Berliner Taxivereinigung vs. Limoservice Uber – 1:0
Das Landgericht Berlin hat dem US-Limousinen–Unternehmen Uber verboten, seine Smartphone-App in Berlin für „taxenähnlichen Verkehr“ zu verwenden, wie die Berliner Taxivereinigung heute in einer Pressemitteilung mitteilte. Die Gründe des Gerichts für den Erlass der einstweiligen Verfügung (Aktenzeichen 15 O 43/14) werden erst in den folgenden zwei Wochen erwartet, aber bereits die Nachricht ist brisant. Denn Uber ist es ab sofort – einstweilen – verboten, in Berlin seine Dienstleistungen anzubieten.
Über die uber-App kann der Kunde die Limousinen-Fahrer von Uber rufen und sieht sofort, wo das gerufene Fahrzeug ist, das sich zu ihm auf den Weg macht. Uber verwendet Wagen der Marken Mercedes (S-Klasse), BMW (7er), Porsche (Cayenne) und VW (Phaeton). Die Bezahlung erfolgt bargeldlos mit der vom Kunden im Uber-Profil hinterlegten Kreditkarte, die Quittung kommt später in einer E-Mail. Diese komfortable wie luxuriöse Alternative zum normalen Taxidienst startete in Berlin Anfang 2013. Seit seiner Gründung 2009 in San Francisco ist Uber mittlerweile in über 70 Städten in 35 Ländern aktiv. Diese Woche startete zudem in Berlin die neue App Uber-POP, mit der ein Service mit privaten Fahrern angeboten wird.
In Berlin hatte laut Meldung der „Wirtschaftswoche“ der Taxiunternehmer und Vorsitzende der Berliner Taxivereinigung Richard Leipold die Verfügung gegen den innovativen Konkurrenten beantragt. Das Unternehmen „betreibe einen illegalen Taxiverkehr mit Mietwagen.“ Das LG Berlin gab ihm Recht.
Die Begründung sei ein Verstoß gegen das Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Dieses Gesetz enthält neben Regelungen für „Omnibusse und Oberleitungsbahnen“ auch Regelungen für Kraftfahrzeuge im „Gelegenheitsverkehr“ (§ 46 PBefG). Darunter fallen sowohl Taxen (§ 47 PBefG), als auch Mietwagen (§ 49 Abs. 4 PBefG). Für sie gelten jedoch jeweils unterschiedlich strenge Anforderungen und Pflichten, Taxiunternehmen unterliegen einem strengeren Regime:
So unterliegen Taxiunternehmer einer Beförderungspflicht (§ 22 PBefG), für sie gilt die Rechtsverordnung über den Verkehr mit Taxen (TaxO), die weitere bürokratische Regelungen enthält. Für „Mietwagenunternehmen“ gilt das alles nicht. Aber worin unterscheiden sich Taxen und Mietwagen? Gemeinsam ist ihnen, dass sie eine „Beförderung mit Personenkraftwagen“ anbieten.
Taxen werden jedoch an „behördlich zugelassenen Stellen“ bereitgehalten und führen Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel aus. Sie können Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt entgegennehmen (§ 47 PBefG).
Bei Mietwagen dagegen (§ 49 Abs. 4 PBefG) werden „die Personenkraftwagen, nur im ganzen zur Beförderung gemietet.“ Und der Unternehmer führt Fahrten aus „deren Zweck, Ziel und Ablauf der Mieter bestimmt und die nicht Verkehr mit Taxen nach § 47 sind.“ Außerdem dürfen sie keine Verwechslungsgefahr mit Taxiverkehr bieten und Beförderungsaufträge dürfen nur am Betriebssitz oder der Wohnung des Unternehmers eingehen. So dass erstmals 1961 in Kraft getretene Gesetz.
Der springende Punkt war jedoch laut der Berliner Taxivereinigung die folgende Regelung: „Nach Ausführung des Beförderungsauftrags hat der Mietwagen unverzüglich zum Betriebssitz zurückzukehren“ (§ 49 Abs. 4 Satz 3 PBefG). Dies sei bei Uber nicht der Fall gewesen, so die Pressemitteilung der Taxivereinigung, die Wagen hätten sich vielmehr wie Taxen in der Stadt aufgehalten:
„Der gesetzliche Zweck der Rückkehrverpflichtung ist jedoch gerade der Schutz des Taxiwesens als Teil des öffentlichen Personennahverkehrs vor solchen Verhalten von Mietwagenunternehmen,“ so die Berliner Taxivereinigung. Allerdings führt das Gesetz in § 49 Abs. 4 Satz 3 weiter aus: „es sei denn, er hat vor der Fahrt von seinem Betriebssitz oder der Wohnung oder während der Fahrt fernmündlich einen neuen Beförderungsauftrages erhalten.“
Hier stellt sich die Frage, ob Uber nicht genau damit argumentieren kann. Denn das Gesetz erlaubt ja schon ausdrücklich, dass fernmündlich neue Aufträge vermittelt werden können. Allerdings würde die Grenze zum en detail geregelten Taxigewerbe damit immer dünner und die Taxifahrer wehren sich.
