15 Fragen an Philipp v. Bülow von Jurato
“Mir ist es wichtig, Spaß im Beruf zu haben”
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Bei uns in der Firma versuchen wir die Hierarchien möglichst flach zu halten. Jeder Mitarbeiter hat die Möglichkeit, seine Ideen und Vorschläge zu äußern und im Team zu besprechen. Natürlich muss man Entscheidungen treffen, aber für mich ist es wichtig, dass unser Team sich mit Jurato identifiziert und wir gemeinsam das Startup weiterentwickeln. Bei Jurato arbeiten Personen aus den unterschiedlichsten Bereichen und Kulturen- so stellen wir sicher, dass wir die Marke aus allen Blickwinkeln betrachten und am Ende die optimalen Lösungen finden.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Wie so oft bei Startups ist die Geschäftsidee eher zufällig entstanden. Der Mitgründer und Rechtsanwalt Dr. Philipp Venohr und ich haben uns bei einem Kaffee über die Schwierigkeit unterhalten, einen geeigneten Anwalt zu finden und dabei die Kosten im Überblick zu haben.
Ein Freund von uns hatte ein konkretes Rechtsproblem, hat sich aber gescheut, einen Rechtsanwalt zu fragen – aus Angst am Ende eine hohe Rechnung zu bekommen. Wir dachten uns: Warum gibt es keine Plattform auf der man Angebote von Anwälten bekommen kann? Nur ein paar Tage später hatten wir schon den Entschluss gefasst Jurato zu gründen.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Unsere Starthilfe war in jedem Fall, dass Jurato Teil des ProSiebenSat1 Accelerators 2013 in München wurde. Wir haben dort zunächst 25.000 € bekommen und dazu hilfreiche bis unbezahlbare Unterstützung von Experten und Spezialisten in der Gründungsphase.
Mittlerweile konnten wir weitere namhafte Investoren von unserer Idee überzeugen. So sind der Ebner Verlag aus Ulm und einen Business Angel aus einer internationalen Wirtschaftskanzlei mit einem mittleren sechsstelligen Betrag bei Jurato eingestiegen.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Speziell bei Jurato hatten wir anfangs Schwierigkeiten, die rechtliche Reglementierung bezüglich Anwaltsplattformen und Vermittlungen zu verstehen. Wir haben unser Geschäftsmodell dann stark an den rechtlichen Vorgaben der Anwaltskammer ausgerichtet. Als Nichtjurist hat mich das schon die eine oder andere Nacht gekostet, um unser Geschäftsmodell rechtlich sauber aufzubauen.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Mit Jurato sind wir sehr schnell an Investoren herangetreten, bevor wir die Plattform überhaupt richtig ausgebaut hatten. Rückblickend würde ich dies vielleicht anders machen und mich erst nach einer gewissen Zeit – nach den ersten Learnings – an Investoren richten, um dort dann auch konkrete Zahlen vorstellen zu können. Auch wenn wir vieles geahnt haben, gibt es immer wieder Sachen, die man erst später lernt und bemerkt. Gerade weil auch der Markt sehr dynamisch ist, erschließen sich viele Herausforderungen – aber auch Lösungen – erst nach der ersten Testphase.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Am liebsten stelle ich Jurato natürlich persönlich vor. Gerade auch weil Menschen mit Rechtsproblemen vertrauensvolle und kompetente Beratung suchen, ist der persönliche Kontakt unheimlich wichtig. Mit Jurato schaffen wir über die Kostentransparenz dieses Vertrauen, am Ende müssen sich aber auch Mandant und Anwalt persönlich austauschen.
