Torsten Latussek (coupons4u) im Porträt
“Als Ossi wollte ich die neue Freiheit nutzen”
Torsten Latussek erinnert sich noch gut an die Zeit, als die Mauer in Deutschland fiel. Er ist 12, kann endlich alle Westverwandten besuchen und sich palettenweise Coca Cola kaufen. Auch was es an moderner Technik gibt, weckt sein Interesse: Über die Verwandtschaft gelangten schon vor 1989 ein C64 und ein Amiga 500 ins Haus. Nun stehen alle Türen offen.
Auch kommunikativ startet der Teenager voll durch. Stundenlanges Chatten über AOL mit Menschen aus der ganzen Welt gehört ab sofort zum täglichen Programm. „Als Ossi wollte ich die neue Freiheit, die geboten wurde, in jeder Hinsicht nutzen und alles aus den neuen Möglichkeiten herausholen“, lacht der 37-Jährige. Er setzt erste Projekte um, verkauft Schallplatten übers Internet und gründet mit lesewelt.de sein erstes Portal. Darauf stellt er eigene Buchrezensionen ein und kommt in Kontakt mit Amazons Affiliate-Programm: „Da habe ich Blut geleckt.“
Latussek bringt den Gutschein-Trend nach Deutschland
Eine seiner vielen Reisen führt Latussek Anfang des neuen Jahrtausends, gegen Ende seines BWL-Studiums mit Schwerpunkt Marketing, in die USA. Dort stellt er fest: Coupons und das Ausschneiden von Gutscheinen sind extrem populär. „Schon damals war kein Einkäufer mehr ohne Coupon-Heft unterwegs“, erinnert er sich. Das Spielerische am Gutscheinhandel begeistert ihn und so bastelt er, kaum zurück in Deutschland angekommen, die Website coupons4u.de. Über die Seite sammelte er vereinzelte Rabattaktionen und verschickt Links an Menschen aus seinem Bekanntenkreis, die passende Interessen haben. Schon in den ersten Monaten verdient er hundert Euro pro Monat an den Provisionen, „nach einem guten Jahr konnte ich davon leben“.
Als die Seitenbetreuung immer mehr Aufwand erfordert, schmeißt Latussek 2006 seinen Marketing-Job beim Shopping-Portal yopi.de und konzentriert sich fortan ganz auf coupons4u.de. Heute ärgert er sich nur über die Namenswahl: „Der Name ist ein bisschen holprig, ein generischer Name wäre sicherlich besser gewesen, um von RTL und Co. angesprochen zu werden.“
Was damals aufgrund fehlender Mitbewerber kein Problem war, sieht heute anders aus. Die Welt der Gutscheinportale ist ein Haifischbecken geworden, in dem es sich zu behaupten gilt. Generische Domainnamen wie gutscheine.de sind längst vergeben. Im Gegensatz zu zahlreichen Mitbewerbern ist coupons4u.de nach wie vor ohne Investor oder Verlagspartner unterwegs. Da ist es umso schwieriger, sich gegen Größen wie gutscheinpony oder Sparwelt.de durchzusetzen.
Überleben im Haifischbecken durch Qualität
Aber es gehört zu Latusseks Grundsätzen, zunächst einmal aus eigener Kraft und nachhaltig zu wachsen. Abheben will er sich nicht über teure Kampagnen, sondern über Qualität: „Unsere Endkunden wissen, dass bei uns alle Gutscheine getestet werden, bevor sie live gehen.“ Das ist in diesem Gewerbe eine betonenswerte Seltenheit geworden. Auch auf die Mitarbeit von Google hofft er, denn „Google wird auf lange Sicht eher Unternehmen mit nachhaltiger Strategie fördern, die nicht nur Linkbuilding betreiben, sondern echten Mehrwert bieten.“
Um Nachhaltigkeit geht es dem Chemnitzer noch in anderer Hinsicht. Auf den ersten Kaufrausch und die erste Markenbessenheit nach der Wende folgte eine radikale Umbesinnung: Heute ist Latussek das, was man einen Öko-Freak nennt. Das Ziel: Die Welt im Kleinen besser machen. Das bekommen auch seine Mitarbeiter zu spüren, wenn er in seine Ernährungsberater-Rolle verfällt. Was immer möglich ist, kauft er über memo.de ein, einem Online-Shop für Öko-Bürobedarf: Papier, Drucker, Möbel, Stifte. „Nachhaltigkeit und Naturbewusstsein sind für mich der Ausgleich zum Unternehmerischen.“
Ist die Zeit reif für ein Investment?
Der zweite Ausgleich ist seine Familie. Latussek ist froh, dass das Thema Familiengründung nicht in die Zeit der Firmengründung fiel, als er 12 Stunden am Tag gearbeitet hat. Heute achtet er darauf, dass er möglichst jeden Abend mit Frau und Kind verbringt, daheim zu Abend isst und und auch während der Arbeitszeit mal ein Päuschen mit seinen Liebsten einschiebt. Für die neuen Schwerpunkte in seinem Leben hat er auch das Reisen reduziert: „Nach der Wende habe ich eigentlich nur fürs Reisen gearbeitet und war mindestens drei bis viermal im Jahr auf Fernreisen unterwegs“, erzählt er. Das ist heute weniger – wobei drei Reisen im Jahr immer noch dazu gehören.
Aber so ändern sich eben die Zeiten, und Latussek zeigt, dass eine gewisse, gewachsene Spießigkeit dem Leben als Startup-Gründer nicht im Wege stehen muss. Immerhin ist auch coupons4u.de schon zehn Jahre alt, das Jubiläum wurde gerade kräftig gefeiert. Für Latussek ist sein Unternehmen wie ein Baby, ein Wunschkind sozusagen, er sieht sich nicht als Seriengründer, der jede gewinnbringende Idee umsetzen könnte. Und genau das rät er auch anderen jungen Gründern: „Legt in euer Start-up euer Herzblut hinein! Man sollte sich nie an einer Geschäftsidee versuchen, die man allein des Geldes wegen macht und die einem inhaltlich keinen Spaß bringt.“ Bleibt nur zu hoffen, dass sich coupons4u.de auch weiterhin am Markt behaupten wird. So langsam, glaubt Latussek, könnte auch die Zeit reif sein für ein Investment oder eine strategische Partnerschaft. Ein Schritt, mit dem sich coupons4u.de sicherlich noch stärker etablieren wird.