Edition F: Plattform für Frauen – mit persönlichem Stream
Es ist wirklich noch schwer greifbar, wo der Zug von Edition F, einer neuen Plattform für Frauen, hingehen wird. Und das hat mehrere Gründe: Zum einen ist das Portal noch sehr jung und entsprechend wenig Content gibt es deshalb logischerweise bisher: Die beiden Gründerinnen Susann Hoffmann, früher PR- und Strategie-Beraterin bei Scholz & Friends, und Nora-Vanessa Wohlert, bekannt aus ihrer Zeit als Redaktionsleiterin bei der Gründerszene, starteten das Portal erst Anfang Mai 2014 in einer geschlossenen Beta-Phase. Bis zum 3. Juni, an dem die offene Beta-Phase eröffnet wurde, kam man nur per Invite und Login-Code hinein.
Zum anderen aber sind auch die Beschreibungen der Gründerinnen selbst einigermaßen vage, was Edition F genau ist, welche Ziele man damit verfolgt, und welche Inhalte man als Leser zu erwarten hat. Wohlert dazu: “Mit Edition F wollen wir Frauen, die sich beruflich verwirklichen wollen, eine Plattform bieten. Das heißt, einen Ort, an dem sie alles finden, was sie brauchen. Unser Fokus liegt auf Meinungs- und Expertenstücken sowie Reportagen, Interviews und Porträts aus Wirtschaft, Politik, Karriere und Gesellschaft sowie dem Business-Lifestyle-Bereich. Zum Public Launch im August ergänzen wir die Plattform um eine Jobbörse und einen Marktplatz mit Produkten, die das Business-Leben schöner machen.”
Das klingt – so allgemein formuliert – nach knapp unter ‘alle Themen’. Aber so früh im Leben eines Content-Portals ist es einfach auch sehr schwierig, viel mehr als eine grobe Stoßrichtung zu kommunizieren. Tatsächliche Schwerpunkte und Themen kristallisieren sich eben erst im Lauf der Zeit heraus – und zwar nicht zuletzt durch die Interessen der Community, die das Portal ja mittragen soll.
Und klar, natürlich will Edition F auch die Diskussion zur Rolle der Frau in unserer Gesellschaft anstoßen, zum Beispiel mit der Statement-Sammlung unter dem Hashtag #Ansage.
Dass aus diesem Anspruch gleich wieder heftige, zum Teil deutlich unter der Gürtellinie geführte Debatten entstehen, war zu erwarten, zeigt aber eigentlich nur, dass dieses Thema an sich leider noch immer stark polarisiert und diversen Menschen Angst zu machen scheint. Denn sonst bräuchten sie nicht so schwere Geschütze aufzufahren.
Nora Wohlert in den Kommentaren zum ziemlich polemischen Zeit online-Artikel – Medien hacken ja gern auf anderen Medien herum – Wenn #Aufschrei zum Werbegag wird: “Zum Thema #Ansage: Uns ist wichtig, eine Debatte anzustoßen, die über Einzelthemen hinausgeht, ohne direkt Position zu beziehen. Bewusst. Uns geht es darum, dass wir alle wieder ernsthaft über diese Themen sprechen. Es geht um Offenheit in der Diskussion, die Vielfalt der Perspektiven und keine einseitige oder engstirnige oder gar dogmatische Vorgabe. Und ganz klar hat unsere #Ansage auch nichts, rein gar nichts, mit #Aufschrei zu tun. Bei #Aufschrei ging es um die auch sehr wichtige Sexismus-Debatte.”
Die Zielgruppen von Edition F immerhin werden klar und deutlich kommuniziert: “EDITION F richtet sich vor allem an Frauen, für die berufliche Verwirklichung ein Thema ist, alters- und auch branchenunabhängig. Männer sind aber ebenso willkommen, weil wir glauben, dass es spannend ist, sich zu vielen Themen mit Männern auszutauschen und verschiedene Perspektiven kennenzulernen. Dass auch Männer ein großes Interesse mitbringen, zeigen nun auch die ersten Nutzer.”
Und: “Wo unsere Nutzer im Berufsleben gerade stehen, kann sehr unterschiedlich sein: frisch im ersten Job, die erste Führungsrolle im Blick, bei der man sich beweisen will, auf der Suche nach oder gerade beim Wiedereinstieg nach der Elternzeit oder einer Pflege-Pause oder in einer Top-Führungsposition. Gemein ist all diesen Nutzern wohl, dass ihnen ihr Job und auch berufliche Erfüllung wichtig ist.”
