Von Alexander
Mittwoch, 25. Februar 2015

Junge Start-ups für Genießer, die jeder kennen sollte

Die deutsche Start-up-Szene entdeckt immer mehr ihre kulinarische Seite. Im Zusammenhang mit dem gigantischen und lukrativen Foodmarkt fühlt sich Oliver Samwer von Rocket Internet sogar an die Aufbruchstimmung im Jahre 1998 erinnert. Wir schlendern deswegen mal durchs Online-Foodsegment.

Seit Jahren wartet die Szene darauf, dass der Online-Handel mit Lebensmitteln durch die Decke geht. Doch selbst Großversuche wie Supermarkt.de, froodies und Co. konnten die Menschen im Lande auf Dauer nicht glücklich machen und scheiterten. Doch plötzlich herrscht Goldgräberstimmung in der Lebenmittelszene – zumindest abseits der klassischen Online-Supermärkte. Schuld daran ist Oliver Samwer von Rocket Internet, der das Thema Food ganz oben auf seine Agenda gesetzt hat. Der Über-Inkubator zimmerte sich gerade erst eine Global Online Takeaway Group (samt Beteiligung an Delivery Hero) und steckte 100 Millionen Euro in HelloFresh, die Abokiste rund um Menüs. Zudem startete der Inkubator mehrere Start-ups, bei denen es im weitesten Sinne um Lebensmittel geht.

Im Zusammenhang mit dem gigantischen und lukrativen Foodmarkt fühlt sich Samwer an die Aufbruchstimmung im Jahre 1998 erinnert. Bei diversen Food-Start-ups im Lande steht seitdem das Telefon nicht mehr still, viele Investoren sind nun auch heiß auf junge Unternehmen, die sich im Lebensmittelsegment bewegen. deutsche-startups.de präsentiert an dieser Stelle deswegen einmal eine Reihe junger und teilweise auch etablierter Food-Start-ups. Dabei geht es – wie immer – aber nicht darum, den kompletten Markt abzubilden, sondern eher die Bandbreite der Ideen im Segment aufzuzeigen. Ergänzungen und Anregungen bitte in den Kommentaren unter diesem Artikel hinterlassen.

Lebensmittel und Rezepte

Das Berliner Start-up Hello Fresh liefert Lebensmittel und Rezepte im Abosystem ins Haus. Der Rocket Internet-Ableger, der in sieben Ländern unterwegs ist, hatte zuletzt insgesamt 172.000 aktive Abonnenten. Der Umsatz lag 2014 bei 120 Millionen Euro. Ebenfalls in diesem Segment unterwegs sind Kochzauber, ein Ableger von Project A, KommtEssen, Unsere Schlemmertüte und auch Kochabo.de, ein Unternehmen aus Österreich, das Deutschland schon einmal aufgegeben hatte.

Seit dem Sommer des vergangenen Jahres verschickt zudem das Berliner Start-up Marley Spoon frische Zutaten und Rezepte an seine Kunden. Die Kunden des Start-ups können dabei jede Woche zwischen mehreren Gerichten wählen. Marley Spoon liefert dann Zutaten und Rezept. Anders als bei HelloFresh und Co. müssen die Kunden bei Marley Spoon somit nicht die Katze im Sack kaufen. Zudem setzt das Marley Spoon-Team nicht auf ein Abomodell.

Ein ähnliches Modell bietet auch das Berliner Start-up Home eat Home, ein Start-up rund um “vorgepackte Einkaufstüten für Gerichte zum mitnehmen und selber Kochen”, an. Per App können Nutzer bei Home eat Home, das von Cola Cola unterstützt wird, eines von mehreren Gerichten auswählen und direkt innerhalb der App bezahlen. Nun müssen die Nutzer eine Abholstation in ihrer Nähe wählen, an der sie das Gericht mitnehmen wollen. In diesem Punkt unterscheidet sich das Start-up somit deutlich von den erwähnten Konkurrenten, die ihre Pakete direkt zum Kunden bringen.

Ebenfalls ohne Abomodell kommt DailyKitchen aus. Das Start-up, das bisher in Düsseldorf und Umgebung liefert, erledigt die so Manchem lästigen Schnippeleien und sonstigen Vorbereitungen gleich mit und liefert komplette, mehrgängige Menüs direkt in die Küchen der Kunden. “Du musst dann nur noch kochen. Guten Appetit!”, teilt das junge Unternehmen mit. Dinnery wiederum bringt sich als “Lieferservice für Kochboxen mit frischen Gerichten”, ins Spiel. Wobei Onliner die Gerichte einzeln oder als Menü zusammenstellen können. Dinnery liefert diese dann zu den Kunden, die diese mit “wenigen Handgriffen” fertigstellen können.

Tischline deck dich kommt als Mischform daher – Kunden haben die Wahl zwischen einem Abo oder einer Einzelbestellung. Das Unternehmen wurde bereits im Frühling 2011 von den beiden Schweden Jonas Carp und Torgny Carp gegründet. Kurz danach ging der Rezepte- und Lebensmittelservice für berufstätige Pärchen und Familien an den Start. Momentan deckt das Start-up in Hamburg, Bremen, Hannover, Berlin, Dortmund, Bochum und Essen ein.

