit neben zufriedenstellenden Ergebnissen der DD gefordert, dass die IP-Rechte bei dem Start-Up und nicht bei den Gründern oder Mitarbeitern liegen dürfen.
Im Folgenden wieder sinngemäße Auszüge aus einer fiktiven Term-Sheet-Verhandlung plus hochkarätige Tipps , die zur Gänze in diesem Video mitgeschnitten wurde:
Start-up (SU): In dem Term-Sheet ist der 15.05. als voraussichtliches Closing genannt. Wir haben uns doch nun schon auf den Kaufpreis und die von Dir zu übernehmenden Geschäftsanteile geeinigt. Dann könnte das Closing doch schon am 01.04. stattfinden, oder?
Investor (I): Also, zunächst haben wir hier noch heute noch einige Regelungen des Term-Sheets zu besprechen. Aber selbst wenn wir uns heute einigen, ist ja noch einiges in der Due Diligence zu prüfen und das dauert.
SU: Ach ja, in dem Term-Sheet sind zufriedenstellende Ergebnisse der DD auch als Investmentbedingung genannt.
HINWEIS: Entschließen sich Gründer zur Beteiligung eines Investors, benötigen sie meistens kurzfristig Liquidität – das Geld soll schnell fließen. Die Durchführung einer DD kann auch bei Start-Ups allerdings schon einige Wochen in Anspruch nehmen. Gründer können aber versuchen, diese Zeit zur verkürzen, indem sie die notwenigen Dokumente bereits zu Beginn des Start-Ups ordnen und vernünftig ablegen. Zudem sollten sie sich bereits vor der Verhandlung des Term-Sheets im Hinblick auf etwaige rechtliche Probleme beraten lassen.
SU: Als weitere Investmentbedingung ist dort „Gremienvorbehalt“ genannt. Heißt das, dass Du gar nicht über die Beteiligung von Money Maker Capital an uns entscheidest?
I: Wir sind ein Fonds und verwalten fremdes Geld. Bevor wir uns also an Euch beteiligen, müssen wir zunächst die Gesellschafter, beziehungsweise ein vertretendes Gremium, um die Zustimmung zu unserem Vorhaben bitten. Das ist meistens aber bloß reine Formsache und geht schnell, wenn die Bedingungen zur Beteiligung stimmen.
SU: Also dann doch ein früheres Closing?
I: Nein, da die DD ja noch durchgeführt werden muss. Je schneller unsere Berater an die Dokumente kommen, desto schneller können wir unseren Beteiligungsvertrag schließen.
HINWEIS: Die in der DD zu prüfenden Dokumente werden heutzutage in einen elektronischen Datenraum hochgeladen, zu dem die Berater des Investors bestimmte Zutrittsrechte erhalten. Es gibt Dienstleister, die solche elektronischen Datenräume gegen Entgelt bereitstellen. Aber auch einige größere Kanzleien, wie Bird & Bird, stellen elektronische Datenräume zur Verfügung.
SU: Die Dokumente können wir schnell liefern, ist ja nicht viel. Aber ich kann Dir schon jetzt sagen – unser Unternehmen ist einwandfrei. Deine Berater werden nichts finden.
I: Naja, schauen wir mal. Unsere Berater haben sich ja schon einige Dokumente angeschaut. Wie sieht es denn eigentlich mit dem Thema Datenschutz aus? Bei einer APP, die die Gesundheitsdaten der Benutzer speichert ist das ja ein großes Thema.
HINWEIS: Datenschutz und -sicherheit ist ein wichtiges und auch wertrelevantes Thema. Nicht nur die Nutzer legen hierauf gesteigerten Wert. Datenschutzverstöße können mit empfindlichen Bußgeldern geahndet werden. Informativ ist insoweit etwa die Orientierungshilfe Apps der Datenschutzaufsichtsbehörden, welche Entwicklern und Anbietern von Apps die datenschutzrechtlichen Anforderungen anhand von Beispielen erläutert.
SU: Datenschutz wird bei uns großgeschrieben. Wir haben aus diesem Grund erst vor kurzem den Cloud-Anbieter gewechselt um einen umfangreichen Datenschutz gewähren zu können.
I: Das ist gut, trotzdem müssen wir die entsprechenden Dokumente prüfen. Und was ist mit dem Namen der App? „Mefood“ – das ist schon ein wirklich toller Name! – aber es gibt ja schon eine eingetragene Marke „Mifood“ und da steht ein großer Lebensmittelkonzern dahinter. Habt ihr das durch eure Berater mal prüfen lassen?
SU: Das weiß ich jetzt ehrlichgesagt nicht.
I: Dieser Punkt wäre vor unserer Beteiligung unbedingt noch zu klären. Stellt Euch mal vor, der große Lebensmittelkonzern verklagt Euch – dann geht ihr unter und wir mit Euch. Das wollen wir nicht.
HINWEIS: Der schönste Name nützt nichts, wenn bereits ein anderer an ihm oder einer verwechslungsfähigen Bezeichnung die Rechte hält, wie bereits im Beitrag Unternehmensbewertung und Meilensteine erläutert wurde.
I: Und was ist mit eurer Software? Wir erleben es immer wieder, dass es mit der Software Probleme gibt, weil mit Angestellten oder Freelancern keine Klauseln zur Übertragung der Rechtevereinbart wurden, oder Open Source verwendet wird. Müssen wir mit diesen Themen bei Euch rechnen?
SU: Oh, da bin ich jetzt auch überfragt. Dazu muss ich mal eben meinen Rechtsanwalt anrufen. Ich komme gleich wieder.
