Gastbeitrag von Carlos Borges
Wie das Startupbootcamp tripRebel in den Turbogang beförderte
Es war ein komisches Gefühl, als Patrick, Mitgründer des Startupbootcamp, bekanntgab, dass wir unter 700 Start-ups für die Teilnahme am Accelerator Programm ausgewählt worden sind.
Wir haben uns riesig gefreut, doch gleichzeitig schwirrte uns all das im Kopf herum, was vorher noch erledigt werden musste. Wir sind sozusagen direkt in die Beschleunigungsphase übergegangen. Stunden später im Zug von Amsterdam nach Hamburg haben wir die nächsten Wochen durchgeplant. Wir hatten nur vier Wochen Zeit, mussten also klare Prioritäten setzen.
- Eine kleine Seed-Round abschließen, um ein größeres Team und Wachstum während des Programms zu finanzieren
- Passende neue Mitarbeiter finden
- Eine ehrgeizige aber realistische Roadmap für das Programm entwickeln
Unser Einsatz hat sich gelohnt: Wir hatten tatsächlich alles geschafft, was wir uns vorgenommen hatten, als wir am 30. April das Accelerator Programm gestartet haben. Dann hieß es also, auf los geht’s los!
24/7 statt remote
Eine der größten Herausforderungen für uns als Team war, uns aneinander zu gewöhnen. Bis dato hat jeder an seinem Arbeitsplatz, weit voneinander entfernt, gearbeitet – und plötzlich mussten wir uns einen winzigen Schreibtisch und ein nur unwesentlich größeres Apartment teilen.
Es gibt viele Meinungen zum ‘Remote’-Arbeiten, darunter auch das letzte Buch Remote von Jason Fried, 37Signals.
Wir haben jetzt beide Situationen erlebt und die Unterschiede sind enorm. Ein junges Start-up, das sich gerade auf dem Markt positioniert, hat kaum festgelegte Abläufe, deshalb gibt es gerade am Anfang viel Bedarf, sich auszutauschen. In dieser Phase ist es unheimlich wertvoll, im Team zusammen zu arbeiten.
Umdenken
Wer keinen Wert auf zweite Meinungen legt, sollte nicht an einem Accelerator-Programm teilnehmen. Während der ersten vier Wochen haben wir über 50 Mentoren aus dem Startupbootcamp-Netzwerk kennengelernt und keiner war wie der andere.
Einige sind auf bestimmte Bereiche spezialisiert (Recht, Finanzierung, Programmierung, Business Development etc.), andere ganz allgemein aufgestellt. Während der je 30-minütigen Sessions war zwar keine Zeit, um tief ins Detail zu gehen, doch konnte man immer ein oder zwei wichtige Erkenntnisse mitnehmen.
Teilnehmer eines Accelerator-Programms müssen bereit sein, in alle möglichen Richtungen zu denken. Wir sind einen Schritt von uns selbst zurückgetreten und haben es so geschafft, nicht alle Diskussionen direkt zu bewerten. Wir haben Notizen gemacht und sind am Wochenende alles gemeinsam durchgegangen. Eine gewisse Distanz hat uns geholfen, die Themen einzuordnen und Entscheidungen zu treffen.
Priorisieren
Uns war von Anfang an klar, dass das Ziel des Programms während der ersten Woche war, alle unsere Annahmen in Frage zu stellen. Anfangs hat es mich gestört, dass ‘alte’ Themen plötzlich wieder auf den Tisch kamen. Mir kam es vor, als würden wir Zeit verlieren – diese Entscheidungen standen doch schon seit Monaten fest!
Ich habe ein bisschen gebraucht, um zu erkennen, dass das dieser Ansatz wichtig ist: zum einen hilft die Vorgehensweise, alle Beteiligten – auch die Mentoren und die neuen Teammitglieder – auf den gleichen Stand zu bringen, zum anderen werden halbherzige Entscheidungen, die nicht von allen Gründern getragen werden, vermieden.
Diese Phase war unglaublich wichtig, um eine starke Basis für die kommenden acht Wochen zu bilden. Doch irgendwann hatten wir genug geredet, wir waren bereit, anzupacken.
Umsetzen
Geschwindigkeit kann nur durch Fokussierung erreicht werden – und fokussiert arbeiten kann man nur, wenn alle an einem Strang ziehen.
Eines der größten Risiken eines Accelerator Programms ist es, dass die einzelnen Teammitglieder in unterschiedliche Richtungen laufen. Alle Teammitglieder bekommen ständig neuen Input – aber nicht alle Gründer nehmen an den gleichen Seminaren teil. Auch der Zeitdruck ist enorm und kann dazu führen, dass man direkt in die Umsetzung übergeht.
Es ist die Aufgabe des CEOs oder eines der Mitgründer, darauf zu achten und eine Organisationsstruktur zu schaffen, die es dem Team hilft, miteinander zu kommunizieren und sich in die gleiche Richtung zu entwickeln, dabei aber ständige Meetings und Diskussionen zu vermeiden.
