Von Elke Fleing
Freitag, 28. März 2014

8 deutsche Start-ups erzählen von der SXSW

Viele Tipps, wie man sich als Start-up auf einen Event wie die SXSW vorbereitet und wie man beim Pitchen und Networken dort Erfolge erzielen kann, lasen Sie in den ersten beiden Teilen dieser Serie. Was 8 deutsche Start-ups dort tatsächlich erlebt haben, lesen Sie hier in O-Tönen:

Was war für Euch das beeindruckendste Erlebnis, die beeindruckendste Erfahrung auf der SXSW?

Tobias Balling, blinkist: Mit US-Investoren beim Dinner zu sitzen und nach 30 Minuten festzustellen, dass sie Blinkist Nutzer sind.

Panos Meyer, flying: Es fällt mir schwer eine einziges beeindruckendes Erlebnis zu wählen. Es war sicher ein tolles Erlebnis auf dieser internationalen
Bühne zu präsentieren und hierbei sogar ein paar neue flying-Nutzer zu gewinnen.

Frederik Frede, FreundenVonFreunden: Die Offenheit der Amerikaner und der Festivalcharakter. Leider auch der Tod von zwei Festivalbesuchern letzte Woche.

Matthias Strobel, NagualSounds: Das Beeindruckendste waren mit Sicherheit die Vielfalt und die Größe des Events. Im Grunde war komplett Downtown-Austin eine einzige Veranstaltung. Große Unternehmen haben, zusätzlich zur eigentlichen Tradeshow im Convention Center, temporäre Flächen angemietet oder aus Cafés einen Ausstellungsraum gemacht. Zu sehen und zu erleben gab es genug. Es waren aber vor allem die kleinen Start-ups die durch ihre innovativen Lösungen beeindruckt haben. Im Grunde ist das SXSW die perfekte Inspirationsquelle für alle, die sich im Feld interaktiver Produkte betätigen. Die Qualität der dort präsentierten Produkte ist sehr hoch. Ein einzelnes Erlebnis kann ich nicht herauspicken.

Note to ourself für die nächste SXSW: Nicht nur Badges für das ‘SXSW interactive’ kaufen, sondern auch über das ‘SXSW Music’ bleiben. Wie wir von Leuten, die länger geblieben sind, erfahren haben, ist uns dann doch noch Einiges entgangen.

Ali Jelveh, Protonet:Die Jungs von BRCK zu treffen, die am anderen Ende der Welt (Kenya) an genau denselben Ideen arbeiten. Tim Berners Lee abends in einer Bar zu treffen war natürlich auch nicht schlecht.

Thomas Grüderich, Testcloud: Besonders beeindruckend war die Vielfalt der Menschen aus Tech, Music und Film, die dort zusammenkommen, um sich auszutauschen.

Jörg Land, Tinnitracks: Der Hamburger-Tag im German Haus mit Panels, Pitch und anschließender Party. Es ist schon sehr schön, wenn man die eigene Heimatstadt in den USA vertreten kann (und von dieser sogar eingeladen wird).

Anna Rose, Videopath: Am beeindruckendsten fanden wir, dass all die Internetfirmen, die uns tagtäglich umgeben, auf dem SXSW durch Häuser und Veranstaltungsräume verkörpert wurden. Zum Beispiel konnten wir Indiegogo, das Mashable Haus, die Räume von Dropbox, Soundcloud oder Funny or Die besuchen. Es war unglaublich spannend, all die Teams hinter diesen beliebten Unternehmen zu treffen.

Wir waren vor allem auch beeindruckt von der Qualität der Vorträge. Wir konnten einige der wichtigsten Vertreter der IT-Welt hören oder sogar treffen.

Welches sind Eurer Meinung nach die wichtigsten Unterschiede zwischen der SXSW und vergleichbaren – natürlich deutlich kleineren –Events in Deutschland?

Tobias Balling, blinkist: Ich denke, es gibt nichts Vergleichbares.

Panos Meyer, flying: Ich würde den Vergleich weniger zwischen SXSW und Deutschland, sondern eher zwischen SXSW und anderen Veranstaltungen ziehen. Die SXSW ist aus meiner Sicht eher auf Entertainment und Spaß ausgerichtet. Feiern und entspanntes Zusammenkommen stehen im Vordergrund. Echtes Business kann man hier weniger machen. Dafür ist die Atmosphäre nicht die richtige. (Zufälliges) Kennenlernen geht sicher gut, aber wenn man zielgerichtet und mit Geschäftsabsichten auf die SXSW geht, hat man es sicher schwerer als z.B. auf der Cebit in Hannover, dem MWC in Barcelona oder dem Websummit in Dublin.