Cookbutler liefert zwar auch Lebensmittel samt Rezept zur Zubereitung – allerdings mit einem Unterschied: Ausgangsbasis bei Cookbutler sind die vielen Rezepte auf der Plattform. “Sie suchen sich ein Rezept aus, wir liefern alle Zutaten frei Haus!”, heißt es auf der Website des Start-ups, das von Robert Walters und Cornelius Stockmair geführt wird. Die Nutzer von Cookbutler können sich nach Firmenangaben durch 3.000 Rezepte klicken und die Zutaten direkt bestellen. Cookbutler liefert diese “gekühlt bis an die Tür”.

Fertige Mahlzeiten

eatclever, derzeit in Hamburg und Hannover unterwegs, positioniert sich als “Online-Lieferdienst für frisch zubereitetes, gesundes Essen”. Von mittags an bietet das Start-up verschiedene Gerichte, die innerhalb von mindestens 50 Minuten beim Kunden ankommen sollen. Alle Gerichte werden dabei von eatclever-Köchen frisch zubereitet. Auf dieses Konzept setzt auch Rocket Internet – und zwar mit EatFirst, das bisher in London und Berlin aktiv ist. Um die Mittagszeit und am Abend liefert das Start-up innerhalb von 15 Minuten fertige Gerichte aus.

Fertige Mahlzeiten gibt es zudem bei Chillmahl. Das Unternehmen liefert seinen Kunden “Abendessen aus nachhaltigen und lokalen Produkten direkt” nach Hause. Zubereitet werden die Gerichte “von den besten Köchen” in der jeweiligen Stadt. Und auch Kulinado propagiert “frische, transparente, leckere Küche in 100% Bio-Qualität”. Was die genau machen? Das Unternehmen liefert – wie die Wettbewerber – zur Mittagszeit leckere Essen in kleine und mittelständische Unternehmen. Auf diesen Wege können sich auch kleine Unternehmen eine Kantine zulegen.

Zu guter Letzt wäre noch Munchee zu nennen – auch dieses Start-up kocht leckere Gerichte. Die Kunden müssen diese Gerichte – vom Thai-Salat bis zur Lammkeule – zu Hause nur noch kurz im Wasserbad erwärmen. Laut Gründer Marco Alberti sind alle Gerichte frisch zubereitet, ohne Konservierungsstoffe und schonend zubereitet.

Fertige Mahlzeiten – Diätprogramme

Das Berliner Start-up Kukimi richtet sich an Menschen, die abnehmen wollen. “Zusammen mit Ernährungswissenschaftlern kreieren unsere Köche ausgewogene Rezepte, die ebenfalls in eine Low Calorie, Low Carb, Atkins oder Logi Diät passen. Für extra Motivation sorgt Ihr persönlicher Coach, der Sie mit vielen nützlichen Tipps unterstützt”, teilt das Start-up mit. Eine “4 Wochen Diät” bei Kukimi kostet dabei stolze 362,60 Euro. Die Menüs müssen die Kunden dann nur noch im heimischen Wasserbad erwärmen. DietMakers setzt ebenfalls auf ein Diätprogramm. “Geliefert werden die Mahlzeiten in mikrowellen- und backofenfähigen Behältern, luftdicht verpackt. Diese verpacken wir dann wiederum in gekühlte und isolierte Versandboxen”, teilt das Start-up seinen Kunden mit.

Lebensmittel in der Box

BiteBox liefert gesunde Snacks an den Arbeitsplatz – im Abo. Jede Box besteht aus jeweils vier kreativen Snack-Mischungen, darunter Nüsse, Samen, Kerne, Trockenfrüchte, Oliven und Cracker. Das Stuttgarter Start-up MyCouchbox wiederum versendet Snackboxen für Naschkatzen und Schleckermäuler. Nach der Bestellung werden Schokolade, Kekse, Getränke, Chips und eine Non-Food-Überraschung mit der Post direkt nach Hause auf die Couch zum gemütlichen Fernsehabend geliefert.

Bei brandnooz kann jeder einmal im Monat ausgewählte neue Lebensmittel bekannter Marken probieren und genießen! Bei Foodist dagegen gibt es Delikatessen aus Manufakturen. Zur Mitte jeden Monats verschickt Foodist Delikatessen-Überrschungen an seine Abonnenten. An Produkt-“Teasern” finden sich verschiedene Lebensmittel beziehungsweise Genussartikel wie beispielsweise Tee, Knabbereien, Saucen, Süßigkeiten oder Getränke. Mit der Delinero Box bekommen Genießer “ausgewählte Leckereien aus einem monatlich wechselnden, europäischen Land”. Für diesen Genuß muss man aber auch 39,90 Euro im Monat zahlen. Dafür bekommt man aber immer Originalprodukte und keine Proben.

Über Try Foods können sich Nutzer Lebensmittel-Sets zum Probieren zuschicken lassen. Anders als bei brandnooz etwa sind diese Boxen dabei aber nicht bunt zusammen gewürfelt, sondern beinhalten jeweils ein Lebensmittel (etwa Schokolade) in fünf verschiedenen Ausführungen. Dazu gibt es jeweils ein Booklet, das zu jedem Produkt Hintergrundinformationen liefert. Wer beim Probieren auf den Geschmack kommt, kann seine Lieblingsprodukte über den Shop nachbestellen.