Das amerikanische Unternehmen Uber (die Bewertung liegt derzeit bei mindestens 3,5 Milliarden Dollar und auch Goldman Sachs gehört zu den Investoren) bekommt in Europa jedoch nicht nur in Berlin Gegenwind:
In Frankreich sollen erboste Taxifahrer bereits Reifen der Uber-Limousinen aufgeschlitzt haben und vor zwei Tagen hatte nun ein Brüsseler Gericht festgesetzt, dass das Unternehmen 10.000 Euro Strafe für jede weitere Fahrt zahlen solle. Hier ging es jedoch nicht um den Limousinenservice von Uber, sondern um den neuen Service: die App Uber-POP, ein Mitfahrservice der private Fahrer und Mitfahrer zusammenbringen soll und der nun auch in Berlin auf den Markt gebracht werden sollte. Grund war hier wohl, dass die Fahrer keinen Personenbeförderungsschein haben.
Das Brüsseler Urteil hat bereits jetzt prominente Kritiker. Unter der Überschrift: „Eine verrückte Gerichtsentscheidung (crazy court decision) verbietet UBER in Brüssel“ zeigte die EU- Vizepräsidentin der EU-Kommission Neelie Kroes in ihrer Funktion als Kommissarin für die Digitale Agenda in ihrem Blog ihre Entrüstung über das Urteil in Brüssel. In der Entscheidung gehe es nicht darum Fahrgäste zu schützen, sondern ein Taxikartell, so die ehemalige Wettbewerbskommissarin.
Auch in Berlin dürfte die neue App Uber-POP für weitere Spannungen sorgen.
Was das jetzige Urteil in Berlin angeht, lässt sich Uber jedoch nicht einschüchtern: Uber-Europa-Chef Pierre-Dimitri Gore-Coty sagte der „Berliner Zeitung“, man werde den Dienst weiter anbieten, gegen die Verfügung vorgehen und zugleich das Gespräch über neue Gesetze suchen. „Es macht weder für den Kunden noch für den Fahrer Sinn, zwischen Aufträgen die Garage anzufahren. Die Gesetze zur Personenbeförderung in Berlin stammen größtenteils aus einer Zeit, als es noch kein Internet gab“, kritisierte Gore-Coty.
Vielleicht wird es tatsächlich eine Trendänderung geben, auch in der Rechtsprechung: Die Gerichte entscheiden jedenfalls nicht immer gegen neue Geschäftsmodelle: Das LG Frankfurt hatte beispielsweise mit Urteil vom 20.04.2011 (Az. 3-11 O 83/10) eine Unterlassungsklage der Deutschen Bahn gegen das innovative Unternehmen „Deinbus.de“ das günstige Busreisen anbot, abgewiesen. Und seitdem floriert der Fernbusmarkt.
Zu den Autoren
Steffen Bunnenberg kann auf eine langjährige Beratungspraxis im Wettbewerbsrecht, insbesondere zur Marktbereinigung und Durchsetzung von Ansprüchen im Eilverfahren, zurückgreifen. Er berät Investoren und StartUps bei der Risikobewertung Ihrer Geschäftsmodelle und strategischen Positionierung beim Markteintritt. Er hat in Freiburg, Rostock und Paris studiert, zum Thema Merchandising promoviert und ist Gründungspartner der Kanzlei Bunnenberg Bertram Rechtsanwälte mit Sitz in Berlin. Franziska Klauke ist Rechtsanwältin bei Bunnenberg Bertram Rechtsanwälte. Sie berät Unternehmen im Schwerpunkt Datenschutzrecht, Wettbewerbsrecht und Äußerungsrecht. Weitere Schwerpunkte ihrer Tätigkeit liegen im Urheber- und Telemedienrecht. Dort berät sie namhafte Unternehmen auch von der frühen Start-up-Phase an.