Was mir bei der SXSW aufgefallen ist: Man kommt mit den Deutschen einfacher in Kontakt als zuhause. Sicher kein Lernerfolg, aber eine Erfahrung, die sich immer wieder bestätigt. ‘Gemeinsam in der Fremde’ schafft eine ganz eigene Verbundenheit. Was ich trotzdem vermisst habe, war der Zusammenhalt ‘aller’ anwesenden Deutschen. Da könnte man mehr Synergien schaffen und größer bzw. breiter auftreten.

Frederik Frede, FreundenVonFreunden: Das SXSW hat eine lange Tradition, ist eine weltbekannte Veranstaltung, eine Riesen- Netzwerk- und Marketing-Sause. Es ist auch eher mit einer Messe und nicht mit kleinen Events in Deutschland zu vergleichen.

Matthias Strobel, NagualSounds: Sehr bemerkenswert war die organisatorische Leistung. Sowohl die schlau gestaltete und sehr benutzerfreundliche SXSW-App, als auch die Organisation vor Ort waren sehr hilfreich, um sich als Teilnehmer auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Der größte Unterschied zu kleinen deutschen Events liegt auf jeden Fall in der medialen Aufmerksamkeit und der Qualität der Redner. Dies hat mit Sicherheit auch mit dem den Veranstaltern zur Verfügung stehenden Budget zu tun.

Wenn sich deutsche Unternehmen und Konzerne mit mehr Einsatz als Sponsoren auf den hier stattfindenden Events einbringen würden, würde dadurch auch das generelle Interesse für diese Art Events in Deutschland gefördert werden. Das wiederum hätte zur Folge, dass es auch kleineren Start-ups mit genialen Ideen, aber begrenzten finanziellen Mitteln möglich wäre, sich zu präsentieren.

Ali Jelveh, Protonet: Der größte Unterschied ist die schiere Größe, es laufen zeitgleich 10 interessante Sessions, in der Hälfte von denen sitzen Schauspieler, die man aus Film und Serien kennt. In der anderen Hälfte CEOs der größten und innovativsten Unternehmen.

Thomas Grüderich, Testcloud: Zunächst hat die SXSW natürlich schon Kultstatus erlangt und ist DER Event in den USA. Ich denke, der Mix aus den verschiedenen Branchen, Industrien, Ländern macht den Event zu einer Bereicherung für jeden. Wo sonst kommen Lady Gaga, Chelsea Clinton und Julian Assange zusammen? Deutsche Messeformate sind teilweise veraltet. Es müssen neue Dimensionen angenommen werden, um so ein Publikum, Speaker und Teilnehmer anzuziehen. Ideal sind Events, die viele Networking-Möglichkeiten bieten, Partys und interessante Sprecher und ein Motto haben. In München gefällt mir besonders die DLD.

Jörg Land, Tinnitracks: Die SXSW ist thematisch sehr breit aufgestellt. Man hat so auch die Möglichkeit, Projekte oder Themen zu sehen, die man auf Branchenveranstaltungen nicht sieht. Ferner ist durch die Größe auch die mediale Aufmerksamkeit sehr groß.

Anna Rose, Videopath: Viele der Veranstaltungen hier in Deutschland beschränken sich entweder ausschließlich auf den wirtschaftlichen oder auf den kreativen Aspekt. Es gibt fast kein Event, das diese beiden Seiten zusammenbringt. SXSW ist ein gutes Beispiel einer Mischung beider Elemente, auf der einen Seite die Musiker, Filmemacher, Photographen, Designer und Künstler und auf der anderen die Techniker, Ingenieure und die Geschäftsleute.

Der andere große Unterschied war, dass bei SXSW viele kleine off-site Veranstaltungen gab, die das Festival in die Stadt integrieren und die lokale Architektur und das Lebensgefühl in Austin vermitteln. Es wäre toll, so etwas hier auch zu sehen. Berlin hat neben den großen Veranstaltungsräumen unglaublich viele aufregende Dinge zu zeigen. Es wäre spannend, hier ein ähnliches Konzept zu erleben. (Anm. d. Red.: Anna, kommt im September nach Hamburg, das Reeperbahn-Festvial hat ein sehr ähnliches Konzept).