Einkaufsservices

ShopWings listet das Sortiment des Händlers um die Ecke und verkauft dieses im eigenen Online-Shop. Den Einkauf übernimmt ein so genannter „Shopper“ des Unternehmens. “Viele Menschen empfinden den Gang zum Supermarkt als stressig und zeitraubend. Lange Schlangen an den Kassen und das Schleppen der Einkaufstüten sind dabei nur zwei Gründe. Hier sehen wir die Möglichkeit, mit ShopWings eine einfache und bequeme Alternative zu bieten. Wir sind davon überzeugt, dass Menschen nach modernen Lösungen suchen, um ihre Freizeit für die Dinge nutzen zu können, die ihnen wirklich wichtig sind”, sagt Mitgründer Florian Jaeger über ShopWings. Mit an Bord bei ShopWings, das zu Rocket Internet gehört, sind beispielsweise Aldi, Edeka und Alnatura Biomarkt. Mit Shopsters steht ein weiterer Same-Day-Deliveryservice für Lebensmittel in den Startlöchern. “Dein Wocheneinkauf war noch nie so bequem. Du bekommst Deine Lebensmittel dann, wenn Du sie brauchst. Wir liefern nicht nur pünktlich, sondern auch sofort!”, heißt es auf der Website. Momentan befindet sich das Start-up in der Testphase. Schon im Einsatz sind dagegen Algel und Bringbiene.

Regionale Bio-Produkte

Mit Bonativo will Rocket Internet “den klassischen Wochenmarkt ins Internet bringen” Und so “die besten Produkte einer Region für möglichst viele Menschen zugänglich machen”. “Unser Modell ist in sämtlichen Großstädten vorstellbar. Derzeit liegt der Fokus aber ganz klar auf Berlin und London”, sagt Mitgründer Christian Eggert. Auf dem Online-Wochenmarkt Regional Markt wiederum können Menschen aus dem Großraum München nach Herzenslust regionale und hochwertige (Bio-)Produkte einkaufen. Das Start-up kooperiert mit verschiedenen Höfen und Erzeugern aus dem Münchner Umland, die sich den Themen artgerechte Tierhaltung, nachhaltiger Anbau und Produktionsbegrenzung verschrieben haben.

Als “Alternative zum Supermarkt” versteht sich auch das Start-up Bauerntüte. “Viele unserer Bio-Produkte finden sich nicht im Supermarkt und entstehen oftmals noch in Handarbeit, welche im Regelfall teurer als Waren im Discounter sind. Wir wollen kleine landwirtschaftliche Betriebe fördern”, sagt Manuel Perera, Gründer der Kölner Bauerntüte, zum Konzept seines Start-ups.

Noch mehr leckere Start-ups

Auf Deliqat werden täglich Lebensmittelangebote auf Basis aktueller Angebotsprospekte zu Gerichten kombiniert. Der Konsument wird lokalisiert, wählt ein oder mehrere Gerichte aus und kauft mit dem automatisch generierten Einkaufszettel im Laden vor Ort ein. Die Gerichte können im Anschluss nach einer einfachen Kochbeschreibung nachgekocht werden. Der Gründer Florian Macheleidt des Berliner Unternehmens verspricht dem Konsumenten eine deutliche Einsparung von bis zu 50 % auf den Einkauf.

Dyshn ist eine App, mit der Hobbyköche ihr Selbstgekochtes in der Nachbarschaft verkaufen können. Anhängig von seinem Aufenthaltsort kann der hungrige Mensch sehen, wer in räumlicher Nähe wann wie viele Portionen maximal welchen Gerichts zu welchem Preis anbietet. Man holt sich sein Essen dann einfach dort ab – oder isst dort gemeinsam, denn auch das ist optional möglich.

kochformel bietet “Rezepte für verschiedene Gerichte, graphisch dargestellt auf Postkarten”. Auf den Karten sind dabei alle Arbeitsschritte und die Rezeptzutaten abgebildet.

Bei Qozy gibt es zum bestellten 3-Gänge-Menü auch noch einen Koch dazu. “Deine Küche muss über keine besondere Ausstattung verfügen. Und der Koch wird alles sauber und so hinterlassen, wie er es vorgefunden hat”, verspricht das Start-up. Ein Konzept, welches auch Kitchennerds setzt. Zum Konzept heißt es auf der Website: “Sie haben eine vollausgestattete Büroküche und wollen Ihrem Team mal etwas Besonderes gönnen? Dann lassen Sie sich in Ihrer Büroküche zum Team-Lunch oder Essen mit Geschäftspartnern bekochen. Oder wie wäre es mit einem Kochkurs zum Team-Building?” Das US-Start-up Kitchensurfing konnte in Deutschland dagegen nicht bestehen – und zieht sich nun wieder aus der deutschen Hauptstadt zurück.

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Foto: organic food background Vegetables in the basket from Shutterstock