Aussagen des Rechtsanwaltes am Telefon zu dem START-UP, nachdem der Gründer ihn über den Verhandlungsstand und einige Aspekte des START-UPs in Kenntnis gesetzt hat:
Also, ich habe das mal im Markenregister überprüft. Die Marke „Mifood“ gibt es tatsächlich. Es besteht durchaus eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr. Ihr könnt Euch von dieser Marke auch nicht abgrenzen, weil die Produkte zu identisch sind. Der große Lebensmittelkonzern ist wie Ihr im health-affinen Bereich tätig. Mein Vorschlag ist: Benennt eure App lieber jetzt um, auch wenn der Name „Mefood“ schön ist. Es lohnt sich für Euch nicht, in diesen Namen zu investieren. Denn es besteht das Risiko, dass Euch dessen Nutzung vom Lebensmittelkonzern untersagt wird. Und für einen Rechtsstreit mit geringen Erfolgsaussichten wollt Ihr Eurer Geld sicherlich nicht ausgeben.
So wie ich Dich eben verstanden habe, habt Ihr auch keine schriftlichen Arbeitsverträge mit den Angestellten und Freelancern geschlossen. Es wurde alles ohne große Worte mündlich oder per E-Mail vereinbart. Über Nutzungsrechte habt ihr dabei gar nicht gesprochen. Für die Arbeitnehmer gibt es ja § 43 Urheberrechtsgesetz bzw. bei Computerprogrammen § 69b Urheberrechtsgesetz. Verkürzt besagen diese Normen, dass wenn ein Werk im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschaffen worden ist, die Rechte an dem Werk als an den Arbeitgeber übertragen gelten. Eine ausdrückliche Nutzungsrechteklausel in den Arbeitsverträgen hätte hier aber dennoch mehr Klarheit und Sicherheit gegeben. Bei Euren Freelancern kommt diese gesetzliche Regelung dagegen gar nicht zur Anwendung. Um hier sicher zu sein, solltet ihr Euch von Euren Freelancern, auch von den ehemaligen, nachträglich die Nutzung an ihrem Werk einräumen lassen. Nur damit seid Ihr auf der sicheren Seite.
Zu dem Open Source-Thema kann ich jetzt so adhoc nichts sagen. Dazu muss ich die Open Source-Bedingungen an den Software-Bestandteilen, die verwendet worden sind, im Einzelnen überprüfen. Das wird leider etwas Zeit in Anspruch nehmen.
SU: Also, ich habe mal eben telefonisch Rücksprache mit unserem Rechtsanwalt gehalten. Der hatte auf unseren Wunsch noch keinerlei Prüfungen vorgenommen, weil wir die heutige Verhandlung mit Dir erstmal abwarten wollten, bevor wir Kosten bei ihm generieren. Das war wohl ein Fehler. Es gibt tatsächlich ein Problem bezüglich der Marke – den Namen der App müssen wir ändern.
HINWEIS: Überraschend während der Verhandlung auftauchende Probleme machen schnell misstrauisch. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie erst auf Nachfragen des Investors überhaupt erwähnt werden. Kann man dann keine überzeugende Lösung präsentieren, macht das keinen professionellen Eindruck. In jedem Fall bieten Probleme dem Investor immer eine willkommene Argumentationshilfe, um den Preis oder die Bedingungen seiner Beteiligung zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
I: Das ist ja sehr unschön und ärgert mich ehrlich gesagt. Der Name war eines der Assets die euer Start-Up für uns interessant gemacht haben.
SU: Ja, aber wir haben ja bislang kaum Marketing gemacht und das Konzept hängt nicht am Namen. Wir finden schon einen anderen guten Namen.
I: Und was ist mit den Nutzungsrechten?
SU: Völlig unproblematisch hinsichtlich unserer Arbeitnehmer. Von unseren Freelancern holen wir noch nachträglich die Nutzungsrechte schriftlich ein, auch von den ehemaligen Freelancern. Auch das ist unproblematisch, da wir mit allen eng befreundet sind.
HINWEIS: Freundschaft hin oder her: Bei einer nachträglichen Rechteeinholung hat man in der Regel immer eine schlechtere Verhandlungsposition. Dies gilt umso mehr, wenn der Freelancer weiß, dass ein Investor Interesse bekundet hat und das Startup auf seine Nutzungsrechte angewiesen ist. Dann wittern auch vermeintlich befreundete Weggefährten die Möglichkeit diese Situation auszunutzen.
I: Völlig unproblematisch? Da bin ich eher skeptisch. Hier müsst Ihr unbedingt nachbessern und für klare Verhältnisse sorgen, bevor wir in Euer Start-Up investieren. Um Eure Erwartungshaltung ein bisschen zu managen: Das alles kann bedeuten, dass wir leider von einer Beteiligung an Euch Abstand nehmen oder, dass wir die Bewertung Eures Start-Up nach unten korrigieren müssen.
Im nächsten Beitrag beschäftigen sich die Autoren mit Garantien, deren Abgabe Investoren regelmäßig in Bezug auf verschiedene Umstände verlangen.
Zu den Personen:
Caroline Schimpeler ist Rechtsanwältin bei der global tätigen Anwaltskanzlei Norton Rose Fulbright für die Bereiche Corporate, M&A und Venture Capital. Sie berät unter anderem Start-ups in allen Lebenslagen – von der Gründung über die Beteiligung von Investoren bis zum vollständigen Verkauf. Zur Zeit der Term-Sheet-Verhandlung war sie noch als Rechtsanwältin in demselben Bereich bei der Anwaltskanzlei Bird & Bird LLP tätig.
Dr. Bahne Sievers berät als Rechtsanwalt bei Bird & Bird LLP, Hamburg seit Jahren vor allem nationale und internationale Medienunternehmen sowie Startups im Bereich IP und Commercial. Einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet insbesondere die Beratung von digitalem Content-Vertrieb, Apps, Online-Auftritten und Social Media.