“Das Privatkundengeschäft ist der Wind in unseren Segeln”
Wer seine eigene Wertgegenstände verliert, geht derzeit noch zur Polizei oder zum lokalen Fundbüro. Doch selten kann dort geholfen werden und auch das Netz ist bislang keine gute Quelle. Das will das Start-up Zentrales Fundbüro ändern. Im Gründer-Kurzinterview spricht Marcus Schaarschmidt über die Beschleunigung des Fundprozesses, isolierte Dateninseln und die Finanzierung.
Welche Idee steckt hinter Ihrem Start-up?
Der Grundgedanke ist es, einen möglichst umfassenden Service rund ums Thema “Fundsachen” zu schaffen. Wir sind die Betreiber des Zentralen Fundbüros, der Onlineplattform für alles Verlorene, Gefundene, Entlaufene oder Gestohlene – egal ob geliebter Teddybär, USB Stick, Laptop, Regenschirm, Haustier oder sogar Baustellenfahrzeug. Mit über 180.000 Einträgen konnten wir uns innerhalb kürzester Zeit zum größten Fundportal entwickeln.
Was wir machen ist simpel: Auf unserer Seite können Sucher und Finder einer Sache schnell und unkompliziert miteinander in Kontakt treten, wovon letztlich beide Seiten profitieren. Das gilt nicht nur für Privatpersonen – auch Unternehmen, Behörden und Vereinen bieten wir weitreichende Möglichkeiten. Über eine Schnittstelle an unsere Datenbank oder der eigens entwickelten Software- und App-Lösung “Zentraler Fundbüro Manager” können diese nämlich ganz unkompliziert ihren Fundprozess beschleunigen und zugleich die Servicequalität erhöhen.
Wie sehr bzw. in welchen Punkten hat sich ihr Konzept von der ersten Idee bis zur Gründung verändert?
Das Vorhaben hatte am Anfang einen klaren Fokus auf den B2C-Bereich aus unternehmerischer- und den Consumer-Bereich aus Endverbraucher-Sicht. Ursprünglich wollte ich daher eine immer höhere Anzahl an Individuen für das Zentrale Fundbüro gewinnen. Erst während meiner Recherchen stellte ich fest, dass auch auf Seiten von Unternehmen und Behörden gewaltiges Verbesserungspotenzial besteht.
So wurde schnell klar, dass wir eine Unternehmenslösung entwickelt mussten. Mit dem Zentralen Fundbüro Manager können wir eine Software und App liefern, die den B2B Anforderungen gerecht wird. Auch in aktuellen Gesprächen mit Investoren und Business Angels stellt sich diese Richtungsänderung als eine richtige dar. Doch die Ursprungsidee bleibt natürlich bestehen. Das Privatkundengeschäft ist der Wind in unseren Segeln, auf den wir auf keinen Fall verzichten werden.
Wer sind Ihre Mitbewerber und wie grenzen Sie sich von ihnen ab?
Das wären natürlich vor allem die klassischen Fundbüros. Als privates Unternehmen sehen wir hier allerdings mehr Chancen als Gefahren. Unserer Einschätzung nach ist nämlich mit drastischen Änderungen aus dem Inneren der Behörde heraus eher weniger zu rechnen. Vielmehr denken wir, dass eine echte Veränderung von außen in die Behörden hineingetragen werden muss – z.B. in Form des Zentralen Fundbüro Managers.
Technisch und strategisch liegen allerdings Welten zwischen den “offline” Fundbüros und dem Zentralen Fundbüro. Anders als die Kollegen sind wir ein echtes Netzwerk und keine isolierte Dateninsel – ein Nachteil, den die behördlichen Fundbüros auch mit anderen Online-Fundbüros teilen. Oft sind diese entweder thematisch reduziert, z. B. auf Fahrräder, oder regional eingegrenzt, meist auf eine Stadt. Es ist von daher auch nicht weiter verwunderlich, dass es eine Seite für das Wiederfinden von gestohlenen Bonsaibäumen gibt, so unüberschaubar ist die virtuelle Fundlandschaft. Zumindest ist sie das bisher gewesen.