Diese ‘ersten Nutzer’ belaufen sich übrigens schon – und das ist beachtlich nach so kurzer Zeit – auf immerhin gut 7.000 registrierte User.
Der Clou von Edition F ist der persönliche Stream auf der Startseite
Was dieses Portal aber vor allem von einem ‘normalen Journal’ unterscheidet, habe ich erst im direkten Gespräch mit Susann Hoffmann wirklich verstanden. Und weil das einer der Clous von Edition F ist, sollte das seitens des Start-ups auch unbedingt deutlicher nach außen kommuniziert werden:
Je gründlicher man als User sein Profil ausfüllt und je intensiver man seine Community auf dem Portal ausbaut, desto auf ihn persönlich zugeschnittener sind die Inhalte seiner Edition F-Homepage. Genau: Die Startseite entwickelt sich zusehends zum persönlichen Stream. Noch ist es so, dass ich als User proaktiv anderen Usern folgen und mein Profil detailliert ausfüllen muss, um einen nach meinen Interessen gestalteten Startseiten-Stream zu bekommen.
Auf der Roadmap zur Algorithmen-Entwicklung haben die Gründerinnen aber, diesen Stream auch immer passender zu den Interessen der User werden zu lassen, ohne dass dieser proaktiv tätig werden muss. Es sollen nach und nach Rückschlüsse auf die User-Interessen gezogen werden, indem die Aktivitäten des Nutzers auf der Seite getrackt und ausgewertet werden.
Und wenn diese Algorithmen irgendwann wirklich smart funktionieren und es deutlich mehr Content und User gibt, kann Edition F tatsächlich etwas leisten, was nur wenige andere Content-Portale schaffen: Die Inhalte, die mir zugespielt werden, werden immer stärker auf meine persönlichen Interessen abgestimmt und helfen uns vielbeschäftigten Onlinern so dabei, aus Content-Massen die für uns uninteressanten Inhalte auszufiltern.
3 Standbeine zur Monetarisierung
Für die Nutzer bleibt Edition F kostenfrei. Ob es später einmal zusätzliche kostenpflichtige Angebote geben wird, ist nicht auszuschließen, aber aktuell nicht geplant – die Basisversion bleibt in jedem Fall kostenfrei für den Nutzer.
Susann Hoffmann: “Im Kern gibt es drei Monetarisierungswege für uns: In der Jobbörse wird es Premium Accounts für Unternehmen geben, die auf einem Abo-Modell basieren.
Zudem kostet die Schaltung von Stellenanzeigen bei uns Geld. Im Marktplatz starten wir lean als Affiliate Shop. Wir werden zwar ein kuratiertes und regelmäßig wechselndes Produktportfolio haben, leiten aber zunächst weiter in die entsprechenden Shops. Hier erhalten wir pro Verkauf eine Provision.
Außerdem wird es im Magazin Native Advertising (als Werbung gekennzeichnet!) geben.”
Für den Start von Edition F wurde auf jeden Fall schon mal erfolgreich Geld eingesammelt: In einer Business Angel-Runde investierten WestTech Ventures, Vogel Ventures, TV Plus, Factory-Gründer Simon Schäfer und Jan Honsel, ehemaliger Verlagsleiter Gruner und Jahr Wirtschaftsmedien zusammen einen sechsstelligen Betrag.
Susann Hoffmann: “Unsere Investoren haben sehr verschiedene Hintergründe, Netzwerke und Know-how. Für uns ist es ideal, dass wir zu unterschiedlichen Themen auf einzelne Investoren zugehen können. Egal, ob es um zukünftige Finanzierungsrunden, Community-Building, Development-Themen oder auch die Suche nach einem Büro geht. Die Unterstützung ist groß und der Kontakt zu allen sehr gut.”
Etwas frustrierende Erfahrungen hielt die Investorensuche natürlich auch bereit. Nora Wohlert: “Tatsächlich gibt es einen Investor in London, den wir unbedingt kennenlernen wollten, weil er inhaltlich super passt. Wir haben etliche Intros via E-Mail erhalten und ihn letztlich, weil er nicht antwortete, auch auf Facebook und LinkedIn angeschrieben.
Einen Tag vor unserer Reise nach London hat er sich endlich gemeldet – mit der Frage, wann wir mal in London sind. Ein Treffen am Folgetag hat dann tatsächlich stattgefunden. 1,5 Stunden.
Eine Woche später auf der DLD habe ich ihn dann wieder angesprochen. Und es war schon ernüchternd, dann die Frage zu hören: ‘Have we met?'”