“Ich wäre gerne Nachwuchstrainer bei Union Berlin geworden”
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Sehr viel! Insbesondere die Möglichkeit nach eigenem Ermessen handeln zu können. Auch wenn dies oftmals bedeutet weitreichende Entscheidungen treffen zu müssen. Außerdem freue ich mich, mit tollen Kollegen zusammenzuarbeiten, die ich selber ausgesucht habe. Wir sind ein wunderbares Team, und ich genieße die Arbeit jeden Tag.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Die eine ausschlaggebende Situation gab es eigentlich nicht. Es war viel mehr ein Prozess, bei dem sich mein Wunsch nach Selbstständigkeit immer mehr herauskristallisierte. Lotto fand ich schon immer spannend, und irgendwann ließ mich die Idee, staatliches Lotto auch online zu vertreiben nicht mehr los. Am Ende stellte sich mir nur noch die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt „ins kalte Wasser“ zu springen und den Schritt ins eigene Unternehmertum zu wagen.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Wenn man sich selbstständig macht, geht man immer ein Wagnis sein, braucht aber auch jede Menge Unterstützung. Einen großen Teil des Kapitals habe ich daher selbst aufgebracht, der übrige Part wird von Beteiligungen durch die Netzpiloten AG, Media Ventures GmbH und Privatinvestoren getragen.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Bei der Gründung eines Start-ups muss man mit einigem an Gegenwind rechnen: Verzögerungen bei Behörden, Genehmigungen, um staatliches Lotto überhaupt online betreiben zu dürfen und und und. Die Lizenz zur Erlaubnis des staatlichen Lottovertriebs online hat eine Dauer von zehn Monaten in Anspruch genommen. Diese Zeitspanne hatte zur Folge, dass der Kontostand unseres Unternehmens nach Erhalt der Genehmigung gleich null war. Das ist wirklich erst mal ein Schlag, den man einstecken können muss. Die darauffolgende notwendige Zwischenfinanzierung war extrem herausfordernd.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Ich würde mich früher von Mitarbeitern trennen, die entweder nicht den fachlichen Anforderungen entsprechen oder zwischenmenschlich nicht ins Team passen. Das klingt vielleicht hart, aber man muss für seine Sache brennen und sich mit ganzem Herzen seinem Unternehmen widmen. Es geht schließlich um die eigene Existenz.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Wir gewinnen unsere Neukunden zu einem großen Teil über Kooperationen. Mit dem Traditionsgetränkehersteller Warsteiner haben wir z.B. eine tolle Aktion mit Kronkorken realisiert. In den Kronkorken der Bierflaschen waren Codes für ein Gratis-Lotto-Spiel auf unserer Plattform enthalten. Dadurch konnten wir 70.000 Neukunden gewinnen. Generell steigern wir unsere Bekanntheit durch die „Out of Home Media“ unseres Investors Media Ventures. Dank ihm haben wir Zugriff auf über 250.000 Werbeflächen des Ströer-Konzerns.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
In der Gründungsphase haben mich viele verschiedene Personen unterstützt. Es ist schwierig dabei eine einzelne Person hervorzuheben. Eine Ausnahme kann und möchte ich allerdings machen: Ohne meinen Onkel Heiner Raloff hätte ich vermutlich nie den Schritt in die Selbständigkeit gewagt. Heute ist er unser „Alterspräsident“.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
In den letzten Jahren gab es viele „Höhen“ und „Tiefen“. In den Hochphasen ist es schwierig, nicht abzuheben und in den Tiefphasen gilt es, nicht aufzugeben und konzentriert weiterzuarbeiten. Für Gründer ist es extrem wichtig, äußerst fokussiert zu arbeiten und klare Prioritäten zu setzen. Die Bereitschaft für die „extra mile“ muss stets da sein – 100% Einsatz reichen einfach nicht aus.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Lieber nicht! In Deutschland wird Gründern der Weg in die Selbstständigkeit nicht gerade einfach gemacht. Diesen Weg zu gehen erfordert Mut, und er sollte einem leichter gemacht werden und ihn nicht erschweren. Da ist uns Amerika um etliche Schritte voraus.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich wäre gerne Lehrer für Sport und Geschichte geworden, genauso wie Nachwuchstrainer bei Union Berlin.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Spontan fällt mir gerade keines an. Aber allgemein finde ich die Gründungszeit in Unternehmen sehr spannend. Hier steckt so viel Potential, dessen einige Kreativschmieden sich noch gar nicht bewusst sind.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Ich reise in die 20er Jahre. Ich glaube das war – insbesondere in Berlin – eine spannende Zeit. Als gelernter Historiker und Gründer interessiert mich generell für die Zeit des Wirtschaftsaufschwungs.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Einfache Frage: In mein Unternehmen investieren.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Einen richtig erholsamen Sonntag verbringe ich mit meiner Familie, höchstwahrscheinlich bei einer Sportveranstaltungen meiner Kinder.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit Egon Bahr! Ohne ihn und Willy Brandt würden meine Kinder heute keinen Schüleraustausch nach Polen machen.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person:
Mirko Dieseler gründete 2012 das Start-up EDM – steht für: Einfach Direkt Media. Mit der Plattform Einfachlotto.de bietet das Unternehmen ein Online-Angebot für staatliche Lotterie-Produkte an. Zuvor sammelte er als ehemaliger Bertelsmann-Manager über 15 Jahren Erfahrung im Bereich Sales und Marketing, sowohl offline als auch online.