Gastbeitrag von Konrad Rusch
Zahlen per Social Media – was sagt die BaFin dazu?
P2P-Payments sind Zahlungen, die durch elektronisches Signal des Zahlers per E-Mail, via App oder über soziale Netzwerke direkt an den Zahlungsempfänger ausgelöst werden. Sie sind in den USA weit verbreitet und drängen nun auch in Europa auf den Markt. In Deutschland müssen P2P Payment Start-ups an erster Stelle die Frage der Erlaubnispflicht klären – und sich auf künftig verschärfte Anforderungen einstellen. Gastbeitrag von Konrad Rusch
In den USA funktioniert es zum Beispiel so: Angenommen, ich schulde einem Freund 10 Dollar. Also schreibe ich ihm eine E-Mail, setze in den Betreff „$ 10“ und auf cc: send@square.com. Mein Freund bekommt dann neben meiner E-Mail eine E-Mail von Square mit der Bitte, das Zielkonto anzugeben. Ich bekomme (bei der ersten Zahlung) eine E-Mail von „Square“ mit dem Link zu einer Eingabemaske, um mich als Nutzer zu registrieren und die Zahlungsquelle (eine U.S.-amerikanische „Debit Card“) zu hinterlegen. Ein bis zwei Tage später ist der Betrag meinem Freund gutgeschrieben.
Mit Slogans wie „Split the bill – Pay your friend that $10 back for pizza last night” preschen neben Square auch andere P2P Zahlungsmethoden wie „Dwolla“, „Venmo“ und „Ribbon“ auf den US-Markt. Der Zahlungsvorgang kann durch klassische E-Mail oder via App ausgelöst werden, zum Teil auch über soziale Medien wie Facebook oder Twitter.
Start-ups, die vergleichbare Modelle in Deutschland planen, werden sich fragen, ob eine Erlaubnis der BaFin erforderlich ist. Das hängt davon ab, was ein Dienst wie Square genau macht und ob es sich dabei um einen erlaubnispflichtigen „Zahlungsdienst“ im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) handelt. Das ZAG setzt die europäische Zahlungsdiensterichtlinie in das deutsche Recht um.
P2P-Payment oft reine Softwarebrücke zu klassischer Online-Überweisung oder Kartentransaktion
Dem Anschein des Internet-Auftrittes nach verfügt Square zu keinem Zeitpunkt über Geldbeträge des Zahlers oder Zahlungsempfängers. Square führt auch keine Konten und erteilt keine Gutschriften. Es handelt sich vielmehr um ein „Front End“, welches zur Auslösung von Zahlungsaufträgen an die Bank des Zahlers führt. Dies wäre im Sinne des ZAG wohl eine nicht erlaubnispflichtige „technische Dienstleistung“. Der Fall liegt damit ähnlich wie bei dem Service „Sofortüberweisung“ der deutschen Sofort AG. Hier wird über ein web-basiertes Interface eine konventionelle, girokontengestützte Online-Überweisung ausgelöst, ohne dass die Sofort AG zu irgendeinem Zeitpunkt über die transferierten Geldbeträge verfügen würde.
Neue Regulierung droht
Doch der europäische Gesetzgeber wittert eine Regulierungslücke. Die EU-Kommission hat im Juli 2013 den Entwurf einer neuen Zahlungsdiensterichtlinie veröffentlicht. Zahlungsauslösedienste à la „Sofortüberweisung“ sollen demnach als sogenannte „Dritte Zahlungsdienstleister“ der behördlichen Erlaubnispflicht unterworfen werden. Eine „Grandfathering“-Regelung, wonach bisher erlaubnisfrei angebotene Dienstleistungen weiterhin erlaubnisfrei angeboten werden dürfen, ist nicht vorgesehen. Dem Kommissionsentwurf war eine Marktstudie mit einer Umfrage unter „Stakeholdern“ vorausgegangen. Die befragten europäischen Kreditinstitute und Aufsichtsbehörden sowie einige Verbraucherschutzverbände sprachen sich für eine Erlaubnispflicht aus. Es ist kaum zu erwarten, dass sich eine (ausreichend starke) Lobby formieren wird, um die Einführung der Erlaubnispflicht für Zahlungsauslösedienste in Europa abzuwenden.
Geschäftsmodelle für P2P-Zahlungen können sich also nicht darauf stützen, als bloßer „Zahlungsauslösedienst“ der Erlaubnispflicht zu entkommen. Die Erlaubnispflicht besteht allerdings nicht, wenn sich das Start-up-Unternehmen auf IT und Marketing beschränkt und mit einem lizenzierten Institut kooperiert, das den eigentlichen Zahlungsdienst erbringt.
Im Focus von Facebook & Co: E-Geld und Finanztransfergeschäft
Deutlich größere Einsatzmöglichkeiten für P2P-Zahlungen im Vergleich zum Zahlungsauslösedienst erschließen sich, wenn eine E-Geld-Lizenz erlangt wird. Der Anbieter kann dann auszahlbare, elektronische Guthaben emittieren, die sich über Smartphones in „real time“ hin- und herschicken lassen, ohne dass jedes Mal Girokonto-Überweisungen oder Kreditkartentransaktionen erfolgen müssen. Derartige E-Geld-Zahlungen gibt es zwar schon seit langem (z.B. bei PayPal), jedoch fehlt es hierzulande noch an einer echten P2P-Verknüpfung dieser Zahlungsform über soziale Medien.
Ein weiteres Zukunftsmodell von P2P-Zahlungen ist das grenzüberschreitende Finanztransfergeschäft. Hier übermittelt der Zahler den Geldbetrag zunächst an den Zahlungsdienstleister, der diesen Betrag dem Zahlungsempfänger in dessen Heimatland zur Verfügung stellt, als Gutschrift auf einem Bankkonto oder in bar bei einer Filiale des Agentennetzwerkes des Zahlungsdienstleisters. Derartige Zahlungsdienste, derzeit noch Anbietern wie „Western Union“ oder „MoneyGram“ vorbehalten, könnten künftig auch von sozialen Netzwerken wie Facebook angeboten werden.
Facebook hat Berichten zufolge vor kurzem mit genau diesem Fokus auf E-Geld- und Finanztransfergeschäft eine Lizenz beantragt, allerdings nicht bei der BaFin, sondern in Irland, neben Luxemburg und England einer der bevorzugten Jurisdiktionen zur Lizenzerlangung. Im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs darf der Zahlungsdienst dann ungehindert (mit deutschsprachigem Internetauftritt etc.) auch in Deutschland angeboten werden. Womöglich interessiert künftig also weniger, was die BaFin zu alledem sagt, sondern die „Commission de Surveillance du Secteur Financier“ in Luxemburg, die „Financial Conduct Authority“ in London oder die Irische Zentralbank.
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Zur Person
Konrad Rusch ist Partner der auf Bankrecht spezialisierten Kanzlei Lindemann Schwennicke & Partner in Berlin und berät Banken, Finanzdienstleister und Start-ups.