Es gibt natürlich noch weitere erhebliche Unterschiede zu den anderen Online-Fundbüros. Zum einen wäre da die Navigation über unsere Karte, die ein einfaches Nutzen unseres Service möglich macht. Wir verlassen uns auf moderne Technik, während andere Lösungen oft dann doch eher wie lieblose Tabellen erscheinen. Für den Endnutzer besonders wichtig: Wir erheben keine Kosten für unseren Grundservice. Jeder kann kostenlos Fundsachen oder Verlustmeldungen aufgeben. Wir haben uns alle der gemeinsamen Sache verschrieben, Menschen mit ihrem Eigentum wieder zu vereinen. Daher empfinden wir auch Gebühren, um die Kommunikation zwischen Findern und Suchenden herzustellen, als unangebracht.
Doch nicht nur die Einnahmekonzepte unterscheiden sich maßgeblich – unser ganzes Business Modell ist einzigartig. Mit der einzigen Meta-Suchmaschine für Verlustsachen liefern wir die beste Basis, um Verlorenes wiederzufinden, beschränken uns dabei aber nicht auf den individuellen Privatnutzer. Soweit wir wissen, ist das Zentrale Fundbüro der einzige Anbieter mit einer vergleichbaren Kombination an Services sowohl für Unternehmen als auch für Endverbraucher.
Was ist der entscheidendste Faktor, damit Ihr Start-up den Durchbruch schafft?
Auf jeden Fall Aufmerksamkeit und Teilnahme. Wir müssen ein Netzwerk schaffen, an dem sich möglichst viele beteiligen und auch beteiligen wollen. Das heißt Privatleute, aber auch traditionelle Fundbüros, Unternehmen, Städte, Vereine, usw. Vor allem die, deren Fundsachen noch nirgends online auftauchen, sind hier gefragt.
Je höher der Beteiligungsgrad desto umfangreicher unsere die Einträge in unserer Datenbank. Am einfachsten ist es natürlich, wenn Einträge direkt über unsere Plattform oder den Fundbüro Manager eingehen, aber als Meta-Suchmaschine können wir auch die Einträge Dritter abbilden. Doch da unser Grundservice kostenfrei, einfach nutzbar und schlichtweg praktisch ist, bauen wir auf eine vermehrte direkte Datenlieferung. Der gesellschaftliche Wert ergibt sich für die meisten selbsterklärend. Spätestens die Aussicht auf Finderlohn greift aber sogar bei denjenigen, die auf das soziale Miteinander weniger Wert legen.
Ebenso müssen auch Unternehmen, Behörden und Vereine den Mehrwert unserer Lösungen erkennen; z. B. Zeit- und Organisations- und somit Kostenersparnis, Konzentrieren aufs Kerngeschäft, besserer Kundenservice, moderne Darstellung, etc. Da sind wir natürlich als Präsentierer gefragt. Marketing und Vertrieb werden wir daher weiter stärken und namhafte Partner mit ins Boot holen.
Wie wollen Sie Geld verdienen und wann schreiben sie schwarze Zahlen?
Wie bereits angedeutet, unterscheiden wir aus unserer internen Sicht zwischen B2B und B2C Angeboten. Beide können in den Grundfunktionen kostenlos genutzt werden. Auch den Suchauftrag – das heißt das automatische Abgleichen und Informieren über neue Einträge, die zur gesuchten Verlustsache passen – bieten wir für den Zeitraum eines Monats kostenfrei an. Für alles darüber hinaus erheben wir eine Servicegebühr, welche vom gewünschten Zeitfenster des Auftrags abhängt. Ebenso bieten wir kostenpflichtige Premiumplatzierungen, mit deren Hilfe sich die Sichtbarkeit ausgewählter Verlustmeldungen maximieren lässt. Auch Werbeeinnahmen durch Kooperationen mit ausgewählten Partnern gehören zu unserer Roadmap.
Für Unternehmen beinhaltet die kostenlose Nutzung der Software-Grundfunktionen bis zu fünf Fundsachen-Einträge monatlich – so wollen wir es auch den Kleineren ermöglichen, ihren Kunden unseren Service anzubieten und sich unserem Netzwerk anzuschließen. Kommt man über 5 Einträge, fallen auch hier Gebühren an. Wir bieten verschiedene Preismodelle, auch auf Projektbasis, damit sich unser Service unabhängig von der Menge der Fundsachen stets lohnt. Insgesamt rechnen wir damit, bereits 2015/2016 ein sehr lohnendes Geschäft vorweisen zu können.
