Von Elke Fleing
Montag, 24. März 2014

Roadmap für die USA-Reise eines Start-ups

Aus Anlass der South by South West (SXSW), der weltgrößten Konferenz für Musik, Film und interaktives Business in Austin, Texas hat deutsche-startups.de gute Tipps für und von Start-ups eingesammelt, die sich in den USA präsentieren und vernetzen wollen.

Vom 7. bis 16. März fand in den USA die alljährliche SXSW statt. Sie ließ ein ganzes Viertel von Austin für gut 10 Tage zu einem einzigen internationalen Festivalgelände mit höchstkarätiger Besetzung in den drei Themenbereichen Musik, Film und interaktives Business zusammenwachsen.

Im Interactive-Segment gab es auch für viele Start-ups die Möglichkeit, sich einem internationalen Publikum zu präsentieren, Investoren oder andere Multiplikatoren  kennenzulernen – oder einfach die inspirierende Luft dieses großartigen Events zu schnuppern.

Diverse Organisationen und Initiativen unterstützten Start-ups darin, einen Besuch der SXSW möglich zu machen. Dabei reichten die Förderungen von Reisekostenzuschüssen in unterschiedlicher Höhe, über Vorab-Pitch-Coaching bis hin zur persönlichen Begleitung nach Texas.

So bezuschusste das ProjektZukunft der Stadt Berlin 5 Start-ups mit Reisekosten von je 3.000 Euro: Blinkist, Testcloud, FreundevonFreunden, NagualSounds und videopath reisten als Teil der 50-köpfigen Berliner Delegation zur SXSW.

5 Kreativunternehmen und Start-ups aus Hamburg: Voice2choice, Record Content und Creation, Oliver Frank Artistmangement, AddAct und MetaFoto bekamen Reisekostenzuschüsse zwischen 1.000 und 2.000 Euro von der Hamburg Kreativ Gesellschaft.

flying, Protonet und Tinnitracks wurden nicht nur ebenfalls von der Hamburg Kreativgesellschaft unterstützt, sondern auch von Startups@Reeperbahn, Spiegel Online und EY. Mehr zum Hamburg Interactive Day auf der SXSW 2014 bei HamburgStartups.

Die intensive Vor-Ort-Erfahrung von Organisatoren, Unterstützern und Start-ups hat deutsche-startups.de ‘angezapft’, um Tipps zusammenzustellen, aus denen Start-ups lernen können, wenn sie sich in anderen Ländern, speziell den USA, vernetzen und präsentieren wollen. Den Fragen von deutsche-startups.de Rede und Antwort standen:

Aus den vielen Tipps all der Befragten lässt sich – vom Tenor her ziemlich unsiono – diese Vorgehensweise als empfehlenswert destillieren:

Trotz allem Kribbeln vorab gut überlegen: Muss es wirklich die SXSW sein – und wenn, dann gerade jetzt? Klar, wenn man als Start-up die Reise dorthin gewinnt, muss es die SXSW sein. Unbedingt. Und ja, diese Konferenz ist ein Riesending, das auch ohne geschäftliche Interessen schon die Reise wert wäre.

Wenn man aber überlegt, die Reise dorthin selbst zu finanzieren, sollte man sich wirklich fragen: Lohnt sich das für uns, ist unser Produkt reif – oder überhaupt geeignet – für den amerikanischen Markt? Und wenn nicht: Was genau kann es uns bringen, mehrere Tausend Euro für ein paar Tage auszugeben und zig Tausend Kilometer dafür unterwegs zu sein? Macht es vielleicht mehr Sinn, zumindest zunächst andere hochkarätige europäische Events zu besuchen?

Die Reise als langfristige Investition zu betrachten, ist die richtige Grundeinstellung. Wer sie antritt, um auf Anhieb direkte Erfolge zu erzielen, zum Beispiel Investoren zu fischen, wird wahrscheinlich enttäuscht werden.

Einen fantastischen Blick über den Gartenzaun bietet ein Event wie die SXSW  ebenfalls. In Gesprächen und durch Beobachtungen kann man viel darüber lernen, wie die IT-Branche und die Start-up-Szene in den USA ticken und sich entwickeln. Und man bekommt mit, wie das eigene Land, die eigene Stadt dort wahrgenommen wird.

So früh wie möglich mit dem Networking beginnen: Nach der SXSW ist vor der SXSW. Wer also im nächsten Jahr hin will, sollte schon jetzt beginnen, seine Fühler Richtung USA auszustrecken. Man erreicht vor Ort natürlich viel mehr, wenn man dort nicht aus dem Nichts auftaucht und in Sachen Networking bei Null anfangen muss. Also empfiehlt es sich,  frühzeitig Kontakte in die USA, die Start-up- und Medien-Szene aufbauen: Kräftig netzwerken, erste Kontakte kennenlernen, sich von diesen weitervernetzen lassen und all diese Kontakte gut pflegen. Jörg Land sagt zu diesem Thema: “Eine Vorstellung durch eine dritte Person ist wirklich wichtig, wenn man die Presse oder einen VC vor Ort treffen will. Durch das Überangebot an Themen wird man sonst nur schwer durchkommen.” Und auch Anna Rose meint: “Holt euch vorab direkte Intros zu den Personen, die ihr treffen wollt. Cold calls führen oft zu nichts.”

