Viel zu wenige Gründer werden waschechte Unternehmer
Es wird in der deutschen Gründerszene viel über erfolgreiche (noch mehr über erfolglose) Start-ups, viel über Finanzierungsrunden und fehlendes Kapital, viel über Exits und noch mehr über fehlende große Exits und ganz viel über Rocket Internet geredet. Heute reden wir einmal über Gründer und Unternehmer. Es gibt leider in Deutschland noch immer viel zu wenige Gründer, die Unternehmer werden. Was damit gemeint ist? Viel zu viele Gründer (gerade von ganz großen, millionenschwer finanzierten Unternehmen) steigen viel zu früh aus ihrem Start-up aus.
Einige aktuelle Beispiele gefällig? WirKaufens-Gründer Christian Wolf, der das Unternehmen 2008 in seinem Wohnzimmer startete, trat Anfang April ab. Home24-Mitgründer Felix Jahn verließ den Möbelshop Ende März. Mitgründer Erik Pfannmöller trat zuvor bei mysportworld ab. Und auch deutsche Dickschiffe bzw. erfolgreiche verkaufte Unternehmen wie Zanox, Bigpoint, Xing, meinestadt.de, Qype (jetzt Yelp) und fotocommunity werden längst nicht mehr von den Gründern geführt. Bedingt ist diese gründerlosigkeit wohl auch dadurch, dass Unternehmen, die Risikokapital aufnehmen immer einen Exit vor Augen haben (müsssen). In vielen Fällen erscheint die Unternehmung Start-up aber auch ohne externes Geld für viele Gründer nur ein Projekt auf Zeit zu sein. Eine erwähnenswerte Ausnahme sind Kai Bolik, Michael Kalkowski und Boris Wasmuth, die auch nach zehn Jahren noch immer an der Spitze von GameDuell stehen und wirken.
Es geht hier dabei aber gar nicht um diese einzelnen Personen oder Unternehmen, sondern darum, dass es für die Entwicklung der deutschen Start-up-Landschaft gut wäre, wenn aus Menschen, die eine Idee mit Leidenschaft in den Markt gebracht haben – auch langfristig dafür brennen würden. Langfristig der Kopf des Unternehmens wären. Es ist nun einmal etwas anderes, wenn der Gründer eines Unternehmens vor Investoren tritt, mit der Presse spricht oder Forderungen an die Politik stellt. Angestellte Geschäftsführer können dies zwar auch, ihnen fehlt aber in gewisser Weise der Stallgeruch.
Doch wie werden aus Gründern Unternehmer? Gründer müssen bekanntlich sowieso immer mit ihren Aufgaben wachsen. Vom Start als Mini-Unternehmen mit zwei oder drei Gründern, über die ersten Angestellten bis zum 100-Mann-Unternehmen. Sicherlich keine leichte Aufgabe – geht es doch darum, eigene Stärken zu erkennen und auszubauen – und vor allem darum, delegieren zu können. Dinge, die jeder lernen kann. Auf dem Weg vom Gründer zum Unternehmer ist dies unabdingbar. Auch Investoren können dabei sicherlich mehr unterstützen. Für die deutsche Gründerszene wären Unternehmer, die wie Gründer denken können, ein großer Gewinn – in vielen Bereichen. Und für Investoren wohl auch, denn vielleicht wird der Exit, der ja irgendwann kommen darf (soll, muss) dann richtig groß. Dann können wir auch wieder über andere Dinge reden.
Was meinen Sie: Braucht Deutschland mehr Unternehmen, die wissen, wie Gründer ticken?