Welche Märkte wollen Sie mittel- und langfristig erobern?
Zu allererst sind wir natürlich am heimischen Markt interessiert. Hier wollen wir uns positionieren und die strategisch günstige zentrale Lage Deutschlands nutzen, um uns auch im Rest Europas, vor allem in der DACH Region, aufzustellen.
Gleichzeitig sind wir sehr am englischsprachigen Raum interessiert. Wir stellen bald eine Version unserer Plattform für genau diesen Markt vor, insbesondere für die USA, Kanada und Australien. Großbritannien zählen wir bei aller hitzigen politischen Debatte immer noch zu Europa, aber auch die Briten werden natürlich mit einer englischen Plattform versorgt. Diese englische internationale Plattform werden wir selbstverständlich weltweit anbieten. Weitere länderspezifische Anpassungen werden allerdings warten müssen, bis wir uns in den gerade genannten Regionen etablieren konnten – ich denke es ist verständlich, das wir nicht gleich alle Sprachen der Welt bedienen können. Langfristig haben wir das allerdings vor – das Ziel ist immerhin ein globales Netzwerk.
Welche Meilensteine wollen Sie in den kommenden zwölf Monaten auf jeden Fall erreichen?
Bereits zum Launch im April hatten wir uns ein ziemlich hohes Ziel gesetzt: bis Ende des Jahres von 50.000 Einträgen auf ca. 200.000 zu erhöhen. Schaut man sich die Entwicklung unserer Datenbestände an, war die Einschätzung gar nicht so unrealistisch. Ohne es zu merken, haben wir damit übrigens ein weiteres selbstgesetztes Ziel erreicht – nämlich das weltweit größte Online-Fundbüro zu werden. Ein größeres als unseres konnte uns bisher nicht bestätigt werden, was uns natürlich sehr freut.
Für das nächste Jahr wollen wir definitiv unsere Medienpräsenz stärken. Denn wie bereits erwähnt, lebt und stirbt das Zentrale Fundbüro mit der Partizipation von Privatleuten und Unternehmen. Mit verschiedenen Marketing- und PR-Aktionen werden wir hier die Aufmerksamkeit auf unseren Service deutlich erhöhen.
Außerdem wollen wir im nächsten Jahr die Finanzierungsrunde rund um unser Expansionsbestreben abschließen. Sowohl für den B2B als auch für den B2C Bereich haben wir Spannendes geplant – wir halten Sie definitiv auf dem Laufenden. Insgesamt wird 2015, neben Marketing und PR, auch unser Vertrieb gestärkt, um namhafte Anwender und Big Player für unsere Serviceangebote zu gewinnen. Diese möchten wir dann auch öffentlich kommunizieren, sodass wir in Form von Anwenderbeispielen ein Proof of Concept auf der großen Bühne liefern können.
Aber ich habe auch ein ganz persönliches Ziel, das ich gerne erreichen würden – nämlich die Stadt unseres Firmensitzes Frankfurt am Main an das Zentrale Fundbüro anzubinden. Frankfurt ist eine sehr moderne Stadt und Impulsgeber für die gesamte Region, verfügt aber erstaunlicherweise noch über kein online zugängliches Fundbüro. Hier möchten wir für Abhilfe sorgen. Außerdem war ich lange Jahre für eine Fluggesellschaft tätig und dementsprechend auch ein Globetrotter. Eine Anbindung unserer regionalen Flughäfen, vor allem der Fraport und Hahn, würde uns sehr freuen.
Im Fokus: Weitere Interviews mit jungen Gründern gibt es im Special Gründerinterviews
Zur Person:
Markus Schaarschmidt, Gründer und Entwickler des Zentralen Fundbüros, sammelte im Informatikstudium und als freiberuflicher IT Consultantbereits Erfahrungen in der IT-Branche. Unter dem Dach seines Unternehmens NEOSULTING GmbH entwickelte er unter anderem WebcamCover, eine Sichtschutzvorrichtung für Webcams. Sein jüngstes Projekt ist das Zentrale Fundbüro.