Patientus bietet Videokonferenzen zwischen Arzt und Patient
Seit Jahren gibt es Bestrebungen, die Telemedizin in Deutschland in die Regelversorgung aufzunehmen – jetzt ist ein Anbieter aus Lübeck mit der Plattform Patientus an den Start gegangen. Hier können die Patienten via Videokonferenz ihren Arzt konsultieren: Dazu müssen sie sich nur ein kleines, auf Wunsch auch anonymes Profil anlegen, sich einen Arzt anhand von Symptomen, der Fachrichtung oder der Postleitzahl aussuchen und dann einen Termin zur Online-Sprechstunde vereinbaren. Die Patienten benötigen für die Videokonferenz nur einen internetfähigen Computer und eine Webcam – es müssen weder eine extra Software noch ein Plugin installiert werden.
Hohe Sicherheitsstandards
Die Videokonferenz erfolgt über eine direkte Peer-to-Peer-Verbindung, die wie beim Online-Banking via TLS mit 128 bit verschlüsselt ist – es gibt keine zwischengeschalteten Server. Über diese Verbindung findet auch der Austausch von zum Beispiel Röntgenbildern oder OP-Berichten statt. Passwörter werden mit salted HASH gesichert, die Speicherung von Daten in einem deutschen Rechenzentrumerfolgt nur nach Einwilligung des Patienten. Und die Informationen, die für den Zahlungsprozess benötigt werden, werden von Patientus überhaupt nicht gespeichert, da das Unternehmen mit einem Zahlungsdienstleister zusammenarbeitet, der auf Online-Bezahlwege spezialisiert ist. Sehr gut finde ich, dass Patientus auch ohne Angabe persönlicher Daten genutzt werden kann – es muss lediglich eine E-Mail-Adresse und ein Username hinterlegt werden. Darüber hinaus soll der Videochat sehr einfach zu bedienen sein.
Diese sichere Form der Videokommunikation wird zurzeit von Google Chrome und Mozilla Firefox unterstützt, der Internet Explorer erhält in der nächsten Zeit ein Update, das diese Technik ebenfalls unterstützt. Die Apps für Android und iOS werden noch in diesem Jahr veröffentlicht.
Testphase mit zwei Ärztenetzen
Seit April läuft eine nicht öffentliche Testphase mit zwei Ärztenetzen, die bereits an Patientus angebunden sind – die Plattform wird von den Ärzten dazu genutzt, mit Bestandspatienten zu kommunizieren. Patientus orientiert sich mit seinem Angebot an den gesetzlichen Rahmenbedingungen und an der Berufsordnung der Bundesärztekammer. Patientus steht seit August für approbierte Ärzte aller Fachrichtungen offen, die ihren Sitz in Deutschland haben. Patientus sieht sich selbst als ergänzendes Angebot zum regulären Arztbesuch – die Plattform ist kein Ersatz zum Beispiel für die körperliche Untersuchung vor Ort. Den Patienten werden drei verschiedene Sprechstundenarten angeboten: die Bestandspatienten-Sprechstunde, die Erstkontakt-Sprechstunde und die Sprechstunde in Sachen zweiter Meinung.
Momentarisierung und Finanzierung
Die Registrierung auf Patientus ist für Patienten kostenlos, sie bezahlen nur die von den Ärzten erhobenen Gebühren. Ärzte können gegen eine monatliche Gebühr ab 49 Euro auf der Plattform Termine für Online-Sprechstunden anbieten – ein umfangreiches Profil soll die Recherche für Patienten so einfach wie möglich gestalten. Je nach Tarif sind auch noch ein eigenes Terminvergabe-Tool für die Homepage oder die Nutzung des Patientus-Arztprofils als vollwertige Praxishomepage mit eigener URL inbegriffen. Für Ärztenetze, Kliniken und Verbände gibt es spezielle Tarife und Kontingente.
Finanziert wurde Patientus mit Unterstützung eines nicht näher benannten Business Angels, einer Privatperson mit Netzwerk im Medizinbereich.
Gespräche mit Krankenkassen
Zurzeit führen die drei Gründer Nicolas Schulwitz (Geschäftsführer, 30, Diplom-Ökonom und B.SC. Business Management/Marketing), Jonathan von Gratkowski (IT-Kaufmann, 30) und Christo Stoyanov (Fachinformatiker, 32) Gespräche mit verschiedenen Krankenkassen, die Patientus als ergänzendes Angebot für Ärzte und Versicherte nutzen möchten – dann wäre auch die Abrechnung des Angebots über die Krankenkassen möglich. Patientus ist bereits in Deutsch und Englisch verfügbar, Spanisch, Russisch und Französisch folgen noch in diesem Jahr.