Es ist aber klar, dass ich nicht mit jedem Menschen direkt sprechen kann. Deshalb sind wir vor ein paar Wochen mit unseren ersten großen Marketingkampagnen gestartet. Bisher haben wir uns noch mehr auf die Produktentwicklung konzentriert. In Zukunft setzen wir verstärkt auf Tele-Sales, Social Media und Word of Mouth. Word of Mouth bzw. Empfehlungen sind insbesondere für Anwälte wichtig, da diese oft über Kollegen von neuen Tools erfahren.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Wir hatten das Glück, dass Alexander, Philipp und ich Jurato zu dritt als Freunde gegründet haben und alle aus unterschiedlichen Bereichen kamen, die sich super ergänzen. Wir verstehen uns super und sind als Freunde noch enger zusammen gewachsen, da wir uns gegenseitig immer unterstützt haben.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Als Gründer darf man nicht schnell aufgeben und muss in schwierigen Zeiten die Zähne zusammenbeißen. Es gibt immer Durststrecken, die man überwinden muss. Daher immer positiv und zuversichtlich bleiben, auch wenn es schwierig wird – ganz nach dem alten Bülow’schen Familienspruch: Nil desperandum (niemals verzweifeln).
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Grundsätzlich ist Deutschland als Gründungsstandort schon sehr gut aufgestellt. Der Support für Start-ups in der Gründungsphase ist da, jedoch finde ich, dass Deutschland in Sachen Venture Capital Investments noch stark aufholen muss. Generell ist man hierzulande eher risikoscheu. Das ist z.B. in den USA ganz anders. Junge Unternehmen sollen doch gefördert werden und nicht schon im Keim erstickt werden. Vom Bundeswirtschaftsminister würde ich mir deshalb mehr Unterstützung in Sachen Risikoaffinität und VCs wünschen.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich bin in meiner Freizeit gern in der Natur und mache Sport. Wahrscheinlich hätte ich versucht, mein Hobby zum Beruf zu machen und wäre professioneller Motocrossfahrer geworden. Mir ist es wichtig, Spaß im Beruf zu haben und ich kann sagen, dass ich mich zur Zeit jeden Morgen freue ins Büro zu gehen.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Ich würde gerne mal bei der Konkurrenz Mäuschen spielen! Aber am meisten interessieren würde mich ein Start-up im Silicon Valley, um zu sehen, welche Unterschiede es zwischen einem Startup in Deutschland und in den USA bei der Gründungsphase gibt.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Einmal ins Jahr 2050 bitte! Mich würde brennend interessieren, wie sich die Anwaltschaft und Rechtsberatung im Allgemeinen verändert hat.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
999.000 € würde ich ohne zu zögern in Jurato investieren, um unser Produkt noch weiter auszubauen oder in andere Märkte zu expandieren. Für die restlichen 1.000€ würde ich die gesamte Firma zu einem großen Essen einladen, um mich bei unserem Team für das tolle Engagement zu bedanken.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Ich fahre oft am Wochenende zurück in die Heimat aufs Land, um mit meinen Eltern und meinen Geschwistern Zeit zu verbringen. Ein schöner Sonntag heißt dann: Gemütlich frühstücken, raus an die frische Luft und anschließend zusammensitzen und einfach mal abschalten.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit Tony Hawk – er ist Visionär, Entrepreneur und ein großartiger Sportler, der mich begleitet, seitdem ich 12 Jahre alt bin. Er hat eine Sportart, die damals noch weitgehend unbekannt war, für viele zugänglich gemacht und weltweit mehrere Generation inspiriert und sicher auch verändert.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person:
Philipp v. Bülow ist Mitgründer und Geschäftsführer bei Jurato. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Berlin absolvierte er zwei Masterstudiengänge an der Copenhagen Business School und der Bocconi Universität Mailand. Anschließend arbeitete er u.a. als Entrepreneur bei Kids & Trees in Madrid und baute Glossybox, ein Rocket Internet Venture, in Berlin mit auf. Bei Jurato ist er zuständig für die strategische Unternehmensentwicklung und Ausrichtung der Firma, die er gemeinsam mit Alexander Gloning und Luis Höfer leitet.
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