Hier zeigt sich einmal mehr, wie wichtig es ist, auch zu Hause gut vernetzt zu sein. Denn oft sind es natürlich zunächst einmal gute Kontakte im Heimatland, die Türen zu ausländischen Ansprechpartnern öffnen. Also, nicht immer nur hinter den eigenen Quellcodes verkriechen, sondern: Netzwerken, netzwerken, netzwerken!

Besuch der SXSW mit einem längeren Aufenthalt in den USA kombinieren: Es lohnt sich aus vielen Gründen, für eine längere Zeit in die USA zu fliegen als nur für die paar Tage der SXSW: Die Reisekosten amortisieren sich besser, wenn man zusätzliche Vorhaben angeht.

Fliegt man schon eine gute Weile vorher zum Beispiel nach Kalifornien, kann man dort schon wertvolle Kontakte knüpfen, den Jetlag ausschlafen, sich an den alltäglichen Gebrauch der englischen Sprache gewöhnen und sich insgesamt auf die kulturellen Unterschiede eingrooven. So kommt man gut akklimatisiert und hoffentlich schon mit einigen Netzwerk-Inseln zur SXSW.

Verlängert man den USA-Aufenthalt nach der SXSW, kann man die dort kennengelernten Kontakte gut vor Ort vertiefen, ist vor Ort bereit für eventuell vertiefende Gespräche.

Kenner der Szene in den USA sagen: Mindestens 3, besser 6 Wochen sollte man für eine USA-Reise mindestens einplanen. Vor allem auch, damit man sich mit Muße – wie es in den USA üblich ist – von einem Netzwerkkontakt zum nächsten ‘weiterreichen’ lassen kann.

Sehr frühes Buchen spart Kosten: Sowie klar ist, dass eine USA-Reise ansteht, kann man die schon frühzeitig Flüge und Unterkünfte suchen und reservieren. Dadurch kann man die Reisekosten erheblich niedriger halten, als wenn man auf den letzten Drücker bucht.

Wer aus dem Unternehmen fliegt mit? Der Gründer bzw. die Gründerin des Start-ups sollte auf jeden Fall dabei sein – er bzw. sie ist Personifizierung der Unternehmens-Vision. Aber der ‘Dampfplauderer’ des Start-ups muss ebenfalls unbedingt mit, auch wenn die kommunikativste Person des Unternehmens nicht gleichzeitig auch sein Gründer ist. Denn bei einem Event wie der SXSW erreicht man am meisten, wenn man munter und unbefangen jeden ansprechen, mit jedem locker plaudern kann, der einem über den Weg läuft.

Keine Sorge, wenn das Englisch nicht perfekt ist – das ist das der meisten anderen Nicht-Amerikaner auf internationalen Events auch nicht. Und die Amerikaner selbst sind tolerant, was sprachliche Schwächen angeht. Also Mut zum Plaudern, auch wenn man sprachlich nicht ganz sicher ist. Zur Not gibt’s ja noch Hände und Füße zur Verständigung.

Nichtsdestotrotz sollte man natürlich die wichtigsten Begriffe, die für das eigene Start-up wichtig zu erzählen sind, auf Englisch parat haben. Aber die kann man sich ja auf jeden Fall noch vorab aneignen.

Sich so gut wie möglich vorbereiten: Die SXSW ist wirklich ein enorm großer Event – man sollte sich also vorher im Netz gründlich mit der Schedule und den räumlichen Gegebenheiten vertraut machen, damit man vor Ort nur ein bisschen und nicht völlig überfordert ist.

Außerdem sollte man sich gut überlegen, wen man unbedingt treffen, welches Panel man unbedingt hören und auf welcher Party man auf jeden Fall abrocken will. Und die dazu nötigen Vorbereitungen treffen, also die Meetings vereinbaren und koordinieren, eventuelle Zusatzbadges kaufen und checken, wann man was fest buchen muss.

Aber man sollte sich seinen Stundenplan nicht zu eng takten, denn wie Tobias Balling sagt: “Man muss versuchen, vorher viel zu organisieren. Am Ende des Tages muss man jedoch Glück haben, die richtigen Leute zu treffen.”

PS: Extrem nützlich zur Vorbereitung auf die SXSW auch der Artikel Ich packe meinen Koffer: Tipps für die #SXSW

 

Aber dazu, wie man am besten auf der SXSW selbst klarkommt und am meisten für sein Start-up beim Networken und beim Pitchen erreicht, ausführlicher in der nächsten Folge dieser Serie.

Bild: Vielen Dank für das Foto an Sanja Stankovic, Hamburg Startups