Gastbeitrag von Thomas Walter
Was Start-ups über Marken-Werbung wissen müssen
Viele Online-Unternehmen haben verstanden, dass es für ihren Geschäftserfolg wichtig ist, eine Marke zu sein. Was immer das auch heißen mag. Fakt ist, dass durch das akquisitorische Potenzial einer Marke auch klassische Onlinekennzahlen beeinflusst werden: Mehr Suchanfragen, mehr Klicks auf Displays, mehr Seitenbesuche, erhöhte Kaufabsichten, bessere Conversion.
Onliner sind die Big-Spender im TV
Da ist es nur logisch, dass immer mehr Online-Unternehmen wie klassische Marken agieren und in die Offline-Medien, speziell ins TV drängen, um „Marke zu werden“. Laut Nielsen und IP Deutschland waren die Online-Dienstleistungen und E-Commerce noch vor Pharma und Auto mit weitem Abstand die größten TV-Spender (595,55 Millionen Euro, Jan-April 2014).
Geisteshaltung macht Marken zur Marke
Schaut man sich so manchen Werbeblock an, der mit Werbung für Online-Unternehmen vollgestopft ist, muss man ein Resümee ziehen: Sich wie eine Marke benehmen (sprich: TV-Spots machen) heißt noch lange nicht, eine Marke sein. Und erst recht nicht, eine Marke werden. Denn die meisten dieser Spots offenbaren ein grundlegendes Manko. Es fehlt ihnen an dem, was eine Marke zur Marke macht. Marke sein heißt: mit seinen Konsumenten eine relevante Geisteshaltung teilen.
Alle erfolgreichen Marken machen das. Wenn ein TV-Spot funktionieren soll, muss er diese Geisteshaltung in aufmerksamkeitsstarke, einzigartige und damit für die Marke besitzbare Bilder umsetzen. Die großen Onliner im TV – Trivago, Amazon und natürlich Zalando haben dieses Prinzip – bewusst oder unbewusst – verstanden. Bei vielen kleineren droht das TV-Investment dagegen weitgehend wirkungslos zu verpuffen.
Was ist eine Geisteshaltung?
Produkterklärungsfilme machen keine Marken. Red Bull ist ist eben nicht nur ein Energydrink, sondern ein Produkt für alle, die überall im Leben den Kick suchen. Sixt ist nicht nur eine Autovermietung, sondern der Anbieter für alle, die auch einmal auf dicke Hose machen wollen („Neid und Missgunst für 99 Mark“ ist nicht umsonst ein Klassiker geworden) Es reicht nicht zu sagen, was man bietet. Man muss sich über das warum Gedanken machen.
In Start-up-Kreisen ist Simon Sineks „Start-with-why“-TED-Talk sehr bekannt. Das eigene „Why“ kennen mag ja für viele noch machbar sein. Interessanter ist aber genau das „Why“ zu finden, an das der Konsument auch glaubt. In der Psychologie spricht man von „Subjektiver Theorie“ (mehr dazu hier) Sie erklärt, wie Menschen Entscheidungen fällen – unter anderem auch Markenentscheidungen. Wir verwenden den Begriff „Geisteshaltung“, weil er zeigt, dass es zwischen Marken und Menschen eine geistige Verbindung geben muss.
Erfolgsfaktor Geisteshaltung
Studien wie die Millward Brown Studie „Grow“ zeigen, dass Marken, die auf einer starken, klar identifizierbaren Geisteshaltung basieren schneller wachsen als die Konkurrenz. Trotzdem gehört eine Geisteshaltung nicht zum Standard-Rüstzeug von Unternehmen. Erst recht nicht im e-Commerce. Wir haben vor einiger Zeit die 100 größten e-Commerce-Unternehmen Deutschlands untersucht. Nur zwei davon setzen konsequent auf die Umsetzung einer Geisteshaltung. Amazon und Zalando.
Woher das Wissen nicht kommt
Aber: woher sollen die Start-ups das Wissen nehmen? Die Offline-Marken wie Mercedes, Vodafone oder Ariel haben zum Teil über 100 Jahre gelebte Erfahrung darin, Geisteshaltungen zu identifizieren und umzusetzen. Da kann man nicht mithalten. Fehlendes Wissen könnte man zwar kaufen, aber die beteiligten Agenturen – meist sind es ebensolche Start-ups wie ihre Kunden – sind offensichtlich oft mehr auf kreativstmögliche Umsetzungen fixiert, als auf strategische Grundlagenarbeit. Abgedreht heißt nicht zwangsläufig relevant Und bei vielen der gängigen Media-for-Equity bzw. Media-for-Revenue-Deals ist die Kreativleistung ein Teil des Gesamtpakets. Sie wird vom Sender bzw. dessen Dienstleister geliefert. Nun mögen Sender viel Erfahrung im Ausstrahlen von TV-Spots haben. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie auch wissen, wie erfolgreiche Spots funktionieren. Müssen Sie auch nicht. Es erwartet ja auch niemand von einem Buchhändler, dass er ein guter Schriftsteller ist.
Geisteshaltung first
Fehlt die Geisteshaltung, bleiben TV-Spots Reichweiten-Booster ohne langfristigen Effekt für die Marke. Erster Schritt muss sein, die relevante Geisteshaltung zu erarbeiten.
Es gibt am Markt erfolgreiche Methoden und Tools, um Geisteshaltungen zu ermitteln. Am besten Sie suchen sich einen Partner, der ihnen ein skalierbares Modell anbieten kann – es muss nicht immer die Premium-Mafo-Studie großer Institute sein. Sich beim Feierabendbier im Kreise der Geschäftsführung ein paar mal „Warum?“ zu fragen, wird jedoch nicht reichen. Wenden Sie sich an Profis. Es lohnt sich. Wenn dann im zweiten (!) Schritt die Umsetzung Ihre Geisteshaltung aufmerksamkeitsstark transportiert, ist Ihr Mediageld gut investiert. Sie werden sehr schnell und zugleich langfristiger vom akquisitorischen Potenzial Ihrer Marke profitieren.
Passend zum Thema: “Warum Start-ups über Offline-Werbung nachdenken sollten” und “Offline-Media für Online-Start-ups?!”
Zur Person
Thomas Walter ist Gründer und einer der Partner der Business-Beratung Supersieben. Zuvor war er Geschäftsführer bei großen deutschen Werbeagenturen wie Grey und BBDO und hat Kampagnen für Deutsche Bank, AOL, Skoda, E-Plus und andere entwickelt. Supersieben hat sich darauf spezialisiert, Marken von Ihnen stark zu machen. Dazu entwickelt Supersieben mit wissenschaftlich fundierten Tools Markenpositionierungen und Vertriebsstrategien. Mit dem Tool „Consumer Connection“ hat Supersieben Geisteshaltungen für große Marken wie Pattex, Vodafone, Kabel Deutschland, Merz Spezial und kleine wie die Privatbrauerei Moritz Fiege und zahlreiche B-to-B-Marken entwickelt.