Wir haben das Problem durch wöchentliche Sprints für alle, nicht nur für die Programmierer, gelöst, alle, die Roadmap betreffenden Entscheidungen werden in zweiwöchentlichen Strategie-Meetings besprochen.
Eine weitere wichtige Aufgabe war es, Indikatoren für den Fortschritt während der kommenden acht Wochen zu setzen und diese messbar in Form eines Dashboards darzustellen.
Unsere Herausforderung: der Blick aufs Dashboard muss wehtun. Wenn dich der Blick auf dein Dashboard glücklich macht, misst du wahrscheinlich das Falsche. Ein Dashboard ist sozusagen der Finger in der Wunde und soll genau aufzeigen, was als erstes getan werden muss – und hilft gleichzeitig, alle ins Boot zu holen. Während unserer wöchentlichen Sprints stellen wir uns ständig die Frage: ‘Hilft diese Aufgabe, unsere KPIs nach oben zu bringen?’
Netzwerken ist alles
Entscheidungen treffen, am Produkt arbeiten und Fortschritte machen sind wichtige Prozesse während eines Accelerator Programms. Das Wichtigste aber ist es, ein starkes Netzwerk aufzubauen. Für mich ist der größte Vorteil des Startupbootcamps die weitreichenden Kontakte, die dort entstehenden – unser Tor nach Europa und in die ganze Welt. Wer diese Kontakte für sich nutzt, hat einen klaren Vorteil gegenüber den Mitbewerbern.
Es geht nicht nur um Kontakte zu potentiellen Kunden (vor allem für B2B Start-ups), das Netzwerk schafft auch Verbindungen zu Spezialisten, möglichen Mitarbeitern, Journalisten und natürlich Investoren.
Das Mentorenprogramm hilft Start-ups dabei, sich bekannte Namen aus allen möglichen Bereichen ins Advisory Board zu holen – etwas, das vor allem für Erstgründer wie mich sonst eine schwierige Herausforderung darstellt.
Grenzen vergessen
Wir haben eigentlich nie darüber nachgedacht, welche Vorteile die Niederlande unserem Start-up bieten könnten – ein großer Fehler. Nach nur sechs Wochen habe ich festgestellt, dass die Niederlande ideal sind, um ein europäisches Start-up auf den Markt zu bringen. Holland ist sehr klein und gleichzeitig sehr online-affin, jeder spricht fließend Englisch und hat Lust auf Neues. Auch sind die Niederländer sehr offen und direkt – konstruktive Kritik ist hier sicher.
Viele amerikanische Start-ups nutzen die Niederlande als Testmarkt für den Einzug nach Europa. Warum nur ergreifen die Deutschen diese Chance nicht öfter? Von Hamburg aus ist man schneller in Amsterdam als in München.
Der zweite wichtige Vorteil ist die Finanzierung. Ein Großteil des Kapitals des Landes konzentriert sich auf Amsterdam, während man in Deutschland auf Tournee durch Berlin, München, Hamburg, Düsseldorf und Frankfurt gehen muss, um die wichtigsten Investoren zu treffen.
Zu guter Letzt ist es wichtig, die eigene Komfortzone zu verlassen. Um ein internationales Start-up aufzubauen reicht es nicht, mit Ausländern in Berlin herumzuhängen. Die Zeit im Ausland hat uns enorm geholfen, den eigenen Horizont zu erweitern und beispielsweise unsere go-to-Market Strategie komplett zu überdenken.
Lust auf den Turbogang?
Hast du ein Start-up, einen Prototyp und ein Gründerteam? Dann empfehlen wir dir definitiv, dich für ein Accelerator-Programm zu bewerben. Ich kann euch das Startupbootcamp und auch Amsterdam wärmstens ans Herz legen. Das Startupbootcamp hat aktuell drei Programme geöffnet:
In London geht es um Fintech, das Thema in Kopenhagen lautet ‘mobile’ und in Berlin heißt es ‘Smart Transportation and Energy’.
Das neue Programm in Amsterdam startet im Herbst mit dem Thema ‘E-Commerce & M-Commerce’, die Bewerbungsphase ist gerade gestartet.
Bewerbt euch! Wir Rebellen sind verrückt genug zu glauben, wir könnten die Welt verändern – aber manchmal tun wir das tatsächlich! Keep rebelling.
Zur Person
Carlos Borges ist CEO und Mitgründer von tripREBEL. deutsche-startups.de hat das Start-up vorgestellt: tripREBEL sorgt für Transparenz bei den ständig schwankenden Hotelpreisen und schafft damit neues Vertrauen für die Reisebranche: “Buche dein Hotelzimmer bei tripREBEL und du bekommst eine Rückerstattung, wenn der Preis fällt.”