Wir haben viel darüber gelernt, wie sich die IT-Industrie in den USA entwickelt. Wo neue Technologiezentren entstehen und wie und woher sie unterstützt werden. Wir haben viele andere Gründer aus den verschiedensten Städten getroffen und hatten die Möglichkeit, uns über unsere Erfahrungen in der Start-up-Welt auszutauschen. Wir haben erkannt, dass Berlin ein wirklich konkurrenzfähiger Ort auf gleicher Augenhöhe mit den vielen anderen entstehenden IT-Zentren ist.

Seid Ihr mit konkreten Zielen zur SXSW gefahren und konntet Ihr sie erreichen? Habt Ihr zum Beispiel die Menschen treffen können, die Ihr treffen wolltet?

Tobias Balling, blinkist: Ja, wir haben dir Menschen getroffen, die wir treffen wollten. Zumindest die meisten. Z. B. Mike Butcher von Techcrunch.

Panos Meyer, flying: Wir hatten gehofft mit spannenden internationalen Investoren ins Gespräch zu kommen. Dies war aber ohne entsprechende Vorbereitung nicht ganz so einfach wie gedacht. Wir hatten gute Gespräche und wir müssen sehen wie sich die ersten Kontakte entwickeln.

Frederik Frede, FreundenVonFreunden: Unsere Ziele haben wir alle erreicht und auch alle Leute getroffen, die wir treffen wollten und mit denen wir verabredet waren. Über weitere Freunde haben sich dann noch mehr Verbindungen ergeben und auch in unserem speziellen Bereich des Publishing und Contents gab es viele tolle Sessions und Gesprächspartner.

Matthias Strobel, NagualSounds: Wir hatten sehr konkrete Termine im Vorfeld arrangiert und konnten diese auch alle realisieren. Das Praktische am SXSW ist, dass so ziemlich jeder, der in der Interactive- und Musikbranche zu tun hat, dort ist. Dadurch kann man in dieser einen Woche ziemliche viele Leute treffen, die sonst nur sehr umständlich für ein Treffen von Angesicht zu Angesicht zu organisieren wären.

Ali Jelveh, Protonet: Das war unsere erste SXSW, nach dem ersten Einblick ins Programm war klar, dass man die SXSW nicht wirklich vorbereiten kann. Wie entscheidet man sich zwischen dem Edward Snowden Livecast, einem MIT-Panel zur Zukunft von Tech (mit Tim Berners Lee) und Justin Bieber? Viel passiert da durch Zufall, Leute ansprechen, in Hotel-Lobbys sitzen. Durch die hohe Konzentration an interessanten Menschen passiert immer auch etwas Interessantes.

Thomas Grüderich, Testcloud: Ja, und noch viele mehr. Die SXSW-Partys sind ja legendär und dort trifft man immer wieder alte Bekannte aber auch neue Gesichter.

Jörg Land, Tinnitracks: Ziel war es, Tinnitracks zum ersten Mal international vorzustellen und einige Kontakte, die man im Vorfeld recherchiert hatte, zu treffen. Die Quote der wirklich stattgefunden Treffen war dann auch sehr hoch.

Anna Rose, Videopath: Ja, wir hatten eine ungefähre Vorstellung, wen wir treffen wollten, und es hat tatsächlich in den allermeisten Fällen geklappt. Wir wissen aber jetzt auch, dass wir uns das nächste Mal noch etwas besser vorbereiten müssen, um dem SXWS alles abgewinnen zu können.

PS: Ein ausführlicher Reisebericht findet sich hier:
SXSW 2014 – Reisebericht von Panos Meyer von flying.com

Im vierten und letzten Teil dieser Serie beleuchten wir solch eine Reise mal von der Seite der Organisatoren und Institutionen, die den Start-ups die Teilnahme an der SXSW überhaupt erst ermöglicht haben – aus und werden hören, was alles zu bedenken und zu tun ist und was in den nächsten Jahren vielleicht noch optimierbar wäre.

Bild: Vielen Dank für das Foto an Sanja Stankovic, Hamburg Startups